Sündige Seide: Roman (German Edition)
ich –«
»Wirst du was? Wirst du dir jede Woche ein paar Stündchen abzweigen, um mit mir zu ficken? Und wie lange? Lebenslänglich? Fick dich ins Knie, Kongreßabgeordneter. Diese Scheiße lasse ich mir nicht bieten.«
»Ich habe nicht erwartet, daß du dich darüber freust. Ich erbitte nur ein wenig Verständnis. Mein Terminkalender ist ein Alptraum, Yasmine. Ich stehe ständig unter Druck.«
»Süßer, du weißt gar nicht, was Druck ist.« Ihre Stimme klang unheilverheißend. »Wenn ich mit dir fertig bin, wird niemand in diesem oder irgendeinem Staat auch nur einen Cent auf deinen mickrigen Arsch geben. Es hat sich ausgebumst, das darfst du deinem Negermädel glauben. Die Party ist aus, Baby. Jetzt ist Zahltag.«
Sie ging zur Tür. Er lief ihr nach. »Warte, Yasmine! Laß mich erklären. Du bist unvernünftig.« Er hielt sie an der Schulter zurück und drehte sie um. »Bitte.« Seine Stimme brach unter einem Schluchzer. »Bitte.«
Sie machte keine Anstalten zu gehen, aber ihre Augen glühten weiter wie heiße Kohlen. Alister schnappte nach Luft und blinzelte rasch. Er sah aus wie ein Todeskandidat, der vor der Exekution um einen Aufschub fleht.
»Yasmine, Liebling«, begann er zaghaft. »Du mußt mir einen
Gefallen tun. Versprich mir, daß du damit nicht vor die Presse gehst.«
Die Worte durchbohrten sie wie Lanzen, rissen neue Wunden, aus denen Zorn und Schmerz sprudelten. »Dir ist doch scheißegal, wie ich mich fühle, habe ich recht? Du denkst nur an dich und an deinen verdammten Wahlkampf!«
»So habe ich das nicht gemeint. Ich –«
Mit einem Wutschrei holte sie aus, kratzte mit den Fingernägeln über seine Wange und zog vier lange, blutende Schrammen durch seine Haut. Mit der anderen Hand riß sie ihm ein Büschel Haare aus.
Einen Moment war Alister zu verblüfft, um sich zu bewegen. Dann spürte er den Schmerz und legte sich schreiend die Hand auf die Wange.
»Du bist ja verrückt!« brüllte er, als er seine blutige Hand sah.
»Du bist ja vollkommen durchgedreht!«
Ein paar Sekunden schwelgte Yasmine in seiner Verblüffung und seinem Schmerz, dann stürmte sie aus dem Zimmer. Auf dem Weg zum Lift begegneten ihr ein Mann und eine Frau. Die beiden starrten sie an und wichen ängstlich an die Wand zurück. Sie merkte, daß ihr die Tränen übers Gesicht liefen und daß ihre Bluse offen war.
Während sie mit dem Lift nach unten fuhr, knöpfte sie sich die Bluse zu und schob sie zurück in den Hosenbund. Auch die Brille setzte sie wieder auf. Mit gesenktem Kopf durchquerte sie die Lobby des Fairmont. Aus dem Augenwinkel sah sie Andre, aber sie verlangsamte ihren Schritt nicht; sie wollte nicht von ihm angesprochen werden. Dann verließ sie das Gebäude. Sie holte Claires Mietwagen aus der Parkgarage und fuhr über die Canal Street davon.
Der Abend war mild. Viele nutzten das zu einem verlängerten Wochenende. Die Straßen des französischen Viertels waren voller Touristen, die den Verkehr zum Erliegen brachten und sich auf den Bürgersteigen drängten. Yasmine hatte Schwierigkeiten, einen Parkplatz zu finden, und ließ den Wagen schließlich im Halteverbot stehen. Sie mußte noch ein paar Blocks die Rue
Dumaine entlanggehen, ehe sie ihr Ziel erreicht hatte. Sie sah niemandem ins Gesicht und verhielt sich so unauffällig wie möglich.
Der Laden hatte noch offen, aber wenn sie nicht gewußt hätte, daß er sich dort befand, hätte sie ihn bestimmt übersehen. Ein paar Kunden standen vor den Regalen mit Kräutern, die man für Liebestränke brauchte.
»Ich möchte zur Priesterin«, sagte Yasmine leise zu dem Verkäufer, der gerade einen Joint rauchte. Der Uralthippie verschwand und kehrte einen Augenblick später zurück und winkte Yasmine zu sich.
Der Altarraum war durch einen verstaubten, kastanienbraunen Samtvorhang vom Laden abgetrennt. Die Wände waren mit afrikanischen Masken und Metallarbeiten geschmückt, mit denen mächtige Geister beschworen wurden. Ein großes Holzkreuz stand in einer Ecke, aber es war kein traditionelles Kruzifix. Um den Stamm wand sich Damballah, die Schlange, der mächtigste Geist. In einem Drahtkäfig in der Ecke gegenüber lag eine Python, die Verkörperung Damballahs. Die Schlange wurde für Wodu-Rituale gebraucht, die in den Sümpfen außerhalb der Stadt abgehalten wurden. Auf dem Altar selbst drängten sich Statuen christlicher Heiliger, Fotos von Menschen, die behaupteten, von den Geistern gesegnet worden zu sein, blakende Kerzen, qualmende
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