Sünden der Leidenschaft
das Schlachtfeld, um die eigenen Verwundeten mitzunehmen.
Der Staub der Pferdehufe und des Schießpulvers lag in der Luft, Schüsse sausten nah an ihren Köpfen vorbei, streiften über den Boden und schwirrten heulend um sie herum, während die Krieger zurückgaloppierten und ihre Verletzten hinter sich herzogen. Tote, sterbende und verwundete Kämpfer lagen auf dem Boden, erschlagene und verletzte Pferde bedeckten das Weideland. Das Wimmern der Tiere, die Schreie und das Stöhnen der Männer erhoben sich durch die Staubwolke dem Himmel entgegen.
Der erste Angriff war vorüber.
Nachdem sie ihre Verwundeten eingesammelt hatten, ritten die Absarokees schnell zu ihrem Hinterhalt zurück, um die Verluste, die eigene noch vorhandene Stärke und die der Feinde einzuschätzen. Nur vier ihrer Krieger waren verletzt, keiner ernsthaft. Das war ein gutes Zeichen für die Männer, deren Leben von ihrer »Medizin« abhing. Sie verschanzten sich hinter der Brustwehr, und schossen eine Salve auf die Soldaten ab, die sich hinter ihren Wagen verbarrikadiert hatten.
Niemand hatte Ned in dem Tumult erkannt. War er noch am Leben? War er geflohen? Wer leitete dann die Verteidigung und den Kampf? Aber als seine Leute hinter den Wagen hervorkamen und über das blutige Schlachtfeld ritten, um zu dem Felsvorsprung vorzudringen, war klar, daß er sie noch immer anführte. Niemand, der kampferfahren war, hätte eine so gut befestigte Stellung angegriffen, ohne den Befehl dazu bekommen zu haben.
Ein tödliches Feuer hagelte auf die unglücklichen Angreifer hernieder. Als der Angriff ins Wanken geriet und dann völlig zusammenbrach, lagen noch mehr Tote und Verwundete am Fuß des grasbewachsenen Felsvorsprungs.
Während der Nachmittag weiter fortschritt und die Absarokee-Scharfschützen jeden Mann, der seinen Kopf hob, beschossen, kam die Sorge auf, daß Ned womöglich in Fort Ellis Verstärkung angefordert hatte. Die Ruhe unter der warmen Sonne war zu unnatürlich und unheimlich.
»Ich würde sagen, sie warten auf Verstärkung«, vermutete Adam und strich leicht über den Griff des Messers an seiner Taille.
»Oder sie warten darauf, daß es dunkel wird, damit sie sich zurückziehen können«, gab James zu bedenken.
»Aber nur, um auf anderem Wege und zu einem anderen Zeitpunkt zurückzukommen.« Adam blickte über das Brustwehr auf das unter ihnen liegende Schlachtfeld.
»Falls Storham nicht nach Verstärkung geschickt hat, könnten wir sie in der Dunkelheit einkreisen und fertigmachen«, fügte James hinzu.
»Wir können nicht so lange warten. Bis dahin kann die ganze Besatzung von Fort Ellis hier anrücken.« Er war unruhig, weil er nicht gern wartete, sondern den Konflikt beenden und Ned Storhams Attacken auf sein Leben endlich ein Ende setzen wollte. »Ich werde hinunterreiten und sie aus der Deckung locken.«
Obwohl außerordentlich gewagt und mutig, waren solche Taten bei den Stämmen der nördlichen Prärien nicht ungewöhnlich. Persönlicher Mut und die Anzahl erfolgreich durchgeführter Angriffe brachten den mutigsten Kriegern die Stellung des Anführers ein. Adam war mit zwanzig Jahren ein solcher Anführer geworden, denn von Jugend an war seine »Medizin« immer stark gewesen. Nichts konnte ihm etwas anhaben oder ihn gar verletzen.
Die Krieger trugen während der Schlacht nur leichte Hemden und Leggings, und alle leuchtenden Farben waren verschwunden. Aber sie hatten ihre normale Kleidung in Schachein bei sich, für den Fall, daß sie siegreich in ihre Dörfer zurückkehrten. Adam nahm schön verzierte Kleidung aus der Naturlederschachtel, denn er wollte in vollem Schmuck erscheinen: das mit Fransen und Perlen bestickte Hemd, das mit Hermelinschwänzen und Skalphaaren verziert war; bestickte Leggings mit Wolfsschwänzen; eine Kette aus Bärenkrallen; zwei Adlerfedern in den Haaren, was sehr bescheiden war, denn er hätte für jede seiner gewonnenen Schlachten eine Feder tragen können. 18
Er nahm seinen bestickten Spiegel und bemalte sein Gesicht mit Ocker. Dann prüfte er, ob sein Medizinbeutel fest an einer kleinen Locke seiner Haare, die zu einem Zopf hinter seinem Ohr geflochten war, saß. Er erklärte seinem Pony, daß es ihn bis hinter die feindlichen Linien bringen sollte, und saß auf. Er zog das Winchestergewehr aus der Scheide und ritt im Galopp über die offene Fläche direkt auf die Wagenbarrikade zu, bis er in einem günstigen Schußabstand war.
Dann wendete er sein Pferd, hob sein Gewehr, um seinen
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