Sündenfall: Roman (German Edition)
und fletschte grinsend die Zähne. »Aber wie Sie sehen, macht er sich hier im Haus nützlich. Es ist ja so wichtig, sein Eigenheim in Schuss zu halten, finden Sie nicht?« Beinahe hätte er noch ein »alter Junge« hinzugefügt, verkniff es sich aber noch rechtzeitig.
»In der Tat«, antwortete der Mann und schickte sich an, einen einigermaßen würdevollen Rückzug anzutreten. »Tut mir leid, dass ich Sie beim Duschen gestört habe. Man kann eben nicht vorsichtig genug sein.«
»Keine Ursache«, entgegnete Janusz strahlend. »Einen schönen Tag noch!« Einen schönen Tag noch?
Offenbar war dem Mann der Lapsus nicht aufgefallen. Er nickte Oskar zu, der – dem Himmel sei Dank – während der Vorstellung keine Miene verzogen hatte, schwenkte zum Abschied den Spazierstock und machte sich wieder auf den Weg. Auf halber Höhe des Rasens schlüpfte ein magerer Schäferhund aus dem Gebüsch und folgte ihm auf den Fersen.
Janusz frottierte sich rasch das Haar und zog sich an. Als er die Eingangstür öffnete, war Oskar schon da.
»Das war einfach brillant!«, begeisterte er sich. Seine Augen leuchteten aufgeregt, und er stürmte ins Haus, bevor Janusz ihn aufhalten konnte. »Der Typ hat mich richtig in die Mangel genommen, bevor du aufgetaucht bist.«
»Lass uns so schnell wie möglich abhauen«, sagte Janusz, als Oskar anfangen wollte, sich umzuschauen. »Ich hole die Leiter, du das Werkzeug.«
Gerade hatte er die Leiter im Wagen verstaut und knallte die Türen zu, als Oskar den Gartenweg entlanggerannt kam. Allerdings bremsten der Werkzeugkasten und auch die nagelneue Wii-Spielkonsole unter seinem Arm sein Tempo. »Fahr los, fahr los!«, keuchte er. »Er hat Lunte gerochen!« Aus dem Garten waren lautes Rufen und grollendes Gebell zu hören.
Den Weg zur M11 legte Janusz in halsbrecherischer Geschwindigkeit zurück. »Was zum Teufel hast du dahinten getrieben? Dich ein bisschen als Plünderer betätigt?«
Oskar kicherte, noch immer aufgekratzt. »Reg dich ab, Janek«, erwiderte er und schob sich ein halbes Dutzend Pfefferminzbonbons auf einmal in den Mund. »Der Typ war sicher schon sechzig. Der hätte mich nie eingeholt.«
»Ja? Und was ist mit seinem Hund, idiota ? Das Biest war so groß wie ein beschissener Esel.«
Janusz erinnerte sich, dass Oskar mit achtzehn bei den Manövern im Wald, die häufig mit scharfer Munition durchgeführt wurden, oft nicht nur furchtlos, sondern richtiggehend leichtsinnig gewesen war. In den Berichten der Ausbilder wurde er regelmäßig als »nicht für den Militärdienst geeignet« bezeichnet, für Oskar eine Auszeichnung, naturalnie .
»Und selbst wenn wir den verdammten tollwütigen Köter außen vor lassen: Der Typ hätte den Transporter bemerken und den Bullen das Kennzeichen durchgeben können! Stell dir vor, du müsstest Gosia anrufen und ihr erklären, dass du im Knast sitzt.«
Wie Janusz zu seiner Genugtuung feststellte, wurde Oskars Mondgesicht schlagartig ernst.
»Verdammte Scheiße!«, rief Janusz plötzlich aus. »Gerade ist mir eingefallen, warum der Kerl Verdacht geschöpft hat!«
»Warum?«
»Deine Geschichte, du wolltest die Fensterrahmen abschleifen …«
»Wo liegt das Problem?«, protestierte Oskar. »Ich habe anfangs, als ich hierherkam, jede Menge Häuser renoviert.«
»Ja, und du hast bestimmt genug Murks gebaut«, erwiderte Janusz. »Aber ich wette, nicht einmal du hättest Kunststofffenster abgeschmirgelt.«
Kurz verzog Oskar verdutzt das Gesicht und brach dann in lautes Gelächter aus.
Nachdem Janusz an der Bushaltestelle in Stratford ausgestiegen war, fuhr er mit dem Bus Nummer 25 ins West End und stieg dort in einen anderen nach Notting Hill um.
Man brauchte kein Genie zu sein, um herauszufinden, dass es sich bei »Porto Belo« um Adamskis fehlerhaften Versuch handelte, Portobello Road zu schreiben. Auf den ersten Blick schien die hingekritzelte Adresse in der Antiquitäten-und-Flohmarktbuden-Meile seine Behauptung, er handle mit Antiquitäten, zu bestätigen. Doch Janusz kaufte ihm das keine Minute lang ab.
Vierzig Minuten später stieg er am Oxford Circus in einen anderen Bus, was hieß, dass er die Argyll Street überqueren musste, seine übliche Strecke zu Kasias Club. Und so wurden seine Füße mitten auf dem belebten Gehweg zu Verrätern und sorgten dafür, dass er ruckartig stehen blieb. Während der Passantenstrom um ihn herumfloss wie Wasser um einen Felsen, kämpfte er gegen das übermächtige Bedürfnis an, Kasia zu sehen und
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