Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
hast.«
Bei der Aussicht auf weitere Belohnung strahlte der Junge über das ganze Gesicht, so als wäre eine Laterne entzündet worden. Eifrig lief er voran. Philip erinnerte sich an alle diese Wege, die er als Kind so oft gegangen war. Vermutlich ankerte die Barke im großen Delta, dort, wo überwiegend Fischer ihrer Arbeit nachgingen. Einmal hatte er selbst in früheren Jahren ein so prächtiges Schiff gesehen, einen märchenhaften schwimmenden Palast, wie er ihn nur aus Erzählungen gekannt hatte. Doch das war lange her.
»Kennst du den Namen des Herrn der Barke?«, fragte Philip, während er dem Jungen folgte.
»Er nennt sich Omar, aber die Gassen flüstern etwas anderes.«
»So? Was flüstern die Gassen?«
Der Junge hielt in seinem schnellen Schritt inne.
»Was bekomme ich dafür, wenn ich es dir sage?«
Philip lachte und zog eine weitere Kupfermünze hervor. »Du bist sehr geschäftstüchtig.«
Gierig steckte das Kind die Münze ein.
»Die Gassen flüstern, Omar sei der heimliche Herr über die Straßen, und selbst der reiche Abd al-Hisâb fürchte ihn. Man nennt Omar auch den Sohn des Schakals, und noch andere behaupten, er sei jener, den alle für tot halten.«
Philip stockte der Atem.
»Jener, den alle für tot halten? Der Sohn des Schakals? Du meinst doch nicht etwa den gefürchteten Khalil, der vor sieben Jahren ein gerechtes Ende fand?«
Der Junge hob die Schultern. »Ich wiederhole nur, was die Gassen flüstern. Allah allein weiß, ob es wahr ist.«
Khalil … Philips Hände ballten sich zu Fäusten. Von Anfang an hatte er den Verdacht gehegt, und nun genügten die Worte eines zerlumpten Bengels, ihm Gewissheit zu verschaffen. Ein falscher Name, eine Barke, die Wohlstand und Üppigkeit bezeugte, den Eigner aber auch beweglich machte. Abd al-Hisâb, der Diener der Rechnung … Natürlich, für Khalil gab es viele Rechnungen zu begleichen.
Auf einmal bekam alles einen Sinn. Wenn dieser Herr der Barke in Wirklichkeit Khalil war, hatte er eine Frau wie Thea zweifellos zu betören gewusst. Khalil war ein verachtenswerter Schurke, aber er besaß ein gefälliges Äußeres. Er war ein Meister der Täuschung. Wenn es ihm gelungen war, Theas Vertrauen zu gewinnen, besaß er in ihr ein unschätzbares Faustpfand.
Sie erreichten das Delta, wo die Barke laut Aussage des Jungen liegen sollte. Doch vor ihnen erstreckte sich nur das dunkle Wasser des Nils. Keine Barke.
»Das … das verstehe ich nicht«, stotterte der Junge. Seine Betroffenheit war nicht gespielt. »Heute Mittag ankerte sie noch genau dort.«
Philip legte dem Knaben eine Hand auf die Schulter. »Es ist nicht dein Verschulden. Hier, du sollst deine Belohnung dennoch erhalten.« Er reichte ihm die dritte Kupfermünze. »Und solltest du noch etwas von Bedeutung erfahren, dann melde dich im Haus des Mikhail.«
»Des Pferdezüchters?«
Philip nickte. »Er ist mein Großvater. Für jede Nachricht, die du uns bringst, gibt es eine Kupfermünze.«
»Danke, edler Herr!« Der Junge verbeugte sich vor Philip. »Du kannst dich auf Ali verlassen.« Mit diesen Worten wandte er sich um und flitzte davon.
»Und was nun?«, fragte Rupert. »Folgen wir dem Nillauf?«
Philip schüttelte den Kopf. »Das hat bei Dunkelheit keinen Sinn. Wenn Thea sich an Bord der Barke befindet, holen wir sie zu Fuß ohnehin nicht mehr ein. Wir folgen ihr morgen bei Sonnenaufgang zu Pferd.«
»Wenn sie sich wirklich an Bord aufhält und man ihr etwas antun will, dauert mich der Täter schon jetzt«, meinte Witold.
Philip sah, wie sich der Waffenknecht in Erinnerung an den Schlag, den Thea ihm auf der Windsbraut versetzt hatte, über den Leib strich.
»Ja, sie ist schon ein rechtes Teufelsweib, unsere Thea«, bestätigte er. »Aber wenn dieser Omar wirklich Khalil ist, haben wir es mit einem Verbrecher zu tun, der den Satan noch Bosheit lehren könnte. Ihr habt gesehen, wie seine Leute Constantin zugerichtet haben.«
Die Männer schlugen betroffen die Augen nieder.
»Morgen holen wir die Barke ein«, erklärte Philip. »Mit den Pferden sind wir schneller.«
30. Kapitel
I n dieser Nacht schlief Lena sehr schlecht. Gemeinsam mit Sophia hatte sie stundenlang auf die Rückkehr der Männer gewartet, nur um dann zu erfahren, dass sie Thea nicht gefunden hatten und alles dafür sprach, dass Khalil noch lebte und sie womöglich in seiner Gewalt hatte. Sophia wäre beinahe in Tränen ausgebrochen, hielt sich jedoch tapfer zurück. Philip selbst wirkte ernst
Weitere Kostenlose Bücher