Sündenjagd: Deadly Sins 1 - Roman (German Edition)
musste.
NEUNZEHN
Es gibt zwei Arten von Schicksalsschlägen:
das Unglück, das uns selbst widerfährt,
und das Glück, das anderen zuteilwird.
AMBROSE BIERCE
Geduld hatte nie zu den Stärken ihrer Mutter gezählt.
Serena versuchte, sich durch Fionas Auf-und-ab-Gehen in der Bibliothek nicht ablenken zu lassen, doch fing es sie zu stören an, als ihre Mutter sie verärgert fragte: »Ist er fertig?«
Serena runzelte die Stirn, während sie die letzte Zutat in die Glasschale gab. Sie befand sich an einem heiklen Punkt des Zaubers; sie musste ihren Geist ganz auf ihn konzentrieren, da er im gleichen Maß auf dem Willen wie auf seiner Erschaffung beruhte. Fiona beherrschte zwar die äußeren Kräfte, doch war es die stille Konzentration auf einen Zauber, die wahre Überlegenheit bedeutete.
Einige der Hexen bevorzugten Holz oder Stein, Serena aber mochte die Leitfähigkeit einer perfekt geformten, durchsichtigen, reinen Glasschale.
Ihre Besonderheiten, so nannte Fiona Serenas Fähigkeiten, hatten ihr die Achtung und Ehrfurcht vieler verschafft. Es war ihr Zauber, den Fiona einsetzte, um Macht über die anderen Hexenzirkel zu erlangen. Niemand in ihrer Welt bezweifelte Serenas Können. Sie beherrschte ihr Handwerk durch und durch. Sie hatte die Zauberei auf die nächsthöhere Stufe und noch weit darüber hinaus gehoben – eine Leistung, die selbst ihre Mutter gelegentlich bewunderte.
Aber nicht, dass Fiona irgendjemandem gegenüber zugegeben
hätte, dass Serena genauso mächtig war wie sie … oder noch mächtiger.
Ref. 4 Wenn du wüsstet, was ich alles tun könnte, Mutter!
»Serena!«, fauchte Fiona sie an. »Antworte mir!«
Seit Fiona Raphael Cooper mit ihrem Dritten Auge nicht hatte ausfindig machen können, war ihre Verärgerung stetig gewachsen. Serena vermutete, dass es ihr nicht passte, sie um Hilfe bitten zu müssen. Denn wenn es eins gab, was Fiona ganz und gar nicht mochte, dann war es, Kontrolle abzugeben, noch nicht einmal an ihre Tochter.
Ihre Mutter hatte sich selbst in Trance versetzt und ihr übernatürliches »Drittes Auge« losgeschickt – eine Methode, die fast immer funktionierte. Sie spürte Rafe in einer verlassenen Hütte nahe den Klippen auf. Als sie jedoch zwei Männer zu ihm schickte, um ihn gefangen zu nehmen, war er verschwunden. Sie war sich so sicher gewesen, dass sie die Information vor ihrer schnellen Entscheidung noch nicht einmal durch Serena hatte prüfen lassen.
Eine weitere überstürzte Tat. Neben der, Moira an diesem Morgen im Gefängnis aufzusuchen, um sie zu töten, was besonders unklug gewesen war. Jetzt wusste Moira und wahrscheinlich auch Anthony Zaccardi, dass Fiona in der Nähe war. Unwissenheit hatte den Hexenzirkel unter anderem geschützt – der Orden St. Michael hatte keine Kenntnis über ihren momentanen Aufenthaltsort gehabt. Doch nun war es nur noch eine Frage der Zeit, wann Horden von Hexenjägern in die Stadt einfallen und ihr Vorhaben behindern würden. Fiona wollte Santa Louisa nicht verlassen und sich nach einem neuen Revier umsehen – war dieser Ort doch aus vielen Gründen perfekt für ihre Absichten geeignet.
Nachdem sie Rafe in der verlassenen Hütte nicht hatte fassen können, schickte sie ihr Drittes Auge wieder aus, doch schien er gelernt zu haben, wie er seine Aura davor schützen konnte, von
ihrem übernatürlichen Auge entdeckt zu werden. Eine schwierige, fast unmögliche Aufgabe. Ob ihre Mutter sich dessen bewusst war oder nicht, wusste Serena nicht, doch je verbissener Fiona versuchte, ihn zu finden – und es ihr nicht gelang –, desto verärgerter wurde sie. Inzwischen stand sie kurz davor zu explodieren.
»Die Zutaten müssen sich setzen.« Serena legte einen durchsichtigen Kristall in die Schale und sagte einen Zauberspruch auf, der Prziel, den Dämon verlorener Feinde, heraufbeschwor, und schloss ihn in den Kristall ein. Wenn er rot zu leuchten begann, konnte Prziel auf die Suche nach mehr oder weniger jedem geschickt werden, vorrangig wurde er jedoch eingesetzt, um Feinde ausfindig zu machen.
Fiona tigerte auf und ab. »Wenn ich Raphael Cooper in die Finger bekomme, werde ich ihm beibringen, was wahrer Schmerz ist! Wenn er glaubt, er könnte sich mit dem, was ich brauche, auf und davon machen …«
»Er weiß nicht, was sich in seinem Kopf befindet«, unterbrach Serena sie.
Fiona drehte sich blitzschnell um und feuerte eine elektrische Ladung auf ihre Tochter ab, doch Serena, die an die Launen ihrer Mutter
Weitere Kostenlose Bücher