Sünden der Vergangenheit - McKenna, S: Sünden der Vergangenheit
Ganz allein. Bei diesen beschissenen Straßen. Ohne Telefon. Und dann auch noch Zwillinge.« Er erschauderte. »Stell dir das mal vor. Grundgütiger.«
Sean gab ein unverbindliches Grunzen von sich, während er Erde und Gras von seinem schmutzigen T-Shirt klopfte. »Hätte ich die Wahl, würde ich es mir lieber nicht vorstellen.«
Davy rieb sich den Schweiß von der Stirn, dann blickte er mit unbewegter Miene zu dem dunklen Massiv der Berge. »Lieber würde ich mir jeden Knochen im Leib brechen lassen, als die Art von Verantwortung zu übernehmen.«
Sean stand auf, streckte den Hals und ließ den Kopf kreisen, um eine Bestandsaufnahme seiner Blessuren zu machen. »Vergiss dabei zwei Dinge nicht. Zum einen: Dad war verrückt. Er glaubte, Mom vor allem Bösen zu beschützen. Zum anderen: Er war ein arroganter Mistkerl. Er dachte, er könnte alles allein schaffen.«
»Er hat sich geirrt«, stellte Davy niedergeschlagen fest.
»Ja, das hat er. Aber du bist nicht verrückt. Du bist auch kein arroganter Mistkerl. Zumindest nicht ständig. Außerdem kann Margot gut auf sich selbst aufpassen. Du glaubst, das Gewicht der ganzen Welt lastet auf deinen Schultern. Das tut es nicht. Okay?«
Davy nickte, bevor er sich hochrappelte. »Okay.«
Sean legte ihm die Hand auf den Arm. Sein Bruder glühte, er war schweißgebadet und zitterte noch immer, aber diese gewalttätige, vibrierende Anspannung war verflogen. »Also?«, fragte er.
Davy warf ihm einen misstrauischen Blick zu. »Also was?«
»Kannst du jetzt wieder atmen?«
Er nickte knapp.
»Gut.« Sean versetzte ihm einen heftigen Schubs, sodass er strauchelte. »Dann fahr nach Hause und versöhn dich endlich mit deiner Frau.«
Davy riss Sean mit einem Bein die Füße unter dem Körper weg, und er landete auf dem Hintern. »Wir werden ja sehen, wie du dich schlägst, wenn die Reihe an dir ist.«
Bevor er in seinen Wagen stieg, drehte er sich noch einmal um und fixierte Sean mit einem unerbittlichen Blick aus schmalen Augen. »Wenn du dich heute Nacht in Schwierigkeiten bringst, werde ich dir einen Arm ausreißen und dir damit die Scheiße aus dem Leib prügeln«, warnte er.
Sean grinste. »Ich liebe dich auch, Mann. Fahr vorsichtig.«
Er beobachtete, wie die Rücklichter über die gewundene Serpentinenstraße, die zu ihrem Haus führte, entschwanden. Wir werden ja sehen, wie du dich schlägst, wenn die Reihe an dir ist . Der Gedanke versetzte ihm einen Stich in die Brust.
Genau. Als würde er jemals eine neue Dynastie gründen. Mit wem? Mit einem der Mädchen aus irgendeinem Tanzschuppen? Zum Beispiel Stacey oder Kendra?
Abgesehen davon gingen ihm Davy und Connor ständig wegen seiner kurzen Aufmerksamkeitsspanne auf die Nüsse. Sie würden es ihm zutrauen, dass er sein eigenes Kind in einem Korb auf dem Dach seines Wagens vergessen und auf die Autobahn fahren würde. Er sollte seinen hypothetischen Kindern einen Gefallen tun, und einen großen Bogen um eine Vaterschaft machen.
Seine beiden Brüder hatten die Erhaltung der Spezies bestens im Griff. Vermutlich sollte er einen Arzt aufsuchen und sich schnippschnapp aus dem Genpool verabschieden. Das Thema komplett zu den Akten legen. Ein für alle Mal.
Aus unerfindlichen Gründen machte ihn dieser Gedanke ziemlich depressiv.
6
Von: witchywomanBware: Hi, ist irgendjemand da?
Miles checkte die Nachricht, die er rausgeschickt hatte, im Dialogfenster des Chatrooms. Bislang hatte noch niemand angebissen. Er wandte sich seinen anderen Computern zu. Er tummelte sich in mehreren Chatrooms gleichzeitig, wobei er unterschiedliche Identitäten und E-Mail-Adressen benutzte. Es war bislang niemand Interessantes aufgetaucht, aber es war noch früh.
Er konnte sein Glück, sich gegen Bezahlung im Cyberspace herumtreiben zu dürfen, noch immer kaum fassen. Er arbeitete als Berater in Connors Studentenkiller-Fall und führte seine verschiedenen Fantasiecharaktere in Chatrooms ein, die von Computerfreaks und Strebern bevölkert wurden.
Mina, alias witchywomanBware, war bislang sein aussichtsreichster Lockvogel. Sie erregte jede Menge Aufmerksamkeit. Er hoffte, dass Mindmeld heute Nacht anbeißen würde. Er war der Einzige, der Mina dazu überredet hatte, sich in einem privaten Chatroom zu treffen, wo er sie unter dem Vorwand, sie besser kennenlernen zu wollen, nach ihrer Kindheit ausgefragt hatte. Miles hatte ihn häppchenweise mit Minas Leidensgeschichte gefüttert, und das in einem selbsterniedrigenden Ton, auf den er stolz
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