Sündenfall: Roman (German Edition)
Opfer den Namen des Hauptverdächtigen in den Hintern eintätowiert hat, ein gewaltiger Vorteil.« Wieder Gelächter aus dem Publikum. Kershaw konnte Bonnicks Computerbildschirm zwar nur von hinten sehen, wäre aber beim Anblick seiner glasigen Augen und des leicht geöffneten Mundes jede Wette darauf eingegangen, dass er sich auf YouTube die besten Tore von Arsenal anschaute.
»Wenn der Doc sagt, dass es ein Mord ist, bin ich der Erste, der Ihnen gratuliert«, sprach Bacon weiter. »Und warum, DC Kershaw?«
Mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet. »Äh, weil es das schwerste aller Verbrechen ist?«
Browning stieß ein kehliges Ta-tä aus – Sie haben verloren . Darauf folgte wieder Gelächter, nur Ben Crowther warf ihr einen mitfühlenden Blick zu. Ben war der einzige DC im Revier, der auch die Universität besucht hatte, und sie verstand sich sehr gut mit ihm. Wenn die Jungs in den Pub gingen, war es normalerweise er, der sie fragte, ob sie mitkommen wolle.
»Und warum mögen wir Mord, DC Browning?«, fragte Bacon.
»Aus zwei Gründen, Sergeant«, antwortete er in diesem aufgedrehten Machoton, der Kershaw so auf die Nerven fiel. »Erstens, der Fall geht an die Mordkommission, und die Leiche bleibt bei uns, weshalb wir die Punkte kriegen, wenn der Fall aufgeklärt wird. Und zweitens bedeutet ein Mord Überstunden .«
»Und was sind Überstunden, Browning?«
»Die einzige Vergünstigung, die ein hart arbeitender Detective heutzutage noch bekommt.«
»Ge-nau«, erwiderte Bacon.
Kershaw zwang sich zu einem Grinsen. War Bacon deshalb netter zu Browning, weil er ein Mann war oder weil er sich, wie er selbst, hochgearbeitet hatte, anstatt wegen des Hochschulabschlusses gleich in den gehobeneren Dienst einzusteigen?
»Besteht vielleicht eine Chance, bei der Wasserleiche einen DNA -Test durchführen zu lassen, Sergeant?«, erkundigte sie sich. »Möglicherweise ist sie ja in der Datenbank.«
Bacon betrachtete sein angebissenes Hobnob.
»Warten Sie erst einmal ab, was die Autopsie ergibt. Die Sache kostet uns ohnehin schon drei Riesen. Die hohen Herren in der Buchhaltung wollen, dass ich spare. Und kontaktieren Sie die Vermisstenabteilung. Die werden Fotos, zahnärztliche Unterlagen und so weiter brauchen. Sie kennen das ja.«
Während Kershaw in ihrem Adressregister nach der E-Mail der Vermisstenabteilung suchte, überlegte sie, aus welchem Grund sie sich wünschte, dass der Tod von DB 16 als Mord eingestuft wurde. Erstens würde es sich gut in ihrem Lebenslauf machen, und zweitens würde man sie vielleicht bis zur Aufklärung des Falls der Mordkommission zuteilen – eine wunderschöne lange Pause von den Schwachköpfen hier.
FÜNF
A uf eines hatte Pani Tosik bestanden: Wenn Janusz Weronika aufgespürt hatte, solle er nicht persönlich Verbindung zu dem Mädchen aufnehmen, sondern seiner Auftraggeberin nur die Adresse nennen. Die alte Dame hatte beschlossen, dass es die beste Strategie sei, dem Mädchen den »herzzerreißenden« Brief weiterzuleiten, den ihre Mama ihr geschrieben hatte und in dem sie sie anflehte, ins Restaurant zurückzukehren. Allerdings hatte Janusz nur einen lausigen Anhaltspunkt: einen Aufkleber auf der Rückseite von Weronikas Foto, auf dem der Name eines Fotografen in Leytonstone, einige Kilometer östlich von Stratford, stand.
Janusz fuhr mit der U-Bahn Northern Line von Angel, der Haltestelle in der Nähe seiner Wohnung, nach Süden zur Station Bank, wo er in die Central Line Richtung Osten umstieg. Er hasste die U-Bahn und weigerte sich, sie während der Hauptverkehrszeit zu benutzen. Wenn auf dem Bahnsteig Gedränge herrschte, nahm er sofort wieder die Rolltreppe aufwärts. Doch heute stand er zu sehr unter Zeitdruck für die Bus-Safari von Islington nach Leytonstone, die zweimal Umsteigen nötig machte.
In dem halb vollen Waggon traf sein Blick den eines kleinen, acht oder neun Jahre alten Mädchens, das ihm mit seiner Mutter gegenübersaß. Janusz schielte und schnitt eine scheußliche Grimasse, womit er Bobek in diesem Alter immer zum Lachen gebracht hatte. Sie grinste. Im nächsten Moment aber bemerkte er die Wörter, die in Paillettenschrift auf der flachen, in ein rosafarbenes T-Shirt verpackten Brust der Kleinen prangten: PORNOSTAR VON MORGEN . Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht, als hätte jemand einen Vorhang heruntergelassen.
Als die Frau und das Mädchen an der nächsten Haltestelle ausstiegen, winkte ihm die Kleine schüchtern zum Abschied zu, während
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