Sündhafte Küsse (German Edition)
Kind meines Hausmädchens Jane“, begann Lady Cathérine leise. „Jane MacGomery. Ihre Eltern ... deine Großeltern ... kamen aus Schottland. Jane starb bei deiner Geburt und ließ dich zurück. Niemand wusste, wer dein Vater war, und Verwandte hatte Jane keine mehr.“ Lady Cathérine erzählte zum ersten Mal in ihrem Leben die wahre Geschichte über Julian, da sie dieses Geheimnis unmöglich mit ins Grab nehmen konnte. „Ich war so traurig und verzweifelt, weil es mein eigenes Kind nicht schaffte, dass ich euch einfach vertauschte. Du brauchtest eine Mutter und ich einen Sohn. Alle dachten, es wäre Janes Baby, das sie zu ihr in den Sarg legten.“
Eine Weile saß Julian stillschweigend am Rand des Bettes und starrte vor sich hin.
„Jul?“ Aidan hielt es nicht länger aus. Er kam auf seine Seite, um ihm vorsichtig einen Arm um die Schultern zu legen, aber Julian stieß ihn plötzlich weg. „Du hast es die ganze Zeit gewusst und mir nichts gesagt!“, fuhr er Aidan an.
„Ich hatte es verdrängt. Für mich warst du immer mein richtiger Bruder!“
„Er musste es mir zudem versprechen, Julian. Aidan war der einzige Komplize, den ich hatte“, ging Lady Cathérine dazwischen. „Stell dir nur vor, dein Vater hätte etwas erfahren oder einer der Angestellten.“
„Für Vater war ich doch sowieso immer nur Luft!“ Wie ein Häuflein Elend sackte Julian auf der Matratze zusammen und schien in Gedanken versunken. Aber plötzlich sah er hoch, um Aidan tief in die Augen zu blicken. „Wir sind keine Brüder“, flüsterte er. „Hörst du, Aidan? Wir sind keine richtigen Brüder.“ Dann stand er auf und verließ den Raum.
„Er hat es ganz gut aufgenommen, oder?“ Lady Cathérine starrte ihren Ältesten mit hochgezogenen Brauen an.
„Ja, ich denke schon“, antwortete Aidan. „Aber ich werde mal besser nach ihm sehen.“
Seine Mutter legte ihre Hand aufs Herz und blickte Aidan hoffnungsvoll an. „Tu das, mein Sohn. Du hattest schon immer den besseren Zugang zu ihm.“
Julian lag mit hinter dem Kopf verschränkten Armen in seinem Bett und starrte ins Nirgendwo, als sich Aidan in sein Zimmer schlich. „Komm rein“, murmelte der Jüngere, ohne zur Tür zu blicken.
Aidans Herz raste. Ich weiß, was er nun denkt. Julian wird jetzt sicher erleichtert sein, dass wir nicht miteinander verwandt sind, andererseits ist er bestimmt enttäuscht, weil er ein Leben gelebt hat, das nicht für ihn vorgesehen war. Aber wenn ihn die Shevingtons nicht aufgenommen und wie einen eigenen Sohn großgezogen hätten, wäre Julian ins Armenhaus gekommen.
„Hey“, sagte Aidan und hockte sich neben seinem Bruder, der plötzlich nicht mehr sein Bruder war, auf die Matratze. „Wie fühlst du dich?“
Abrupt setzte sich Julian auf und ergriff Aidans Hand. „Wir sind nicht miteinander verwandt, Aidan. Weißt du, was das bedeutet?“
Hab ich’s mir doch gedacht! Aidan grinste innerlich. „Halt, mal langsam, Strohkopf!“ Liebevoll verwuschelte er Julian das Haar. „Diese Neuigkeit hat dich bestimmt ganz schön aus der Bahn geworfen.“
Plötzlich wirkte Julians Blick verklärt, als er sagte: „Du wirst bald eine Nachricht bekommen, die eine erschütternde Wahrheit ans Licht bringt ... Darius hatte recht ... Und er sprach auch davon, dass die Liebe mein gesamtes Leben verändern wird.“ Abrupt drehte er den Kopf. Hoffnung leuchtete in Julians Augen.
„Was redest du da für wirres Zeug, Kleiner?“ Aidan hatte keine Ahnung, wovon der Jüngere sprach, aber dass Darius in Julians Gedankengängen vorkam, gefiel ihm überhaupt nicht.
„Wir sind nicht blutsverwandt! Verstehst du nicht?!“ Julian rückte näher an Aidan, dessen Herz wie wild pulsierte.
„Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass unsere Liebe verboten ist, Jul. Sie ist schmutzig und krank.“
„So, ist sie das? Auf einmal!“ Mit Tränen in den Augen kroch Julian vom Bett. „Wieso willst du mich nicht?“, murmelte er vor sich hin. „Wenn wir es geheim hielten, würden wir beide glücklich sein.“
Ach, Jul, du stellst dir das alles so einfach vor! Aidan schnürte es das Herz ein, den jungen Mann so traurig zu sehen.
„Hey, wo willst du hin?“ Aidan sprang auf, um ihn am Arm festzuhalten. „Du hast doch nicht etwa vor, wieder zu diesem Zigeuner zu gehen?“ Grimmig blickte er von oben auf Julian herab.
„Lass mich los!“, schrie dieser plötzlich. „Darius stellt sich wenigstens nicht so an wie du, obwohl ihm viel Schlimmeres widerfahren
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