Sündige Gier
Überfall gemacht wurden. Das Hotel bewahrt die Videos vier Tage auf, bevor sie überspielt werden, weiter zurück können wir also nicht gehen.
Unsere Techniker sehen die Bänder Bild für Bild durch, um festzustellen, ob dieser Mann irgendwo ein zweites Mal auftaucht. Falls ja, wandert er damit direkt an die Spitze der Liste von Verdächtigen. Denn um diese Aktion durchzuziehen, musste er wissen, wo er sich postieren muss und ob er es schaffen würde, aus dem Treppenhaus zu kommen und aus dem Gebäude zu flüchten, bevor alles abgeriegelt wird.«
»Er musste die Bude ausbaldowern.«
Julies kläglicher Versuch in Ganovenslang brachte Roberta Kimball zum Lachen, darum fühlte sich Julie ein bisschen überfahren, als sie unvermittelt gefragt wurde: »Was halten Sie von Creighton Wheeler?«
»Ich glaube, ich habe deutlich genug gemacht, wie wenig ich von ihm halte.«
»Sie haben Andeutungen gemacht, dass Sie der Meinung sind, er könnte hinter diesem Raubüberfall und Paul Wheelers Tod stecken.«
Julie sagte nichts.
»Ehrlich gesagt waren Ihre Andeutungen so dezent wie ein ausgewachsener Tornado. Sanford und ich müssten ausgesprochen verbohrt sein, wenn wir so einem Hinweis nicht nachgingen.«
»Ich halte Sie bestimmt nicht für verbohrt.«
Die Polizistin legte den Briefbeschwerer auf den Schreibtisch zurück, verschränkte die Arme vor dem dicken Bauch und sah Julie scharf an. »Wie gut kennen Sie Creighton?«
»Meine Meinung beruht vor allem auf dem, was Paul mir über ihn erzählt hat. Aber wenn ich persönlich mit ihm zu tun hatte, sah ich alles bestätigt, was Paul gesagt hatte.«
»Wann hatten Sie denn persönlich mit ihm zu tun?«
»So selten wie möglich, das dürfen Sie mir glauben. Aber Paul war ein sehr sozialer Mensch. Zusammenkünfte mit seiner Familie waren ihm heilig. An Feiertagen. Geburtstagen. Und so weiter.«
»Halten Sie Creighton für fähig, einen Mord zu begehen?«
Julie traute ihm das durchaus zu, doch das konnte sie nicht mit Sicherheit sagen, nachdem ihre Einschätzung allein auf ihrem intensiven Misstrauen und ihrer tiefen Abneigung gegen ihn beruhte. Paul hatte angedeutet, dass sich unter dem strahlenden Aussehen seines Neffen eine dunkle Seite verbarg. Ihre Intuition warnte sie vor Creightons wahrem Wesen, aber diese Intuition war subjektiv und täuschte möglicherweise. Also wich sie der Frage aus und gab sie zurück. »Was meinen Sie denn, Ms Kimball?«
»Ganz ehrlich? Ganz allgemein glaube ich, dass jeder von uns fähig ist, einen Mord zu begehen. Was Creighton Wheeler im Besonderen angeht, halte ich ihn für einen neunmalklugen, aufgeblasenen reichen Affen, dem man dringend die Löffel langziehen muss.« Kimball legte die Stirn in Falten. »Aber dass er seinen Onkel aus dem Weg geräumt haben soll, weil er nach dessen Ableben eine Wagenladung Geld erbt, erscheint mir ein bisschen zu platt.«
»Sie müssten Creighton kennen. Er liebt Insider-Scherze.«
»Insider-Scherze?«
»Er macht sich gern über andere lustig.«
»Ein Beispiel?«
»Hmm. Mal sehen. Okay, das perfekte Beispiel. Vor ein paar Monaten veranstaltete ich eine Vernissage für einen jungen Künstler. Mit Champagner und Kaviar. Sie können es sich vorstellen.«
»Die Männer im seidenen Rollkragenpullover und alle Anwesenden in Schwarz.«
Julie musste lächeln, denn die Polizistin hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. »Während der Veranstaltung fiel mir auf, dass sich Creighton und mehrere meiner Gäste vor einem Bild versammelt hatten. Ich ging zu ihnen, weil ich wissen wollte, was sie so faszinierte.«
Julies Blut begann immer noch zu kochen, wenn sie an den Vorfall dachte und an Creightons Arroganz. »Er hatte ein Gemälde eingeschmuggelt und es heimlich an die Wand gehängt. Ein grauenvolles Stillleben, das er auf dem Flohmarkt aufgetrieben hatte. Er hatte die Signatur des ausgestellten Künstlers darauf kopiert. Dadurch machte er den Künstler, meine Galerie und meine Kunden lächerlich, die er als leicht verführbare Kunstsnobs vorführen wollte.«
»Wie haben Sie reagiert?«
»Ich habe die Gäste von ihm weggelockt. Und das Bild abgehängt. Die Sache war schnell wieder vergessen. Der Künstler erfuhr nichts davon. Aber solche grausamen Streiche spielt Creighton gern. Er stellt gern andere Menschen bloß, und niemand ist vor seinen Scherzen sicher.«
»Er stößt die Menschen vor den Kopf. Das ist gemein, aber kein Verbrechen.«
So einfach wollte Julie sich nicht abspeisen lassen. »Er
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