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Sünden der Faulheit, Die

Sünden der Faulheit, Die

Titel: Sünden der Faulheit, Die Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Peltzer
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und suchte in seinen Taschen nach einem Trinkgeld. Er fand nur einen Zehnmarkschein, den er dem Türöffner in die Hand drückte.
    »But share it«, sagte er, und die Schwarzen sahen ihn verwirrt an. Als sie in der Dunkelheit verschwanden, ahnte Mertens, daß sich alles einmal rächen würde und daß er dann an einem sicheren Ort sein wollte, sofern er bis dahin einen gefunden hatte.
    In der Tür des Clubs war in Kopfhöhe ein quadratischer Einwegspiegel. Nachdem er geschellt hatte, dauerte es einige Augenblicke, bis er vom uniformierten Empfangschef in den schummerigen Vorraum gelassen wurde, in dem sich die Garderobe befand. Er gab seinen Mantel ab und betrat durch einen Vorhang das verwinkelte Lokal, dessen Zentrum ein von innen beleuchteter Springbrunnen war. An der Bar saßen aufgereiht Animierdamen, die ihn geschäftsmäßig musterten. Gleich daneben war eine kleine Tanzfläche, und anschließend führte ein verspiegelter Gang zu den Séparées.
    Am Tisch von Steenbergen und Belasc saßen noch zwei Mädchen, die höchstens siebzehn waren. Steenbergen zog aufgeräumt die Augenbrauen hoch.
    »Ah, Wilhelm, wir haben schon gewartet.«
    Belasc rutschte ein wenig nach links, um Mertens auf der runden, weichgepolsterten Bank Platz zu machen. Ein Kellner brachte ein Glas und schenkte ihm ein.
    »Wo fehlt’s denn, Wilhelm?« fragte Steenbergen.
    »Ich glaube, dir fehlt im Augenblick was«, sagte Mertens, worauf der Holländer Belasc kokett ansah. Dann wurde er ernst.
    »Ihr Süßen, laßt uns mal alleine«, sagte er zu den Mädchen.
    Es entstand eine kurze Pause, bis Mertens sagte:
    »Was dir fehlt, wissen wir alle, aber ich wüßte vielleicht, wer’s hat.«
    Belasc grinste brutal.
    »Er weiß was!«
    Mertens nippte an seinem Glas, und Steenbergen rekelte sich jovial ins Polster, die Arme über die Lehne gelegt.
    »Wir reden von meinem Oelze, ja?«
    Mertens nickte langsam.
    »Es wäre möglich, ihn unauffällig zurückzubekommen.«
    »So, wär’s das?« fragte Steenbergen spitz.
    Mertens setzte das Glas behutsam auf den Tisch.
    »Es würde uns natürlich eine Kleinigkeit kosten.«
    »Natürlich«, sagte Steenbergen gedehnt, und Belasc fragte vorlaut:
    »Wieviel?«
    »Die Herrschaften haben sich noch nicht so konkret geäußert, mein lieber Franz …«
    »Laß das!« unterbrach ihn Steenbergen, doch Mertens fuhr unbeeindruckt fort.
    »Man denkt an 100 000 .«
    »Welche Herren?« fragte der Holländer und rückte näher an Mertens, der nicht zurückkonnte, weil auf seiner anderen Seite Belasc saß.
    »Die haben sich mir nicht mit Namen und Adresse vorgestellt.«
    Sein Blick wanderte von links nach rechts.
    »Von mir? Und alle lachen?« In Steenbergens Augen war ein ruheloses Flackern, das Mertens erst einmal gesehen hatte. Er durfte sich keine Blöße geben.
    »Wenn ich mich nicht täusche, war das Bild doch sowieso mit 175000 versichert. Minus 100000 sind … Hören wir damit auf, wir sind nicht in der Schule.«
    Steenbergen wies in den Raum.
    »Solch eine Schule habe ich mir immer gewünscht.«
    Sein Mund berührte fast Mertens’ Wange, und Mertens roch den warmen Alkoholatem.
    »Du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich so ein Trottel wie Blumenfeldt bin, du kleines Schwein.«
    »Das war doch etwas ganz anderes«, sagte Mertens leise.
    »Ach so, richtig.«
    Steenbergen faßte mit zwei Fingern das Revers von Mertens’ Anzug und zog es hin und her.
    »Wilhelm Mertens will mich erpressen«, sagte er zu Belasc. »Stell dir vor, Franz, der kleine Mertens will mich tatsächlich erpressen.«
    Mertens schob Steenbergens Hand beiseite.
    »Ich schlage dir lediglich ein Geschäft vor, bei dem für dich 75000 rausspringen, und ein Oelze gratis, das ist doch in Ordnung.«
    Steenbergen winkte dem Kellner.
    »Das wollen wir begießen! Ich werde über dein Angebot nachdenken.«
    »Das ist doch die beste Lösung«, sprach sich Mertens Mut zu.
    »Selbstverständlich«, sagte Steenbergen gelassen. »Ich bin dir zu Dank verpflichtet.«
    »Die Affäre möglichst schnell beenden«, sagte Mertens.
    »Objektiv die beste Lösung«, bestätigte Steenbergen, ohne eine Miene zu verziehen.
    Der Kellner entkorkte die Flasche, und sie stießen an.
     
    Zwei Animierdamen tanzten auf der kleinen Tanzfläche, über der sich eine versilberte Kugel drehte, mit einem angeschlagenen Kunden, dessen Hemd aufgeplatzt war und der sich in einer Art forciertem Flamenco versuchte. Sie rauchten und sprachen miteinander, während sie ihn elegant umkreisten.

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