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Sünden der Faulheit, Die

Sünden der Faulheit, Die

Titel: Sünden der Faulheit, Die Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Peltzer
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einen Blick in das Innere der Limousine werfen wollte.
     
    Bernhard Lacan stand mit zusammengekniffenen Lippen im Bad und cremte sein Gesicht sorgfältig mit Rasierschaum ein.
    Er hatte lange vor dem Bild gesessen und nach einer Lösung gesucht, doch immer wieder waren seine Gedanken fortgeschweift und verwaschene Erinnerungen von irgendwo aufgestiegen und vor der weißen Wand zerfallen, auf die ein flackerndes Xenonlicht die Züge Irenes zeichnete. Das Bild mußte aus seiner Wohnung verschwinden, er aus Berlin, mit Scheinen in der Tasche, genau in dieser Reihenfolge.
    Als er den Schaum aufgetragen hatte, wandte er den Kopf nach links und rechts, und versuchte sich vorzustellen, wie er mit Bart aussehen würde. Ernster, gereifter, und er lachte in sein Spiegelbild. Das Telefon klingelte. Lacan hielt den Hörer vom Ohr, um die Muschel nicht mit Schaum zu verschmieren.
    »Na, Lacan, wie geht’s denn heute morgen?«
    Die Stimme kam ihm bekannt vor, auch wenn er im Augenblick nicht wußte, zu welchem Gesicht sie gehörte. »Wer ist da?«
    Der andere redete weiter, als habe er die Frage nicht verstanden.
    »Ich hätte dir ein Angebot zu machen.«
    »Wer ist denn da, verdammt noch mal?«
    »Erkennst du mich nicht?«
    »Würde ich sonst fragen?«
    Es knackte in der Leitung.
    »Ich lege jetzt auf«, sagte Lacan.
    »Nun warte doch mal. Hier ist Mertens, Wilhelm Mertens.«
    »Was willst du?«
    »Das Bild!«
    Lacan verschlug es die Sprache.
    »Ich mache dir einen fairen Preis.«
    »Von welchem Bild sprichst du?« fragte Lacan.
    Mertens lachte gezwungen.
    »Nimm mich nicht auf den Arm. Ich will den Oelze.«
    »Wer erzählt denn so was?«
    »Wir sollten die Sache so schnell und so diskret wie möglich hinter uns bringen.«
    Lacan dachte einen Moment nach.
    »Ich höre.«
    »Ich wäre bereit, eine angemessene Summe zu zahlen.«
    »Wir sollten uns treffen«, sagte Lacan.
    »Wo?«
    »Schlag was vor.«
    » 18  Uhr im Café Oppenheimer.«
    »Einverstanden.«
    »Ich verlasse mich auf dich«, sagte Mertens eindringlich und legte auf, Lacan hielt den Hörer unentschlossen in der Hand wie ein zu prüfendes Gewicht. Dann rasierte er sich rasch und zog sich an. Er wickelte das Bild in Packpapier, steckte es in eine Einkaufstüte und verließ die Wohnung.
     
    Kommissar Westhov saß in seinem Büro und langweilte sich. Auf der Fensterbank stritten zwei verfrorene Spatzen um die Körner, die seine Sekretärin am Morgen ausgelegt hatte. Westhov sah ihnen geistesabwesend zu und rauchte. Das Telefon schnarrte, Westhov hob geruhsam ab.
    »Westhov.«
    »Wir haben die Leiche!«
    »Was für ’ne Leiche?« fragte Westhov, die Augen auf das Spektakel der Spatzen gerichtet.
    »Die vom Einbruch.«
    »Was?« Elektrisiert sprang Westhov auf. »Wie bitte? Die Akademieleiche?«
    »Ich denke schon«, sagte sein Assistent am anderen Ende stolz.
    »Herrgott!« schrie Westhov. »Laß dir nicht alles einzeln aus der Nase ziehen.«
    »Folgendes: Heute morgen rammt ein Lieferwagen in Friedenau ’n Auto. Liegt ’ne Leiche drin, ohne Papiere. Der Papagei sieht sie sich an, sie hat’n nettes Loch im Kopf, dreckverschmiert, sieht durchs Mikroskop, sagt: wahrscheinlich isses der, der von der Leiter gefallen ist, Dienstagnacht bei dem Einbruch.«
    »Sicher?«
    »Also, der hat gesagt, seiner Ansicht nach schon, und wenn der Papagei …«
    »Schon gut! Habt ihr den Halter ermittelt? Warum erfahre ich nichts?«
    »Wir haben Sie nicht erreicht, Chef, heute morgen, ehrlich.«
    »Wer ist denn der Halter?«
    »Is’n Jaguar mit Münchner Kennzeichen, zugelassen auf einen gewissen Roland Hartmann. Die Kollegen in München versuchen, den zu ermitteln.«
    »Habt ihr sonst was gefunden?«
    »Den üblichen Kleinkram, aber wie gesagt, keine Papiere, auch kein Geld.«
    »Die Leiche ist in der Gerichtsmedizin?«
    »Isse. Die wird noch mal gründlich untersucht, na, Sie wissen schon. Der Wagen und die Klamotten und so sind bei der Technik.«
    »Was machst du jetzt?«
    »Ich komme ins Büro.«
    »Beeil’ dich!«
    Westhov war zufrieden. Wenn dieser Hartmann in München ein paar Informationen geben konnte und wollte, oder er selber gar der Tote war, könnte man endlich gezielt vorgehen. Vielleicht hat man ihn auch die Leiter hinuntergestoßen, dann war es kein Unfall, dann war es Mord.
    Westhov hatte das Gefühl, daß der Fall bald abgeschlossen sein würde, und dieses Gefühl schätzte er in seinem Beruf am meisten.
     
    Der Bahnhof Zoologischer Garten war der häßlichste und

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