Sündenjagd: Deadly Sins 1 - Roman (German Edition)
nichts weiter als ein Vorgeschmack, der ihr Verlangen, das sie auf ihrer Zunge, ihren Augen, ihren Trommelfellen spürte, weiterschürte. Ihre Sinne dürsteten nach dieser Energie, wollten sie aufsaugen.
Sie musste widerstehen. »Clamaverunt iusti et Dominus exaudivit et ex omnibus tribulationibus eorum liberavit eos!«
Der Zauber war mächtig und zog sie in seinen Bann. Sie kämpfte auf die einzige Weise dagegen an, die sie kannte. Vers für Vers fuhr sie mit den lateinischen Riten der Teufelsaustreibung fort, bis sie durch ein hörbares Knack und einen so feinen, leisen Windhauch, den nur sie hören könnte, wusste, dass der restliche Zauber sich verflüchtigt hatte.
Das dunkle Verlangen hörte augenblicklich auf, und sie konnte sich wieder auf ihre unmittelbare Aufgabe konzentrieren.
Wo steckten Rafe und Anthony?
Moira bahnte sich vorsichtig einen Weg durch die Trümmer im Haus, überprüfte jedes Zimmer zweimal und fand niemanden, weder tot noch lebendig. Sie war abwechselnd erleichtert und entsetzt.
Als sie zum Wohnzimmer zurückkehrte, sah sie eine Nachricht auf der Rückseite der Eingangstür. Eine Nachricht, die nur von Fiona stammen konnte.
Auge um Auge, deins für meins.
Die Arca und der Verräter für deinen Bruder.
Zwei für einen, denn er hat mir Ärger bereitet.
Ich bin mehr als fair.
Je länger du brauchst, umso mehr wird er leiden.
Draußen im Auto stieß Lily einen Schrei aus.
ACHTUNDZWANZIG
Moira stürzte aus dem Haus, ihr Herz raste vor Angst, Fiona könnte nicht nur Rafe, sondern auch Lily entführt haben, und sie wäre daran schuld, war sie doch für beide verantwortlich gewesen.
Anthony stand auf der Veranda. »Was ist passiert?«, fragte er und schaute über ihre Schulter.
Vielleicht lag es an seinem Ton oder ihrem Schuldgefühl oder ihrer Wut – eher aber an ihrer Angst –, dass sie ihn schubste. Er bewegte sich kaum.
»Hast du ihn etwa allein gelassen? Wie konntest du nur? Jetzt ist er in den Fängen von Fionas Hexenzirkel!«
Anthony eilte mit gezücktem Dolch an ihr vorbei ins Haus, wenngleich dieser ihm nichts nützen würde. Moira hob zuerst ihre Hand und gab Lily so zu verstehen, dass Anthony ein Freund war. Dann legte sie beide Hände auf das Geländer. Sie atmete die frische, feuchte Morgenluft ein, die sie an ihre geliebte irische Heimat erinnerte, in die sie wohl nie wieder zurückkehren würde.
Rafe. Sie und er waren Seelenverwandte. Beide ein bisschen verloren, beide viel allein. Mit ihm konnte Moira endlich über alles reden … Und nun hatte Fiona ihn wegen ihr entführt, als wäre er Teil eines Spiels.
Schachmatt.
Sie durfte Fiona nicht gewinnen lassen! Sie würde ihr Lily nicht ausliefern, sondern sich im Tausch gegen Rafe anbieten. Damit stünde ihre Mutter unter Zugzwang, denn diesen Handel konnte sie schlecht ablehnen. Lily war ein unschuldiges Mädchen. Zudem auch noch verletzt. Sie konnte noch nicht einmal
laufen, wenn sie musste. Und würde sterben, sollten Fionas Pläne aufgehen.
Außer sich vor Zorn trat Anthony aus dem Haus. »Wo soll der Tausch stattfinden?«
Moira wirbelte herum. »Was? Du denkst ja wohl nicht ernsthaft daran, ihnen Lily zu geben?«
Er warf ihr einen finsteren Blick zu. »Natürlich nicht, aber Fiona hat keine Anweisungen erteilt, wie das Ganze vonstattengehen soll.«
»Das wird sie, und zwar nach ihren Bedingungen! Viel Zeit, um uns vorzubereiten, wird sie uns nicht lassen.« Sie sah Anthony an, während er den Dolch in die Scheide zurücksteckte. »Sieht wohl so aus, als wären es nur wir beide gegen sie. Mehr nicht!«
»Und Pater Philip. Ich habe gestern Nacht mit Bischof Aretino gesprochen. Er ist auf dem Weg hierher und schon vor dem Morgengrauen aufgebrochen – allein.«
Angst stieg in Moira hoch und schnürte ihr die Kehle zu. »Nein, nein, das geht nicht, du musst ihn aufhalten! Schick ihn woandershin! Ruf Rico an und verlang, dass er ihn abfängt, noch bevor er hier ankommt. Du weißt doch, wie gefährlich es für ihn außerhalb der Mauern der Mission ist!«
Anthony nickte. »Ja, er ist schon älter und körperlich auch nicht …«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nein! Nicht deswegen, wegen mir!«
Anthony starrte sie an. Moira lief auf Skyes Veranda auf und ab. »Fiona hat ihn verflucht«, erklärte sie.
»Der Fluch wird ihm nichts anhaben, dafür ist sein Glaube zu stark.«
»Das ist egal.«
»Ist es nicht! Moira, trotz all unserer Meinungsverschiedenheiten weiß ich, dass du dich um Pater Philip
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