Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sünden der Faulheit, Die

Sünden der Faulheit, Die

Titel: Sünden der Faulheit, Die Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Peltzer
Vom Netzwerk:
er nicht von jemandem gehalten werden.
    »We need money«, sagte Umberto müde.
    »You look bad«, sagte Lacan.
    »I’ve not eaten since two days and I have fever.«
    »You should go to bed.«
    May, die wieder ihren Arm um Umberto gelegt hatte, fragte:
    »Can you lend us some money?«
    »Of course!« Lacan holte den zweiten Fünfziger aus der Tasche.
    »We ought to leave this city but we don’t have any money, not even for bread.«
    »This is all I have right now«, sagte Lacan hilflos.
    »It’s okay«, entgegnete Umberto. »You are a friend.«
    »What are you going to do now?«
    »We don’t know«, sagte May. Sie wußten einfach nicht weiter. Umberto umarmte Lacan und drückte ihn fest an sich. Er drehte sich grußlos um, May folgte ihm, dann waren sie in der Menge verschwunden.
    Lacan war froh, den beiden das Geld gegeben zu haben. Umberto gehörte nach Bari und May nach Arkansas, was hatten sie in Berlin verloren? Aber niemand konnte mehr dort leben, wo er geboren war, und diese halbe Stadt war ein sonderbarer Magnet, der auf Verzweiflung und verratene Träume gepolt war.
     
    Lacan fischte die restlichen Geldstücke aus der Hose und wollte sie ins Fenster der Zeitungsbude legen, als ihn die Schlagzeile der › BZ ‹ mit aller Wucht traf. Augenblicklich schraubte sich der Schwindel wieder in seinen Kopf. Auf einer Papptafel klebte die Titelseite des Boulevardblattes: »Rififi im Tiergarten« fettgedruckt, und darunter: »Einbruch in der Akademie«. Links war ein kleines Foto, auf dem der Assistent von Dr. Kleinschmid eine Reproduktion des Oelze in die Kamera hielt: »Dieses Bild fehlt«. Bei schwerem Seegang nahm Lacan ein Exemplar vom Stapel. Hinter der reißerischen Titelseite verbarg sich ein magerer Bericht im Blattinneren, der das längst Bekannte schilderte. Nichts stand da über die Täter oder ob es Spuren gebe, doch für Lacan war die Meldung der Beweis, daß die halbe Berliner Polizei auf seinen Fersen saß, aber da überschätzte er die Berliner Polizei. Der Artikel schloß mit dem Satz: Von Fachleuten wird der Wert der ›Gehörnten‹ auf 150000 Mark geschätzt.
    Lacan machte Kaffee und lief unruhig in der Küche auf und ab. »Rififi im Tiergarten«. Die sind doch durch die Decke gekommen, dachte Lacan, aber das änderte auch nichts. Er holte das Bild aus dem Zanussi und lehnte es auf dem Tisch an die Wand. Wenn man es geschickt genug anstellt, ließe sich der viertel Quadratmeter Leinwand in eine ordentliche Summe Geld verwandeln.
    »Reicht es nicht, daß Hartmann tot ist?« beschwor sich Lacan. »Willst du jetzt auch noch die Versicherung erpressen? Oder diesen Steenbergen?«
    Warum eigentlich nicht? Die Vorstellung, keine Schulden mehr zu haben, wuchs sich in Sekundenschnelle zu einigen Monaten paradiesischen Müßiggangs im Süden aus. Bild gegen Geld – eine einfache Operation. Irgendwann würde man Hartmann finden, sicher, na wenn schon. Wenn man ihn in seiner Büchse findet, willst du nicht dabeisein, dachte Lacan, und dann stand sein Entschluß fest.
     
    Es war nicht sehr weit zur Domino-Bar, wo sein Auto noch stand. Der blaue Himmel und die kalte Luft erheiterten Lacan, und er freute sich, welch griesgrämige Gesichter die Leute zogen. Es gab doch nur das Leben.
     
    Leschek haßte seinen Vornamen. Er hieß Günter, aber selbst seine Frau nannte ihn nur Leschek. Wenn er sich vorstellen mußte, verschluckte er die ersten Silben seines Namens in einem unverständlichen Genuschel. Leschek las gerade in einem Brief, der mit »Lieber Günter« begann, als es klopfte und Irene Rabbia eintrat.
    »Magst du Kaffee?«
    Leschek nickte und winkte sie zu sich. Irene stellte eine häßliche Steinguttasse vor ihm ab und setzte sich auf die Tischkante.
    »Wo ist Lacan?« fragte Leschek.
    Irene lächelte spöttisch.
    »Vor zehn Minuten hat er sich rasiert, vor einer Stunde lag er noch im Bett, und gestern abend war er im Tanzpalast. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen. Vielleicht gibst du eine Vermißtenanzeige auf!«
    »Ich mache mir Sorgen.«
    »Um Bernhard? Katzen haben sieben Leben«, aber überzeugend hörte sie sich nicht an.
    Leschek sah sie verblüfft an, und Irene verbesserte sich. »Na ja, fünf, wenn man es realistisch betrachtet.«
    Ohne weiter darauf einzugehen, fragte er:
    »Hörst du eigentlich Radio? Unser Programm zum Beispiel?«
    Irene zögerte einen Augenblick.
    »Soll ich ehrlich sein?«
    Leschek ermutigte sie wie ein Huhn, das zu fliegen versucht.
    »Leschek, ich bitte dich,

Weitere Kostenlose Bücher