Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
hatte.«
»Ein Mordanschlag!« Merets Finger krampften sich fester um Lenas Hand. »Davon hat er uns natürlich nichts geschrieben. Kind, was habt ihr alles erlebt?«
Merets Erschrecken war so echt wie ihre Herzlichkeit. Eine Frau, die ihre Gefühle offen zur Schau trug, ohne jede falsche Scham. Lena unterdrückte ein Lächeln, denn das wäre in diesem Augenblick nicht angemessen gewesen. Stattdessen kam sie Merets und Sophias Wunsch nach und erzählte von ihren Abenteuern mit Philip.
Sie saßen bis spät in die Nacht beisammen. Erst als vor der Tür Schritte und die Stimmen von Said und Mikhail zu hören waren, mahnte Meret, es sei wohl an der Zeit, zu Bett zu gehen. Lena und Sophia erhoben sich und wünschten Meret eine gute Nacht. Während Sophia in ihrem Zimmer verschwand, das gleich neben dem der Mutter lag, ging Lena über die Diele zu Philips Schlafgemach. Doch als sie die Tür öffnete, stellte sie fest, dass der Raum leer war. Ein Öllämpchen brannte in einer Wandhalterung. War Philip schon hier gewesen, oder hatte ein Diener das Licht entzündet?
Sie trat ans Fenster und blickte nach draußen. Von hier aus konnte sie die Reitbahn sehen, dahinter die Stallungen. Kleine Fackeln steckten am Rand der Einfriedung und spendeten ein schwaches Licht. Lena bemerkte eine Gestalt, die mitten auf der Reitbahn stand und plötzlich in die Knie brach. Philip!
Eilig verließ sie das Gemach, hastete die Stufen hinunter und lief durch den Garten zu ihm. Philip kniete noch immer am Boden, die Hände im Sand vergraben. Er schien ringsum nichts wahrzunehmen. Sie trat näher und legte ihm die Hände sanft von hinten auf die Schultern. Er rührte sich nicht. Sie sank neben ihm in die Knie.
Er hob den Kopf und sah sie an.
»Hier ist es geschehen, nicht wahr?«, fragte sie.
»Ja«, flüsterte er. »Hier hat die Erde sein Blut getrunken.«
Sie schloss ihn in die Arme, zog ihn an sich, als wäre er nicht ihr Gatte, sondern ein Kind, das Trost braucht. Für einen Moment dachte sie wieder an die beiden Kirschbäume im Garten ihres Vaters. An den Platz, an dem Philip zum ersten Mal Worte für das Unaussprechliche gefunden hatte. An dem er mit den Tränen gekämpft hatte, voller Verzweiflung, er, der sonst immer so stark und mutig war. Von jenem Augenblick an hatte sie gewusst, dass sie ihn liebte. Mehr als jeden anderen Menschen auf der Welt.
»Wie anrührend! Ist das schon wieder ein ägyptischer Brauch?«
Theas spöttische Stimme durchschnitt die Dunkelheit. Philip erstarrte in Lenas Armen, dann sprang er auf.
»Was treibst du hier um diese Stunde? Warum liegst du nicht längst im Bett?«
»Herr Graf, vergebt mir, ich wusste nicht, dass es hier bestimmte Stunden gibt, da die Gäste des Hauses im Bett liegen müssen.«
»Niemand hat dich eingeladen«, fuhr Philip sie an. »Also sei wenigstens so höflich, dich etwas mehr zurückzuhalten.«
»Warum?« Sie trat einen Schritt näher auf ihn zu. »Ich kenne dein Geheimnis inzwischen. Es war nicht schwer herauszufinden, die Dienstboten plaudern gern. Du hast also deinen eigenen Vater umgebracht. Wer hätte das gedacht …«
Philips Hände ballten sich zu Fäusten. Lena spürte, wie er zitterte. Begütigend legte sie ihm die Hand auf den Arm.
»Thea, du gehst besser«, mahnte sie.
»Ist es hier geschehen?« Thea lächelte Philip herausfordernd an, ohne auf Lenas Worte zu achten. »Ich habe es dir von Anfang an angemerkt, Philip. Du bist nicht besser als die Männer, die in den Diensten meines Vaters standen. Du stehst sogar noch unter ihnen.« Sie spie ihm die Worte geradezu vor die Füße.
Philip atmete tief durch, löste die Fäuste, straffte sich.
»Es war ein Unfall«, sagte er. »Und du solltest lieber den Mund halten. Immerhin hast du mich darum gebeten, deinen Vater zu töten und seinen Platz einzunehmen. Erinnerst du dich, Thea?«
»Ich wollte, dass du seinen Platz einnimmst. Du hast mich gefragt, ob du ihn töten sollst.«
»Was? Du verdrehst die Tatsachen, wie es dir gefällt.«
»Ich sage nur, wie es war. Immerhin weiß ich inzwischen, warum dir so rasch der Gedanke kam.« Sie lachte höhnisch.
Lena merkte, wie Philip erneut erstarrte.
»Verschwinde!«, stieß er hervor. »Und hör auf, dich weiterhin wie eine billige, eifersüchtige Hafendirne aufzuführen!«
»Du nennst mich eine billige Hafendirne?« Thea funkelte ihn böse an, und schneller, als er hätte handeln können, rammte sie ihm ein Knie in die Männlichkeit. Philip schrie auf und sank
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