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Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption

Titel: Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Kritzeleien, die vermutlich aus der Zeit des Unabhängigkeitskriegs stammten – englische Soldaten, die wussten, dass sie nie wieder das Tageslicht sehen würden, und Abschiedsbotschaften in den Stein geritzt hatten: an eine Braut in Wessex, eine Mutter in Southampton, eine Cousine in Somerset. Andere waren leichter zu entziffern: Im Lichtstrahl der Lampe entdeckte Peter Botschaften, die offenbar aus der Zeit des Bürgerkriegs stammten. Yankee-Soldaten hatten Inschriften hinterlassen wie:
    Sergeant Wallace aus Horton, New Jersey, gefangengenommen in Kernstown.
    Corporal Camden, 24, 1st US Cavalry. Gefangen in der Schlacht am Bull Run.
    Easton Maughan, 54th US Infantry, aus Massachusetts, Neger und Nordstaatler.
    Lawry H., 1st U. S. Artillery, Ohio. Ich werde hier Hungers sterben. Nieder mit Lee und dem Gewürm Lincoln.
    An anderen Stellen entdeckte er Liebes- und Sehnsuchtsbekundungen. Auch Gedichtzeilen, die unsichere Hände im Dunkeln in den Fels geritzt hatten. Hier und dort überlagerten sich die Inschriften. Und auch Nachrichten deutlich jüngeren Datums erfasste der Lichtstrahl: »Rick Cummings ist hier gestorben« und: »Alysson H., 17 Tage ohne Essen.« Und dies: »Jennyfer Woomack, ich sterbe heute noch. Mama, ich hab dich lieb.« Auch das Mädchen, das als Letzte hier verhungert war, hatte sich verewigt: »Ich habe mich geweigert, mit Rev. Esterman zu schlafen. 13 Tage Karzer. Vergesst mich nicht. Melissa.«
    Während Peter im schwächer werdenden Licht seiner Lampe die bedrückenden Inschriften studierte, hörte er auf einmal Stimmen. Erst war es nur ein Gemurmel, so leise, dass er es für einen Luftzug hielt, der durch die unterirdischen Gänge wehte, aber bald war ihm klar, dass die Töne menschlichen Ursprungs waren. Und sie wurden rasch lauter – erst waren es nur wenige Stimmen, dann immer mehr, und es erhob sich ein vielstimmiger Chor, der klagte und um Hilfe rief und fragte, ob hier ein Mensch sei, der Rettung versprach, der sie freilassen werde. Und alle, alle wiederholten, dass sie am Verhungern und Verdursten seien.
    Als Peter seinen Lichtstrahl umherwandern ließ, erkannte er das hohläugige Gesicht des rothaarigen Hurley. In der nächsten Zelle saß Sandra Meyer, das Mädchen mit dem gegarten Ferkel. So weit der Strahl seiner Lampe reichte, sah er aneinandergereihte Zellen, herausgestreckte Arme und bleiche Gesichter hinter Gitterstäben, flehende Lippen.
    Heiser sagte er: »Ich kann euch nicht sagen, wer ich bin, aber die meisten von euch werden mich kennen. Bitte haltet durch – ich schwöre euch, dass ich sehr bald wiederkomme und euch befreie.«
    »Mit wem redest du, Peter?«, fragte Ackermann.
    »Hier sind noch viel mehr Zellen und Gefangene«, flüsterte Peter. »Sie sind am Verhungern. Es muss sofort was geschehen – Sie müssen was unternehmen!«
    »Wir haben bereits Verstärkung angefordert. Sobald ich genügend Leute hier habe, werden wir aktiv.«
    »Sie sind ein verdammter Zyniker, Sam, ist Ihnen das klar?«
    »Bei diesen Irren können wir es uns nicht leisten, irgendein Risiko einzugehen! Wir haben das gesamte County gegen uns!«
    Das Mädchen mit dem Ferkel, das Peters Flüstern mitbekommen hatte, schrie jetzt: »Brandon, bist du’s? Bestimmt bist du’s! Lass mich raus, und ich blas dir einen! Ich tu’s bis ans Ende meiner Tage, ich tue alles, was du willst, aber lass mich raus, bitte ! Hörst du mich, Brandon?«
    Woraufhin Hurley zu schreien anfing: »Halt’s Maul, Schweinemörderin! Bist du es, Luke? Hör zu, ich trinke jetzt mein Blut, Luke! Ich trinke meine Pisse und mein Blut, um nicht abzukratzen!«
    Wieder erhob sich ein Geschrei aus vielen Kehlen: Viele von ihnen seien schon längst krepiert, und der Rest werde auch nicht mehr lang durchhalten. Und ab und zu komme ein Vogt herunter und hole sich einen von ihnen aus der Zelle, und dann höre man ihn um sein Leben schreien, bis er still sei.
    Und als die Stimmen erschöpft schwiegen, meldete sich eine, die älter klang als alle. »Ich heiße Jessica Brenner«, sagte sie. »Angeblich bin ich zweiunddreißig. Als ich nach Redemption kam, war ich sechzehn. Als sie mich hier unten eingesperrt haben, war ich achtzehn. Zur Strafe dafür, dass ich zu fliehen versuchte. Jetzt holen sie mich regelmäßig zu sich herauf und vergewaltigen mich und flößen mir mit Gewalt Essen ein, damit ich nicht krepiere. Wer immer du bist – sieh zu, dass du fortkommst, wenn du’s noch kannst.«
    Peter stopfte sich die Ohren zu und

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