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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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fragte Erin.
    »Noch nicht. Wo ist Bullseye?«
    »Als ich ihn zuletzt gesehen habe, saß er in der Hotellobby und telefonierte mit Samantha. Geredet hat allerdings nur sie.«
    Ich stieg in mein Taxi.
    »Ich komme mit«, sagte Erin mit neu erwachter Energie.

    Ich überredete sie, am Kai auf mich zu warten. Den nächsten Teil musste ich allein erledigen. Dann jetteten wir hinaus zur Monkey. Ich kletterte an Bord und fand Annie im Wohnbereich. Sie schien nicht überrascht, mich zu sehen. Obwohl ich mir wieder und wieder überlegt hatte, was ich zu ihr sagen wollte, fehlten mir die Worte, als ich vor ihr stand. Wie hatte es so weit kommen können? Schließlich brach sie das Schweigen.

    »Turtle, du musst das verstehen. Ich habe dich geliebt. Ich liebe dich immer noch. Du bist der einzige Mensch, der mich für das geliebt hat, was ich hätte sein können.«
    Die alte Annie.
    »Hör auf, Annie. Es ist Zeit für die Wahrheit. Bitte erklär es mir.«
    »Wer weiß, dass du hier bist?«
    »Niemand.«
    Eine Lüge. Erin wusste Bescheid, und Mike hatte mir ein zweites GPS-Gerät für mein Auto gegeben – für den Fall, dass er mich verlor. Ein paar hundert Dollar und gute Technikkenntnisse reichen, um die CIA wie einen Haufen Amateure aussehen zu lassen.
    Ich hatte mir unterwegs die Fakten zusammengereimt. Vielleicht ließ die Wirkung des Computers allmählich nach, und ich sah deswegen klarer. Irgendwie hatte Simon Anderson wohl erfahren, dass Annie noch am Leben war. Annie musste diese Tara sein, die Andy Goldstein im Zusammenhang mit Simon erwähnt hatte. Offenbar versuchte Anderson erneut, die Familie zu erpressen. Deswegen musste er eliminiert werden, zusammen mit den anderen unfreiwilligen Versuchskaninchen.
    Dann mussten alle Hinweise auf die Tierversuche vernichtet werden. Annie und Elliott waren Komplizen gewesen. Sie hatten Glenn Kindles Beziehungen genutzt, waren aber weiter gegangen, als er sich hätte träumen lassen. Vermutlich hatten sie die ganze Zeit über vorgehabt, ihn zu ruinieren. Während der Besprechung im Hotel hatte sie Elliott per Textnachricht herbeibeordert. Mit leiser Stimme erzählte ich Annie
meine Theorie. Sie schüttelte den Kopf, protestierte aber kaum.
    »Mein Vater und Elliott stecken hinter der Sache«, behauptete sie nicht sehr überzeugend. Das Thema langweilte sie.
    Sie kam zu mir, legte ihre Arme um meine Taille und sah mir in die Augen. »Dem habe ich es ordentlich gegeben, was?«
    Ich schob sie weg.
    »Du bist enttäuscht von mir«, sagte sie mit leiser, trauriger Stimme.
    Annie, die Erobererin, die lächelnde Vollstreckerin, hatte so gar nichts mit der Annie gemeinsam, die ich gekannt hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie an einer Multiplen Persönlichkeitsstörung litt. Das wäre zu einfach gewesen. Sie nahm die verschiedensten Gestalten und Formen an, schillerte mal hell, mal dunkel. Doch es gab eine verbindende Kraft: ihren Egoismus. Für Annie standen ihre eigenen Wünsche an oberster Stelle und mussten unverzüglich erfüllt werden. Ihre Leidenschaft war immer völlig aufrichtig. Was wollte sie jetzt? Sollte ich ihr bei der Flucht helfen? Ich sagte gar nichts. Schweigen senkte sich über uns. Plötzlich wirkte sie alt, so alt, dass ich mich an meine Großmutter nach dem Tod meines Großvaters erinnert fühlte.
    »Nein, du kannst mich nicht lieben. Du kannst mich so nicht lieben«, sagte sie. Selbstmitleid, in das sich eine Spur Gereiztheit mischte. »Damals fandest du mich hübsch. Und der Sex hat dir auch gefallen. Der Sex war doch toll, oder? Ich war witzig und clever. Ist das gar nichts wert?«
    Erstaunlicherweise suchte sie nach Bestätigung. Es
war der Ton, den sie anschlug, wenn sie die Eifersucht packte.
    »Doch, Annie. Meine Gefühle für dich waren stärker als alles, was ich bis dahin gekannt hatte. Daran hat sich nichts geändert«, sagte ich. »Was auch immer geschieht, was auch immer geschehen ist, es war die große Liebe.«
    »Meinst du das ernst?«
    Ich hatte es mit einer Mörderin zu tun, das durfte ich nicht vergessen. Aber wir hatten einander geliebt. Menschen beten um eine solche Liebe, sie sterben dafür. Für jemanden, der sie die ganze Bandbreite dieser göttlichen Empfindung erfahren lässt, mit all ihren Höhen und Tiefen. Für das Gefühl, gebraucht und verstanden zu werden. Es ist besser als jede Droge, weil man es mit einem anderen Menschen teilt.
    »Ja. Dafür hast du ja gesorgt«, stellte ich fest.
    Als ich mich gegen die Reling lehnte,

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