Sündenkreis: Thriller (German Edition)
Eigentlich muss ich morgen wieder früh raus. Aber ich schlafe seit vorgestern eh nicht besonders gut.«
»Gebongt. Ich bestelle uns gleich einen Tisch bei Stefano .«
Tom Fränkel stieß die Tür zu seinem Büro mit dem Fuß auf und versuchte gleichzeitig, in die Ärmel seiner Lammfelljacke zu schlüpfen. Sein Gesicht war noch immer gerötet. Lara sah Jo noch einmal zwinkern, ehe er sich schnell abwandte und im Nachbarraum verschwand. Der Redaktionsleiter marschierte hinter ihr vorbei und verschwand ohne ein Wort nach draußen.
Und auch der neugierige Praktikant war wie von Zauberhand verschwunden. Lara rief die Abwesenheitsliste auf. Tom hatte sich für den gesamten Nachmittag ausgetragen. Sie würde ungestört arbeiten können.
»Was würde man eigentlich für meine Fotos von der Modenschau bekommen, wenn man sie einer Agentur anbietet?« Lara studierte die Weinkarte und entschied sich für einen trockenen Dornfelder.
»Etwas über tausend Euro.« Jo winkte dem Kellner.
»Mehr nicht?«
»Das ist schon eine ganze Menge. Wir sind hier nicht in den USA . In Deutschland gelten offiziell die Tarifübersichten des Deutschen Journalistenverbandes. In der Praxis wird allerdings ein großes Geheimnis darum gemacht. Der Preis richtet sich nach Auflagenhöhe, Seite und Größe des Bildes.«
»Und ich habe gedacht, wir könnten vielleicht für das Geld in die Karibik fliegen.« Lara fiel auf, was sie gesagt hatte, und ihr wurde heiß.
»Du und ich in der Karibik, hm? Wann soll es denn losgehen?« Jo lächelte zu seinen Worten. Im selben Moment erschien der Kellner, und Lara war froh, dass sie nicht antworten musste. Die Bilder in ihrem Kopf sorgten dafür, dass sich ihr Gesicht rötete. Sie nahm einen Schluck Wein und wälzte ihn im Mund herum. Jo bestellte das Essen. Laras Versprecher schien ihn eher zu amüsieren, denn zu beunruhigen. Aber vielleicht täuschte er die Gelassenheit auch nur vor. Lara schluckte und überlegte, wie sie unverfänglich vom Thema Urlaub wegkommen konnte. »Ich habe Ralf Schädlich angerufen.«
»Kripo-Schädlich?«
»Genau den. Ich wollte ihn wegen des Mordfalles an dem Model aushorchen, aber er ist nicht mit der Sprache rausgerückt. Wahrscheinlich haben die alle von ihren Vorgesetzten einen Maulkorb bekommen. Obwohl …«, Lara strich sich mit den Fingerspitzen über die Stirn, »gestern waren sie noch bereit, inoffiziell Fotos gegen Informationen zu tauschen.« Sie hatte das Gefühl, Jo sähe ihr länger als üblich in die Augen.
»Du könntest Schädlich erzählen, dass du von der Schrift auf der Stirn weißt. Dann rückt er vielleicht weitere Informationen heraus. Geh doch mit ihm einen Kaffee trinken und dann plaudert ihr ein bisschen.«
»Ich will nicht mehr mit ihm in irgendwelche Restaurants gehen, Jo. Mir ist das unangenehm. Der denkt doch, ich will was von ihm.«
»Nachmittags auf einen Kaffee? Das ist doch unverfänglich. Aber gut. Dann müssen wir sehen, wie wir anders an Informationen kommen. Du betreust den Fall doch weiter?« Er legte ihr die Hand auf den Arm, und Lara wurde es noch ein wenig heißer.
»Klar. Tom hat eine ganze Artikelserie geplant. Ich habe mir für Montag schon einen Termin in der Hochschule besorgt.«
»Dann behalten wir das mit Lucifer erst einmal für uns. Anscheinend ist keinem der anderen Gäste dort die Schrift auf der Stirn aufgefallen. Die Bullen werden mit Sicherheit nicht damit rausrücken, weil es Täterwissen ist. Du könntest Mark anrufen. Vielleicht kennt er vergleichbare Fälle oder weiß, was so etwas bedeuten könnte.« Mark Grünthal war Psychologe und Laras Freund. Vor ein paar Jahren hatte er auch als Fallanalytiker gearbeitet.
»Mache ich. Am Wochenende.« Der Kellner erschien. Lara betrachtete die dampfenden Spaghetti. Sie würde mörderisch nach Knoblauch riechen, aber das war ihr egal. Außentermine hatte sie keine, und die Kollegen in der Redaktion würden damit leben können.
»Hast du noch was zu dieser Nina herausbekommen?« Jo spießte einen Mini-Tintenfisch auf. Die winzigen Fangarme hingen von der Gabel.
»Nichts. Der Vorname allein nützt mir nichts. Die Worte, an die ich mich erinnern kann, sind lateinisch und bedeuten, soweit ich weiß, sinngemäß ›Sohn‹ und ›Wörter‹. In der Verknüpfung mit ›Nina‹ fand sich auch nichts, was einen Sinn ergab.«
»Dann bleibt dir nichts anderes übrig, als abzuwarten. Vielleicht siehst du noch einmal etwas.«
»Lieber nicht.« Lara sah zu, wie Jo Rotwein
Weitere Kostenlose Bücher