Sündige Gier
Neffen an die Hose gehen wollte, während sich ihr Liebhaber in Hörweite befand, kaum Skrupel hätte, nicht einmal zwei Wochen nach der Beisetzung ihres Liebsten einen Fremden in einer Flugzeugtoilette zu besteigen.
In Dereks Kopf kreisten immer noch Creightons Worte.
Dabei würde sie sich von einem Hund besteigen lassen, wenn sie überzeugt wäre, es könnte ihr nützen.
Dreimal wählte Ariel Williams die Nummer der Hotline, und dreimal legte sie sofort wieder auf. Sie ließ den Kopf gegen das Lochblech des Münztelefons sinken und wischte sich die feuchten Hände an den Jeansbeinen ab.
Sie wollte das nicht. Sie wollte nichts mit alldem zu tun haben. Selbst wenn sie mitten im Gewitter losgefahren war, um ein Münztelefon zu suchen, damit der Anruf nicht zu ihrem Anschluss zurückverfolgt werden konnte, hatte sie Angst, dass irgendein irrwitziges Hightech-System mit Satelliten oder weiß Gott was die Polizei geradewegs zu ihrer Haustür führen würde.
Ein Schock reichte für diesen Abend. Und sie hatte sich mehr als genug erschreckt, als nur wenige Stunden nach Billys Keuchanruf sein Bild auf ihrem Fernsehschirm erschienen war. Sie hatte den Löffel in den Eiscremebecher fallen lassen und im ersten Moment ihren Augen nicht getraut. War er inzwischen ein so fester Bestandteil ihres Lebens, dass sie ihn jetzt schon in jedem Schatten und hinter jedem Baum sah?
Das Foto war verschwommen und der Aufnahmewinkel zu steil. Er hatte irgendetwas Komisches mit seinen Haaren angestellt. Sein sonst so auffälliges Outfit hatte er gegen langweilige Sachen getauscht. Trotzdem hatte sie nicht den geringsten Zweifel, dass dies Billy Duke war. Die Polizei suchte ihn im Zusammenhang mit einem Raubüberfall und einer Schießerei mit Todesfolge und bat jeden, der etwas wusste, um Mithilfe.
Sie hatte Carol angerufen und ihr alles erzählt. Carol hatte sie bedrängt, nichts zu unternehmen, wenigstens nicht, bevor sie eine Nacht darüber geschlafen und sich in aller Ruhe überlegt hatte, was es für Folgen haben könnte, wenn sie sich einmischte. »Sollen sich doch andere mit ihm herumschlagen.«
Sie hatte Ariel an die zusätzlichen Schlösser an ihrem Haus erinnert, und das hatte Ariels Panik halbwegs beschwichtigt. Aber nicht ihr Gewissen. Es nagte an ihr, bis sie es schließlich nicht mehr ausgehalten hatte. Carols Rat hin oder her, Ariel wusste genau, was sie zu tun hatte.
Und jetzt war sie hier.
Nervös sah sie über ihre Schulter durch das schmierige Glas der Telefonzelle, eine von den wenigen, die es in der Stadt noch gab. Der Regen strömte in Sturzbächen, die Blitze zuckten unheilverheißend. Jedes Mal, wenn einer aufleuchtete, schreckte sie zusammen. Auf den Straßen waren kaum Autos unterwegs. Es war keine Nacht, um auf der Straße zu sein, aus welchem Grund auch immer.
Selbst nachdem sie beschlossen hatte, sich dem Diktat ihres Gewissens zu unterwerfen, hatte sie versucht, sich einzureden, dass es besser war, wenn sie bis zum nächsten Morgen wartete, bevor sie die Telefonnummer wählte. Vielleicht hatte bis dahin schon jemand anderes angerufen und Billy identifiziert. Vielleicht würde sie in den Morgennachrichten hören, dass er gefasst worden und in Polizeigewahrsam war, und wäre damit alle Verantwortung los.
Aber wenn ihn niemand außer ihr erkannte? Falls er etwas mit Paul Wheelers Tod zu tun hatte, war es ihre Bürgerpflicht, alles zu melden, was sie wusste, und zwar sofort. Wheeler war ein angesehener Bürger gewesen, ein großzügiger Spender bei zahllosen Wohltätigkeitsorganisationen. Natürlich hatte sie ihn nicht persönlich gekannt, aber alles, was sie über ihn gelesen oder gehört hatte, ließ darauf schließen, dass er ein anständiger und angesehener Mann gewesen war. Außerdem war es egal, wer er war oder wie viel Geld er besessen hatte, niemand hatte es verdient, umgebracht zu werden.
Sie hatte die Lady im Fernsehen gesehen, die bei Paul Wheeler gewesen war, als er erschossen wurde, und es hatte Ariel das Herz gebrochen, so verstört hatte sie gewirkt, nachdem man ihr den geliebten Menschen auf so brutale Weise entrissen hatte.
Bürgerpflicht hin oder her, Ariel würde es für die arme Frau tun.
Sie zwang sich, noch einmal die Nummer der Hotline zu wählen.
Nach dem zweiten Läuten meldete sich eine gelangweilt klingende Polizistin. Bestimmt hatten schon zahllose Psychopathen angerufen, seit die Nachrichten ausgestrahlt worden waren. Wahrscheinlich glaubte sie, dass Ariel auch
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