Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
aus wie die Enkelin des Herzogs von Sachsen«, stellte er fest.
»Gefalle ich dir?« Thea drehte sich leichtfüßig im Kreis.
»Ich bin stolz auf meine schöne Schwester.« Philip deutete eine galante Verbeugung an.
»Dummbeutel«, brummelte Thea. Lena kicherte.
Die Galeere hatte inzwischen ihr Anlegemanöver beendet, und Ahmad ben Umar kam zu ihnen auf die Windsbraut .
Er sagte etwas, doch sein Arabisch war so schnell, dass Lena nur die Worte Murad Reïs , Haus und eingeladen verstand. Said antwortete mit einem ähnlichen Wortschwall. Sie erriet eher, was er meinte, als dass sie ihn verstand. Dabei hatte sie sich eingebildet, des Arabischen mittlerweile mächtig zu sein. Als nun auch noch Philip an der Unterhaltung teilnahm, verlor sie vollends den Glauben an ihre sprachlichen Fähigkeiten. Wenn Philip des Abends arabische Märchen erzählt hatte, war seine Aussprache langsam und genau gewesen, jetzt hörte sich seine Stimme wie die eines Fremden an. Ratternd schnell und kehlig, dabei von seltsamen Schnalzlauten unterbrochen. Ahmad ben Umar lachte, Said stimmte mit ein. Sie tauschten noch einige Sätze aus, aber Lena hatte den Versuch aufgegeben, den Sinn der Unterhaltung zu erfassen.
Schließlich wandte Philip sich zu ihr um.
»Ahmad hat uns ins Haus von Murad Reïs eingeladen. Said und ich werden mit ihm speisen, während ihr die Möglichkeit habt, den Hamam aufzusuchen.«
»Wer ist das?«, fragte Thea.
»Ein arabisches Badehaus.«
»Gibt es dort auch schöne Männer?« Thea lächelte anzüglich.
»Nein. Sollte sich ein Mann in den Frauenhamam verirren, würde er eine solche Ungehörigkeit mit dem Leben bezahlen.«
»Welch ein Land!«, seufzte Thea.
Während Godfryd und seine Männer sich um die Ergänzung der Vorräte kümmerten, hatte Ahmad ben Umar dafür gesorgt, dass zwei edle Pferde für Philip und Said bereitgestellt wurden. Auf Lena und Thea wartete eine Sänfte, die von vier schwarzen Sklaven getragen wurde.
»Murad Reïs scheint ein einflussreicher Mann zu sein«, bemerkte Said.
»Und ein reicher noch dazu«, ergänzte Philip. Lena sah die Vorfreude auf den Abend in seinen Augen blitzen.
»Du hast keine Furcht, es könnte eine Falle sein?«
»Nein. Das Gastrecht ist den Muslimen heilig. Wir haben nichts zu befürchten. Du kannst dich mit Thea ruhig den Sänftenträgern anvertrauen.«
»Obwohl sie so schwarz sind, sind sie recht ansehnlich«, stellte Thea fest.
»Ja, allerdings befürchte ich, dass du wenig Freude an ihnen haben wirst«, bemerkte Philip. »Ihnen fehlt der gleiche Körperteil wie meinem Wallach.«
Thea riss die Augen auf. »Welche Verschwendung!«
Angesichts der bedauernden Blicke, mit denen Thea die vier Sklaven musterte, konnte Lena ein vergnügtes Schmunzeln nicht unterdrücken. Dann stiegen die beiden Frauen in die Sänfte und nahmen auf den weichen Daunenkissen Platz.
»Welch ein Prunk!« Thea strich über den samtenen Stoff, mit dem die Sänfte ausgeschlagen war. »Wenn man das ganze Gelumpe gut verkauft, bringt es mindestens zwanzig Silberdenare.«
»Musst du alles so betrachten, als wäre es Diebesgut?« Lena schob sich ein zweites Kissen in den Rücken und lehnte sich zurück. Sie zog die Vorhänge der Sänfte nicht zu, damit sie die Sehenswürdigkeiten der Stadt bestaunen konnte. Neben ihnen schwangen sich Said und Philip in die Sättel der Pferde. Es waren zierliche Füchse, deren Körperbau Lenas Zelter ähnelte, aber sie waren nicht ruhig und gutmütig, sondern voller Feuer. Vermutlich waren dies die berühmten arabischen Vollblüter, von denen Philip ihr erzählt hatte und die auch sein Großvater in Alexandria züchtete.
Die zerlumpten Kinder hielten gebührenden Abstand und erinnerten Lena an die Bürger in Hamburg, die ihnen aus Furcht vor Schlägen ausgewichen waren.
Ein Ruck, und die Sänfte wurde angehoben.
»Ein Pferd wäre mir lieber«, murrte Thea.
»Murad Reïs erweist uns damit seine Ehre.«
»Ehre!« Thea spie das Wort förmlich aus. »Was gibt es Überflüssigeres als Ehre? Ohne diesen Zwang lebt es sich doch wesentlich angenehmer.«
»Hast du’s jemals mit einem ehrenwerten Leben versucht?«
»Einmal. Es war ein Reinfall.«
Erstaunt wandte Lena den Kopf. »Du hast tatsächlich einmal wie eine anständige Frau gelebt?«
»Was man so anständig nennt.« Thea schob den Vorhang noch weiter zurück und beobachtete die Menschen in den Gassen. Lena hätte gar zu gern nachgefragt, doch Theas Körperhaltung war eindeutig. Sie wollte nicht
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