Sündenkreis: Thriller (German Edition)
wie im Traum vorkam. Das Kellergewölbe, dessen Wände von den flackernden Kerzen nur unzureichend erleuchtet wurden, die weihrauchgeschwängerte Luft, das rhythmische Trommeln, die tanzenden Gestalten in ihren roten Gewändern, das alles nahmen sie nur schemenhaft wahr. Ihr Wissen um das, was in der Weihefeier geschah, speiste sich aus dem, was ihnen danach geschildert wurde. Vielleicht blieb ihnen ein diffuses Gefühl körperlichen Unbehagens, aber auch das verschwand mit der Zeit, und nach ein paar Wochen waren sie stolz darauf, reif für die Weihefeier gewesen zu sein. Nach der Zeremonie, die oft bis zum Morgen dauerte, wurden die Mädchen für ein paar Tage gepflegt. Deshalb fanden die Weihen nie in der Schulzeit, sondern immer zu Beginn der Ferien statt. Starke Schmerzmittel dienten dazu, sie ruhigzustellen, bis kleine Schleimhautwunden sich geschlossen hatten, Tranquilizer sorgten für einen angenehmen Dämmerzustand. Die Eltern wussten, dass die Elevinnen nach der anstrengenden Zeremonie ein paar Tage Ruhe brauchten. Sie waren stolz darauf, dass auch ihr Kind nunmehr als vollwertiges Mitglied in die Gemeinde aufgenommen worden war und hinterfragten den Ablauf der Weihe nicht. Natürlich wussten die Auserwählten, die an der eigentlichen Weihe teilnahmen, was dort tatsächlich geschah, aber der Prinzipal suchte sie stets sorgfältig aus und achtete darauf, dass keine Väter von Töchtern unter ihnen waren.
Romain Holländer ließ sich für einen Moment vom Züngeln des Lichts betören. Die Flämmchen schienen im Takt der Djemben zu vibrieren. Dann schielte er auf seine Uhr. Alles war exakt getimt. Genau jetzt würden die beiden Betreuerinnen Sophie den Met zu trinken geben. Der würde dem Mädchen die Aufregung nehmen und sie ein wenig schläfrig machen. Den Rest erledigten sie dann hier unten, wenn die Kleine bei ihnen war.
Sophie war ein schüchternes Mädchen. Er war sich ziemlich sicher, dass sie ihr Interesse für Jungs noch nicht entdeckt hatte und rein in die Zeremonie kam. Ihm persönlich war es egal, ob die Elevinnen als Jungfrauen in die Weihe gingen, der Prinzipal selbst beteiligte sich nie an den nachfolgenden Zeremonien, aber für die Gemeinschaft war es von fundamentalem Interesse.
Den benachbarten Zeremonienraum hatte er persönlich hergerichtet und präpariert. Dies war seit Anbeginn sein Privileg. Die drei Männer, die die Weihung vornehmen würden, standen auch schon fest, obwohl sie noch nichts davon ahnten.
Die Djemben dröhnten. Unverdrossen tanzten die Gemeindemitglieder. Ihre roten Gewänder schwangen vor und zurück, von links nach rechts.
Romain Holländer schob seine linke Hand in den Ärmel seines weißen Umhangs und drückte auf eine winzige Fernbedienung. Ein rotes Lämpchen würde nun im Vorbereitungsraum aufleuchten und den beiden Betreuerinnen signalisieren, dass es an der Zeit war, die Kleine herunterzubringen.
Eine Minute später gab er den Trommlern ein Zeichen und hob die Arme. Im gleichen Augenblick öffnete sich die eisenbeschlagene Tür, und Sophie wurde unter den Rundbogen geschoben. Sie stand einige Sekunden unbeweglich da. In ihrem hellblauen Gewand, die dunklen Haare offen, glich sie einer Marienfigur. Dann schwankte das Mädchen, wurde aber sofort von zwei jungen Männern aufgefangen, die sich links und rechts der Tür postiert hatten. Sie führten sie herein und geleiteten sie nach vorn, während sich die Tür hinter ihr schloss. Die Trommeln setzten wieder ein, während Sophie auf einem breiten Lehnstuhl mit Löwenfüßen Platz nahm. An den Unterseiten der Stuhlbeine waren Rollen angeschraubt. Die Elevin würde schon bald nicht mehr in der Lage sein aufzustehen, und so ließ sie sich leichter transportieren.
Jetzt war es Zeit für die zweite Labung. Romain Holländer griff nach der zweiten Karaffe und tat so, als nehme er einen großen Schluck. Dann schritt er zu Sophie, reichte ihr den Krug und bedeutete ihr zu trinken, wobei er darauf achtete, dass sie den süßen Wein auch wirklich hinunterschluckte. Das Betäubungsmittel war stark dosiert, und in wenigen Minuten würde jeder, der daraus getrunken hatte, für einige Stunden in tiefe Bewusstlosigkeit fallen.
Nach der Elevin kamen die Gemeindemitglieder an die Reihe. Auch sie hatten ihre Schuldigkeit getan. Nicht lange, und sie würden ermattet zu Boden sinken und schlafen. Bis auf drei von ihnen. Drei Männer waren dazu vorgesehen, die Weihe vorzunehmen, und ihr Zeichen war, dass sie nichts aus der
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