Sühnetag - Patterson, J: Sühnetag - Worst Case
sich Anregung.
Auf dem Weg zu dieser Menschenansammlung zog ich ein Bild von Chelsea heraus und hielt es hoch. » Dieses Mädchen wurde hinten in der Gasse tot aufgefunden. Hat heute Morgen jemand dieses Mädchen gesehen?«
» Ach, eine Weiße. Deswegen der ganze Wirbel. Völlig klar«, sagte eine pummelige junge Frau und lachte, während sie sich Essen in den Mund schob.
» Meine Güte«, meldete sich ein großer Mann mit geflochtenen Haaren zu Wort. » Warum veranstaltet ihr Polizisten in dieser Moschee ein solches Chaos? Das sind gottesfürchtige Menschen. Das ist Schikane. Religiöse Diskriminierung und Rassismus. Wir wissen hier nichts von einem weißen Mädchen!«
So, wie der Mann stand, halb abgewendet und unbewusst seine rechte Seite schützend, hätte ich mein Gehalt darauf verwettet, dass er unter seiner XXL-Giants-Jacke bewaffnet war. Ich hätte ihn am liebsten gleich hier und jetzt verhaftet. Auf diesen Schlaumeier meine Wut abgeladen, die mich immer noch in ihren Krallen hielt. Fast war es mir egal, dass ich den Rest der Menge aufwiegeln würde.
Ich stieß die Luft aus und ließ die Sache auf sich beruhen, als zwei Polizeiwagen aus dem 25 . Revier um die Ecke bogen.
Auf dem Weg zurück zum Tatort hörte ich, wie ein Fenster kräftig zugeschlagen wurde. Hinter der verstaubten Scheibe im ersten Stock eines der Wohnhäuser blickte eine schwarze Frau mittleren Alters auf mich herab. Sie riss die Augen weit auf, als wüsste sie etwas, und nickte, bevor sie in den Schutz ihrer Wohnung verschwand.
Sie wollte reden, aber nicht vor ihren Nachbarn. Bitte, lass dies eine Spur sein, betete ich auf dem Weg zurück zu Emily.
Ich ließ die Gasse von ein paar uniformierten Beamten absperren und ging mit Emily über die Straße. An der inneren Tür des Wohnhauses ertönte der Summer, als wir das Foyer betraten. Am Ende des engen Treppenhauses wurde eine Tür einen Spaltbreit geöffnet. Die Frau, die ich am Fenster gesehen hatte, legte einen Finger auf ihre Lippen und winkte uns leise hinein.
Die Wohnung war tadellos. Die geschmackvoll angeordneten Möbel standen auf poliertem Holzparkett, die Edelstahlküche zierte in der Mitte eine Kochinsel aus Granit. Durch eine offene Badezimmertür erblickte ich an der Duschvorhangstange die geblümte Bluse einer Krankenschwester.
Die Frau stellte sich als Mrs. Price vor. Ich zeigte ihr Chelseas Bild, als wir das Wohnzimmer betraten.
» Die Leiche dieses Mädchens wurde auf der anderen Straßenseite gefunden«, erklärte ich mit leiser Stimme.
Die Frau gab ein lautes » Tss« von sich.
» Wieder ein totes Kind«, sagte sie mit singendem karibischem Akzent. » Diese Welt ist verdammt wahnsinnig geworden, aber ich erinnere mich nicht, dass es mal anders war.«
» Wissen Sie etwas, das Sie uns mitteilen können, Mrs. Price?«, fragte Emily. » Der Mord geschah möglicherweise gleich nachdem die Lautsprecher für den Gebetsruf ausgeschaltet wurden.«
» Oh, ich kenne diese verdammten Lautsprecher«, fuhr sie auf. » Die Dinger sollten verboten werden. Religion oder nicht, das ist Lärmbelästigung. Ich habe schon hundertmal die Beschwerde-Hotline angerufen, aber glauben Sie, da passiert was? I wo.«
» Haben Sie etwas gesehen?«, drängte Emily.
» Nein«, antwortete sie. » Aber reden Sie mit diesem Big Ice. Er hat als Drogenhändler das Viertel unter seiner Fuchtel.«
» Der laute Kerl mit den Zöpfen?«, fragte ich nach.
Sie nickte mit geschürzten Lippen.
» Er ist ein großer Teufel, würde ich sagen. Macht den anständigen Leuten mit Arbeit, die versuchen, eine Familie zu ernähren, die Gegend hier regelrecht zur Hölle. Die Leute von Big Ice stehen vom frühen Morgen bis zum nächsten Morgen an dieser Ecke. Wenn innerhalb dieses Blocks was passiert, haben die das gesehen, klar. Er hält sich für so schlau, weil er seine Geschäfte von dem Kleiderladen um die Ecke lenkt, während seine Boten und andere Leute seine Befehle ausführen.«
» Wie heißt der Laden?«, wollte ich wissen.
» Ener-G Boutique. Verkauft diese ganzen Hiphop-Quatsch-Klamotten. Ist gleich an der Ecke.«
» Das war sehr freundlich von Ihnen, Ma’am.« Ich steckte das Foto wieder ein. » Sich laut zu äußern ist sehr mutig.«
» Sagen Sie der Mutter von diesem schönen, jungen Mädchen, dass es mir um ihren Verlust leidtut«, sagte die Frau, als wir zur Tür gingen. » Ich habe in diesem Viertel drei Söhne großgezogen und bin auf dem Zahnfleisch gekrochen. Wenn man sie mir einfach so
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