Sündige Rache
sich herauszureden, wenn er erst bei uns in einem Verhörraum sitzt.«
»Zu Befehl, Madam. Ich melde mich vor Kohlis Wohnung, sobald mich eins der wunderbaren öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt dorthin geschaukelt hat.«
»Nehmen Sie ein Taxi, und rechnen Sie die Kosten übers Spesenkonto ab.«
»Habe ich denn so etwas?«
»Himmel, Peabody, nehmen Sie meins. Aber setzen Sie sich endlich in Bewegung.«
Damit brach sie die Übertragung ab und dachte auf dem Weg quer durch die Stadt über die verschiedenen Aspekte ihrer momentanen Fälle nach.
Auf dem 128. Revier hatten sie offenbar ein Problem mit Korruption. Bei der Drogenfahndung und wahrscheinlich auch woanders. Zwei Mitglieder des Trupps, der Max Ricker hätte das Handwerk legen sollen, waren innerhalb kurzer Zeit ermordet worden, und einen dieser beiden Männer hatte Ricker eindeutig geschmiert.
Der andere hatte bei einer nicht genehmigten, verdeckten Operation der Dienstaufsichtsbehörde gegen Ricker mitgewirkt.
Im Purgatorium, erinnerte sie sich. Einem Lokal von Roarke. Was zum Teufel hatte Ricker mit dem Club zu tun?
Hatte Bayliss Kohli vielleicht in der Hoffnung, nachweisen zu können, dass die Beziehung zwischen Roarke und Ricker niemals abgerissen war, im Purgatorium eingeschleust? Der Mann war zwar fanatisch, doch mit einer derartigen Überlegung wäre er sicher intellektuell überfordert.
Aber immerhin hatte die Dienstaufsicht Webster, einen alten Bekannten, mit falschen Informationen über Kohli zu ihr geschickt.
Die Leiterin des 128. Reviers hatte ihre Männer entweder, wie sie behauptet hatte, nicht im Griff gehabt, oder sie war Teil der Korruption. Entweder sie hatte also ein Problem oder aber sie war eins. Wie man es drehte und wendete – eine der Hauptverdächtigen in ihren Fällen war eine hochrangige Beamten, dachte Eve.
Ricker war ein oder vielleicht sogar der Schlüssel zu dem Ganzen. Er hatte die Beamten geködert und wusste genau, wer alles auf seiner Gehaltsliste stand. Wahrscheinlich hingen seine Geschäfte von diesen Leuten ab. Ob er sich aus der Reserve locken ließe, wenn sie genug von ihnen fand und den Kreis der Korruption durchbrach? Ob er dann wohl versuchen würde, sie aus dem Verkehr zu ziehen?
So sehr ihr der Gedanke, ihn auf diese Weise seiner korrupten Helfershelfer zu berauben, auch gefiel, war dies jedoch nur ein zweitrangiges Ziel. Vor allem musste sie diese Dreckskerle enttarnen, weil sie nur über sie an den von ihr gesuchten Mörder kam.
Das Motiv war Rache wegen eines durch den Täter erlittenen Verlusts oder eines an ihm begangenen Verrats, hatte Mira ihr erklärt. Was Eves Meinung nach ein zweiter Schlüssel zu den Morden war. Die Dienstausweise beider Opfer waren blutgetränkt gewesen, wie bei einem Reinigungsritual.
Ein Fanatiker?, ging es ihr durch den Kopf. So ein Typ wie Bayliss? Jemand, der, wenn es ihm nicht passte, die Vorschriften vergaß?
Sie sah sich nach einem Parkplatz um und war hocherfreut, als sie einen halben Block von der Wohnung der Kohlis entfernt zu ebener Erde eine freie Stelle fand.
Noch während sie ihr Fahrzeug in die Lücke manövrierte, hielt direkt neben ihr ein anderer Wagen an. Sie warf einen beiläufigen Blick aus ihrem Fenster, doch als mit einem Mal die Türen des ihr fremden Wagens aufgerissen wurden, setzten ihre Instinkte ein. Sie riss ebenfalls ihre Türe auf und machte eine Rolle vorwärts auf die Straße. Mit gezückter Waffe richtete sie sich wieder auf.
Sie waren zu viert, und Eve erkannte, dass sie besser und vor allem noch schwerer bewaffnet waren als die vier Typen, von denen sie zum ersten Mal in Rickers Auftrag angegriffen worden war.
»Sie haben keine Chance, Lieutenant«, erklärte der ganz links stehende Kerl höflich und hielt seine langläufige Laserwaffe so, dass man nur die Spitze unter seinem eleganten Frühlingsmantel hervorlugen sah.
Aus dem Augenwinkel sah sie, dass der Typ ganz rechts sich langsam einmal um sich selber drehte, und überlegte, ob sie nicht mit einem schnellen Schwenk des Stunners doch die Oberhand gewann. Der Finger, der am Abzug ihrer Waffe lag, begann erwartungsvoll zu zittern.
In derselben Sekunde kurvte ein zirka zehnjähriger Junge auf einem klapperigen Fahrrad an der Gruppe vorbei. Einer der Kerle pflückte ihn wie eine reife Birne lässig von seinem Rad, das scheppernd auf die Straße fiel, und drückte dem wild zappelnden Kleinen seinen Stunner an den Hals.
»Er oder Sie«, sagte er in einem derart beiläufigen
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