Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
die gesuchten Beweise finden, muss der Emir noch heute handeln. Hab Vertrauen!« Sethemhat strich ihr über die Wange, dann stieg er in den Sattel und galoppierte davon.
Meret trat neben Lena. »Ein beeindruckender Mann«, sagte sie.
Lena nickte nur.
»Komm!« Meret ergriff ihre Hand. »Wir befolgen seinen Rat und bringen Philip frische Kleidung ins Gefängnis.«
Said litt noch immer Durst. Höllischen Durst. Aber es war nicht allein der Durst nach Wasser. Vor allem dürstete ihn nach Rache. Rache an Khalil. Er wollte ihn leiden sehen, so sehr, wie er Guntram hatte leiden sehen. Guntrams Blut bedeckte noch immer den Boden. Er war ein tapferer Mann gewesen. Said bezweifelte, dass er selbst so würdevoll in einen derart grauenvollen Tod gehen könnte. Er vermochte Schmerzen nur schwer zu ertragen, das hatten ihm die lächerlichen zehn Peitschenhiebe bewiesen. Guntram hatte seine Schmerzensschreie in Gebete und Flüche gekleidet, seine Peiniger verhöhnt, beschimpft, niemals gewinselt. Said verfluchte das Schicksal. Wo blieb Allahs Gerechtigkeit? Warum stand Allah Khalil zur Seite? Said zerrte an seinen Fesseln. Seit Stunden war er an den Pfahl gebunden und hatte von dort aus Guntrams Folterung mit ansehen müssen.
Wenn ich sterben muss, dann will ich ebenso würdevoll von dieser Welt gehen wie Guntram. Nichts währt ewig, nicht einmal die größte Qual.
Schritte über ihm. Das Klappen der Luke. Männer, die die Leiter herabstiegen.
»Ich wünsche dir einen wunderschönen guten Morgen.« Khalil lächelte tückisch. »Ich hoffe, die Nacht ist dir wohl bekommen.«
Said maß seinen Feind von oben bis unten. Es gab keinen Anlass zur Zurückhaltung mehr. Khalil würde ihm jedes Wort nur als Feigheit auslegen.
»Sag, teurer Khalil, ist es wahr, was man sich erzählt? Dass du in der Wüste im Kampf gegen eine Frau deine Männlichkeit eingebüßt hast?«
Für einen Augenblick gefror Khalil das Lächeln im Gesicht.
»Bindet ihn dort an, wo wir gestern den Christen heulen ließen!«
Said wehrte sich nicht. Zum einen fehlte ihm längst die Kraft dazu, zum anderen gönnte er dem Feind diese Genugtuung nicht.
»Wir gewähren dir einen kleinen Vorgeschmack darauf, was dich erwartet, sobald Philip gerichtet wurde«, zischte Khalil.
»Sag, hinkst du, weil Theas Schwerthieb dir die Hoden abtrennte?«
»Mahud! Das Eisen!«
Said zwang sich zu einem Lächeln. »Vermutlich bedeutet das Ja.«
»Wenn du tot bist, dann werde ich mir deine kleine Hure holen und ihr beweisen, was Männlichkeit ist!«
Said lachte, und diesmal war es nicht erzwungen, denn er hatte Khalils empfindliche Stelle getroffen. »Wirst du ihr dann sagen, dass die Beschneidung bei dir misslungen ist?«
Einer von Khalils Männern gluckste. Auf der Stelle fuhr der Schakal herum, zog seinen Dolch und stieß ihn dem Mann ins Herz.
Totenstille.
»Schafft ihn fort!«, schrie Khalil. »Mahud, wann ist das Eisen endlich heiß genug?«
Said wandte seinen Kopf zu der Feuerstelle und sah, wie Mahud ein Brandeisen zum Glühen brachte. Die Furcht drohte ihn erneut zu übermannen, doch sofort rief er sich die grauenhaften Bilder von Guntrams Ende ins Gedächtnis, und sein Hass auf Khalil löschte jede Angst, wärmte seinen Leib, schützte ihn vor Schwäche. Hass war ein mächtiger Verbündeter.
»Sieh es dir gut an!« Khalil wies auf das Brandeisen. »Damit du noch am Jüngsten Tag, wenn Allah die Toten aus den Gräbern ruft, deinen Meister kennst.«
Ein rot glühender, handtellergroßer Schakalkopf loderte vor Said auf, die Hitze des Metalls schlug ihm entgegen, er zuckte zurück. Mahud grinste und presste ihm das heiße Eisen auf die Brust. Said biss die Zähne zusammen, wollte nicht schreien, wollte es ertragen, doch der Schmerz war so entsetzlich, dass sein Körper ihm den Gehorsam verweigerte und sich aus der Tiefe seiner Kehle ein Schrei entrang, so laut, so gellend, dass er das Zischen des Brandeisens und Khalils Gelächter übertönte.
»Hat das etwa wehgetan?« Khalil lachte noch immer. Said hielt die Augen geschlossen, kämpfte gegen die Schmerzfunken an, die ihm fast die Besinnung raubten. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich ihnen hinzugeben, fortzugleiten in die Welt jenseits der Schmerzen. Doch er befürchtete, dann niemals wieder aufzuwachen. Er wollte standhalten, wollte kämpfen, so lange wie möglich. Für Sophia. Sophia braucht dich , hatte Guntram gesagt. Guntram hatte sein Leben für ihn geopfert. Obwohl er sein Nebenbuhler gewesen war.
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