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Süden und der glückliche Winkel

Süden und der glückliche Winkel

Titel: Süden und der glückliche Winkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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existierte unsere Zukunft nicht mehr, und wir waren selbst daran schuld, wir hätten uns früher für immer entscheiden müssen.
    In den Nächten, die Martin Heuer in meiner Wohnung verbrachte, sprachen wir nur von jener Zeit und den wahren Männern, die wir damals waren, fünf große, atemvolle Nächte lang.

7
    A m späten Nachmittag dieses Samstags, nach meiner Rückkehr von Martin Heuer ins Dezernat , beschäftigte ich mich mit den Hinweisen aus der Bevölkerung.
    Freya Epp hatte die Anrufe mitgeschrieben und abgetippt und sie der Akte mit der vorläufigen Vermisstenanzeige beigeheftet. Die Hinweise bezogen sich ohne Ausnahme auf Beobachtungen innerhalb der Stadt, was bedeutete, dass wir mögliche weitere Fahndungsmaßnahmen vorerst auf diesen Bereich beschränken und sie nicht auf andere Bundesländer oder das Ausland ausweiten würden.
    Bisher bearbeiteten nur wir von der Vermisstenstelle des Dezernats 11 die Akte Korbinian und noch nicht das für sämtliche Vermissungen in Bayern zuständige Landeskriminalamt. Sollten sich bis zum nächsten Morgen keine Anhaltspunkte auf den Aufenthaltsort des Gesuchten ergeben, würde ich eine offizielle Meldung ans LKA schicken. Die darin enthaltenen detaillierten Angaben über die Person, spezielle körperliche Merkmale und Verhaltensweisen würde dann mein Kollege Wieland Korn ins INPOL-System eingeben. Dieser innerpolizeiliche Rechner vernetzte die Informationen automatisch mit denen in der VERMI/UTOT-Datei des Bundeskriminalamtes, um Übereinstimmungen mit bereits erfassten Daten von unbekannten Toten – oder Leichenteilen – und bisher unidentifizierten hilflosen Personen abzugleichen. Früher mussten wir, wenn wir nach zwei Monaten die Vermissung nicht geklärt hatten, eine erweiterte Meldung ans LKA schicken, woraufhin Kollege Korn die rote Kopie ans BKA weitersandte und die gelbe zu den eigenen Akten legte, während die weiße Ausführung in unserer Dienststelle verblieb. Seit der Einführung der VERMI/UTOT-Datei und der Regelung, einigen Bundesländern – Bayern zählte nicht dazu – einen direkten Zugang zum BKA-Rechner zu ermöglichen, war der ewige Papierfluss zwischen unseren Behörden etwas abgeschwollen, allerdings nur unwesentlich.
    Trotz elektronischer Kommunikation und computergesteuerten Fahndungsmethoden verbrachten wir unseren Alltag in einer Welt voller Schreibmaschinen, DIN-A4- Blätter, Durchschläge, Faxe und sogar Fernschreiben, und manche Kollegen, auch die jüngeren unter ihnen, waren gezwungen, ihre Protokolle und Anzeigen auf mechanischen Maschinen zu tippen, weil nicht genügend elektrische oder gar Computer, geschweige denn Laptops zur Verfügung standen. Bisweilen hegten wir den Verdacht, das Innenministerium konzentriere seine Sparmaßnahmen etwas zu einseitig auf unsere alte, schlecht isolierte, teilweise baufällige und räumlich arg beengte Dienststelle, die nicht einmal ein gesondertes Vernehmungszimmer vorzuweisen hatte.
    Zumindest an den Wochenenden herrschte kein Geklapper in meinem Büro und meiner unmittelbaren Umgebung, vorausgesetzt natürlich, wir waren nicht mit einer Kindsvermissung beschäftigt.
    »Ist was für dich dabei?«, fragte Freya Epp.
    Sie hatte siebzehn Blätter angefertigt, für jeden Anrufer eines, manche von ihnen hatten jedoch nichts weiter mitzuteilen, als dass sie den Mann in der Zeitung kannten, sie waren regelmäßig Kunden auf dem Postamt, in dem er arbeitete, oder in Geschäften aus der Umgebung angestellt, und er war Kunde bei ihnen. Ein Mann behauptete, er habe Korbinian am Vortag in der Heiliggeistkirche gesehen, wo dieser lange Zeit die Engelsfiguren neben dem Altar betrachtet habe, und zwar so lange und so unbeweglich, dass andere Besucher schon auf ihn aufmerksam geworden seien und Bemerkungen gemacht hätten. Nachdem der Zeuge nach eigener Aussage den Marienaltar im Seitenschiff bewundert habe, sei er noch einmal neugierig zum Hochaltar gegangen, doch der Engelmann, wie er ihn nannte, sei nicht mehr dort gestanden und auch nicht mehr, soweit er dies übersehen konnte, in der Kirche gewesen. Zwar könne der Zeuge sich nicht erinnern, ob der Mann einen Strohhut bei sich gehabt habe, getragen habe er ihn auf keinen Fall, doch das hellblaue Hemd sehe er noch genau vor sich, die Farbe habe irgendwie dem Blau auf einigen Heiligenbildern in der Kirche geähnelt.
    »Das würd heißen, er ist tatsächlich bloß abgetaucht«, sagte Freya, deren Augen hinter den dicken Gläsern ihrer grünen Brille

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