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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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Häuser von dem Tanzzentrum entfernt entdeckte ich ein mexikanisches Lebensmittelgeschäft. Auf einem Stand vor dem Laden warteten Jalapeños, Kochbananen und Tomatillos auf die lateinamerikanische Kundschaft, die das Viertel bevölkerte, aber drinnen roch es schwach nach gegrillter Ente. Viele der Tante-Emma-Läden waren in der letzten Zeit von Chinesen übernommen worden. Zu dieser Bevölkerungsgruppe gehörte auch der junge Mann, der hinter der Theke saß und Glücksrad sah.
    »Ich habe eine ungewöhnliche Frage.«

    »Die Kondome sind da hinten«, sagte er, wobei er auf den dritten Gang deutete.
    »Gut. Und die Gummipuppen?« Ich holte einen Zeitungsausschnitt mit Erin Coultrans Bild heraus. »Ich suche jemanden.«
    »Sind Sie Bulle?«
    »Reporter. Sie war gestern in einem Lokal, das in die Luft geflogen ist, und ich will sie fragen, wie es ihr geht.«
    Das schien ihm zu reichen. Er nahm das Foto und pfiff anerkennend. »Beine bis hier.« Seine Hand zeigte eine Stelle etwa einen Meter über dem Boden.
    »Also haben Sie die Frau schon einmal gesehen. War sie heute hier?«
    Nein, aber er wusste, wer sie war. Sie kam häufig mit einer Gruppe Kinder von der Kindertagesstätte um die Ecke, wenn sich die Kleinen etwas zu essen kaufen wollten. Er zeigte mir die Richtung.

    Einen Block weiter blieb ich vor einem Schaufenster stehen, das mit chaotischen bunten Wachsmalzeichnungen verziert war. »Guerrero Kinderbetreuung und Vorschulerziehung« stand auf dem Schild darüber.
    Drinnen wimmelte es nur so von Kleinkindern. Ich entdeckte Erin Coultran hinten im Raum mit einer Tasse Kaffee in der Hand. Als ich bis auf etwa drei Meter an sie heran war, blieb ich stehen. Genau in diesem Augenblick sah sie auf.
    Ihre Augen weiteten sich. Ich bemerkte, dass sie nach links schaute. Ich folgte ihrem Blick – zur Hintertür. Darüber hing ein Spruchband, auf das jemand mit dicken Stiften in Lila, Grün und Gelb die Worte »Adios,
Amigos« geschrieben hatte. Als ich mich wieder umdrehte, war sie schon auf dem Weg zum Ausgang. In der linken Hand hielt sie einen Schlüsselbund.
    »Miss Coultran!«
    Sie drehte sich nicht einmal um.

8
    Ich sah von Erin Coultran nur einen durch eine Baseballkappe gezogenen Pferdeschwanz, der entschlossen von mir wegstrebte. Für einen Augenblick dachte ich an meine gezerrte Sehne, aber dann nahm ich die Verfolgung auf. Sie stand in einer Seitenstraße vor einem betagten grünen Honda mit Skiträger und war gerade dabei, die Tür aufzuschließen.
    Ich trat vor, streckte die Hand aus und hielt die Fahrertür zu. Normalerweise tat ich so etwas nicht, aber mir blieb keine Wahl.
    »Lassen Sie mich bloß in Ruhe!« In ihrer Stimme lagen Angst und Wut, aber auch ein Hauch von Resignation. Darauf setzte ich.
    »Ich war im Café und brauche Ihre Hilfe. Bitte!«
    Sie trug ein Sweatshirt mit dem Logo von Tsingtao-Bier und war groß und dünn. Ihre Haut war hell und glatt. Das runde Gesicht wirkte unter anderen Umständen vielleicht fröhlich, aber im Augenblick kam es mir aufgedunsen vor.
    Als sie wieder sprach, klang ihre Stimme nicht mehr ganz so verängstigt und aufgebracht. »Lassen Sie freiwillig los, oder muss ich um Hilfe schreien?« Offenbar hatte sie neuen Mut gefasst.

    Ich nahm die Hand von der Tür.
    »Ich weiß nicht, für wen Sie mich halten«, sagte ich. »Aber ich brauche wirklich nur Ihre Hilfe. Ich will Ihnen nichts tun.«
    Noch während ich sprach, fragte ich mich, ob ich das wirklich meinte. Immerhin hatte sie eindeutig einen Fluchtversuch unternommen.
    »Sie haben die Falsche.«
    Ich schüttelte den Kopf. Die Falsche? War sie etwa nicht Erin Coultran, die Kellnerin aus dem Café? Dann wurde mir klar, dass sie etwas anderes meinen musste. Aber was? Ich hatte keine Ahnung. Wahrscheinlich brauchte ich einen Gerichtsbeschluss, wenn ich ihr Fragen stellen wollte. Zu meiner Überraschung zog sie die Tür jedoch nicht zu. Stattdessen legte sie die Hand locker auf deren Oberkante, sodass ihre Finger auf der Fensterscheibe ruhten. Zum ersten Mal sah sie mich genauer an.
    »Überall wimmelt es von Reportern«, sagte sie. »Ich wollte irgendwo in Ruhe nachdenken, damit ich wieder einen klaren Kopf bekomme.«
    Litt sie vielleicht an einer milden Form von posttraumatischem Stress-Syndrom? Sie schien mir in hohem Maße angespannt und überreizt. Ihre Reaktionen wirkten überzogen.
    »Ich brauche nur fünf Minuten.« Ich versuchte, so beruhigend wie möglich zu klingen. »Ihr Foto war in der Zeitung, und ich

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