Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
einen kurzen Blick auf die fremdartigen Blumen und Bäume erhascht, jetzt beschloss sie, sich etwas genauer umzusehen.
In der Mitte des Gartens stand eine Marmorbank, die von vier Bäumen umgeben war. Die roten Blüten an den Ästen erinnerten an Sterne. Nie zuvor hatte Lena ähnliche Pflanzen gesehen. Neugierig trat sie näher. Dabei fiel ihr Blick auf ein uraltes Mosaik im Boden. Es zeigte einen Mann mit dem Unterleib einer Seeschlange. In den Händen hielt er einen Dreizack, und ringsum waren die Früchte des Meeres abgebildet, Fische, Muscheln, Krebse und seltsame vielarmige Wesen.
»Gefällt es dir?«
Lena zuckte zusammen. Meret stand hinter ihr.
»Ich … ich habe dich gar nicht kommen hören«, stammelte sie. »Ja, es gefällt mir. Philip hat mir schon davon erzählt. Er sagte, dieses Mosaik sei viele hundert Jahre alt.«
»So ist es«, bestätigte Meret und ließ sich auf der Bank nieder. »Komm, setz dich zu mir!«
Lena folgte der Aufforderung. Die Bank fühlte sich angenehm kühl an.
»Was sind das für Bäume?«, fragte sie, kaum dass sie saß. »Ich habe noch nie solche Blüten gesehen.«
»Es sind Granatapfelblüten. Der Granatapfel ist ein wahres Gottesgeschenk. Er ist mehr als nur eine schmackhafte Frucht. Ihm wohnen Heilkräfte inne, die manches Leiden lindern. Zudem wird ihm nachgesagt, dass er Frauen fruchtbar macht. Und aus seiner Schale lassen sich die herrlichsten Farben herstellen, mit denen die Wolle gefärbt wird, aus der man Teppiche knüpft.«
Lena merkte auf. »Der Granatapfel macht die Frauen fruchtbar?«
»Ja, so heißt es. Hegst du diesbezüglich einen geheimen Kummer?«
Lena zögerte eine Weile, dann nickte sie. »Ich bin seit einem Jahr Philips Frau, aber ich habe noch kein Kind.«
»Und was sagt Philip dazu?«
»Dass ich mir unnötig Sorgen mache. Er ist ganz froh, dass ich noch nicht schwanger bin, denn das hätte unsere Reise stark behindert.« Sie schluckte. »Ich weiß nicht, ob er euch in seinen Briefen von Rudolf berichtet hat, unserem Ziehsohn. Seine Mutter hatte Furcht, ihm nicht die Liebe schenken zu können, die er braucht, und zog sich in ein Kloster zurück. Rudolf ist ein liebreizendes Kind, noch keine zwei Jahre alt, und hängt an mir, als wäre ich seine Mutter. Jedenfalls vor unserem Aufbruch. Ich hätte ihn so gern mitgenommen, damit er mich nicht vergisst, aber Philip meinte, eine solche Reise sei zu anstrengend für ihn.«
»Männer haben nur ein begrenztes Verständnis für die Liebe, mit der eine Frau an einem Kind hängt«, erklärte Meret. »Aber das ändert sich, wenn sie den eigenen Nachwuchs zum ersten Mal in den Armen halten.«
»Und wenn gerade das niemals geschieht?«
»Du fürchtest, kein Kind empfangen zu können?«
»Wir sind seit einem Jahr verheiratet. Ich hätte längst schwanger sein müssen, wenn alles seine Ordnung hätte. Aber Philip nimmt mich nicht ernst. Er meint, es werde sich von selbst ergeben, und wenn nicht, dann hätten wir immer noch Rudolf.«
Ein flüchtiges Lächeln huschte über Merets Züge. »Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Philip liebt das Leben, er ist kein Mensch, der den Sinn des Seins nur darin sieht, Nachkommen zu zeugen. Er will, dass du glücklich wirst.«
»Ich bin mit ihm sehr glücklich.«
»Und doch schwebt ein Schatten über dir. Nun, wir werden sehen, es gibt vielleicht Mittel und Wege …«
»Ja?« Lena schaute Meret erwartungsvoll an.
»Nicht alles am ersten Tag. Hast du schon gefrühstückt?«
»Nein. Ich war mir nicht sicher, wie es hier üblich ist. Auf Burg Birkenfeld isst morgens jeder, wenn er Hunger hat. Nur abends speisen alle gemeinsam.«
»Das ist hier ähnlich. Ich nehme an, Philip hat versäumt, dir alles zu erklären, nicht wahr?«
»Er hat mir viel gezeigt, allerdings weiß ich nicht, wie ich zur Küche finde.«
»Komm, ich zeige dir alles, was wir Frauen wissen müssen.«
Sie erhob sich und reichte Lena die Hand.
Die Küche lag am anderen Ende des Hauses, ganz in der Nähe der Tür, die zum Bad führte. Sie unterschied sich kaum von der Küche auf Burg Birkenfeld. Eine große Herdstelle, über der schwere Töpfe hingen, ein Ofen, aus dem es verführerisch duftete, und in der Mitte ein einfacher Holztisch mit zwei Bänken. Eine Magd war mit dem Kneten eines großen Batzens Teig beschäftigt. Neben dem Ofen lagen mehrere frische Fladenbrote, die mit Sesam bestreut waren.
Die Magd grüßte Meret freundlich. Sie sprach nicht schnell, und dennoch verstand Lena die Worte
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