Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
erzählt, um unser Arabisch zu verbessern. Verrätst du mir die Geschichte deines Teppichs?«
»Du wirst uns auslachen, es ist auch ein bisschen seltsam, aber die Frauen meiner Familie glauben fest daran.«
»Warum sollte ich dich auslachen?«, fragte Thea. »Ich mag dich, Sophia, und ich vertraue dir. Glaubst du, ich hätte dir sonst so viel von mir preisgegeben?«
»Nein, das hättest du gewiss nicht«, antwortete Sophia völlig arglos. »Also gut. Es heißt, in diesen Teppichen sei eine Karte verborgen, die zu einem mystischen Ort führe.«
»Zu einem mystischen Ort? Was gibt es dort? Fabelwesen? Schätze?«
Sophia schüttelte den Kopf. »Man sagt, in Djeseru-Sutech werde das gesamte Wissen der Menschheit gehütet.«
»Das klingt aufregend. Erzähl mir mehr davon!«
Und Sophia erzählte mehr …
22. Kapitel
D as Gespräch mit Thea hatte Sophia nach der Verzweiflung der letzten Tage gutgetan. Nie zuvor war sie einer Frau begegnet, die so offen war, so völlig ohne falsche Scham. Und dass sie ein guter Mensch war, hatte Sophia an dem zärtlichen Umgang mit der jungen Katze erkannt. Sophia hatte schon früh erfahren, dass Menschen sich vor ihresgleichen oft verstellten, Tieren gegenüber jedoch aufrichtig und glaubwürdig blieben. Vermutlich aus diesem Grund hatte sie ihre Bedenken, Thea in den alten Familienmythos einzuweihen, so rasch verworfen. Philip vertraute Thea, sonst hätte er sie nicht wie ein Familienmitglied in Mikhails Haus eingeführt. Selbst wenn Thea nicht mehr seine Geliebte war, so gab es doch noch eine enge Bindung zwischen den beiden, auch wenn Sophia noch nicht ganz durchschaute, worin diese bestand.
Viel mehr aber beschäftigte sie sich in Gedanken mit Theas Worten über die Leidenschaft des Körpers. Konnte es wirklich so sein, wie Thea behauptete? Dass eine Liebe vor Gott rein blieb, auch wenn sie ihre körperliche Erfüllung ohne den Segen der Ehe fand? Oder war die Liebe damit schon gesegnet? Weil Gott sie schenkte? Sophia musste unbedingt mit Said sprechen. Seit dem vergangenen Tag wich er ihr aus, ganz so, als wolle er ihrem Großvater seine Standhaftigkeit beweisen. Und fällt mir damit in den Rücken, dachte Sophia mit leichter Bitterkeit. Gewiss, Said war klug, er wusste, wann es zu reden galt und wann er schweigen sollte, aber ein wenig mehr Unterstützung hätte sie sich doch gewünscht.
Es war noch früh am Tag, nachdem Thea Sophias Zimmer verlassen hatte. Zu früh, um Said aufzusuchen? Oder gerade die richtige Zeit, um neugierigen Dienstboten aus dem Weg zu gehen, die alles der Mutter oder gar dem Großvater zutrugen?
Vom Hof her hörte sie Stimmen und blickte aus dem Fenster. Philip wies seine Waffenknechte an, die Reitbahn vorzubereiten. Anscheinend wollte er sich wieder der Ausbildung seines Knappen widmen. Diesmal hatte sich auch Saids Vater Harun eingefunden. Als Kind hatte Sophia oft zugesehen, wie Harun Philip und Said beibrachte, mit zwei Säbeln zugleich zu fechten. Sie hatte es genossen, vor allem wenn Said ihrem Bruder zeigte, dass er nicht unbesiegbar war. In den Tagen, als ihr Vater noch lebte, war Philip oft ein wenig zu großspurig und selbstherrlich gewesen. Den Begriff der Demut hatte er nur aus Büchern gekannt. Sophia schüttelte die unwillkommenen Gedanken ab, führten sie doch unweigerlich zu jenen schrecklichen Bildern, die ihren Vater das Leben und Philip fast die Seele gekostet hatten.
Sie beobachtete das Treiben auf der Reitbahn, sah, wie Harun dem jungen Bertram und Philips Waffenknechten zeigte, wie man eine schmale arabische Lanze in vollem Galopp auf ein Ziel schleuderte. Hörte den Beifall der Zuschauer. Harun war trotz seiner fünfzig Jahre noch immer ein wieselflinker Mann, der es an Geschicklichkeit mit jedem Jüngeren aufnahm.
Irgendwann bemerkte sie, dass sie in Wirklichkeit nach Said Ausschau hielt, aber sie entdeckte ihn nirgends. Vielleicht war es doch die rechte Zeit, ihn in seinem Gemach aufzusuchen? Bevor sie ihre Kammer verließ, schaffte sie den Knüpfrahmen aus der Reichweite des Kätzchens und stellte eine Schale mit Milch auf den Fußboden.
»Bleib schön brav!«, ermahnte sie die neue Hausgenossin und kraulte sie zum Abschied.
Said war nicht in seiner Stube anzutreffen. Sophia seufzte. Er konnte überall sein. Am besten nahm sie erst einmal ein Bad, bevor sie weiter nach ihm suchte. Das Wasser würde ihre trüben Gedanken fortspülen und ihr neue Kraft schenken. Sie besorgte sich rasch zwei Badetücher,
Weitere Kostenlose Bücher