Sündige Seide: Roman (German Edition)
hat sie sich natürlich Mühe gegeben, nicht aufzufallen. Und wenn man das Hotel durch die Seitentür betritt, kommt man direkt zum Aufzug, ohne erst durch die Lobby zu müssen.«
Cassidy schob die Hände in die Hosentaschen. »Damit wären wir wieder am Anfang.«
»Nicht wirklich«, sagte Crowder ruhig.
»Wie meinen Sie das?«
»Die Sache ist ganz einfach, Cassidy. Sie war es von Anfang an. In diesem Augenblick sitzt die Mörderin in Ihrem Büro.«
»Claire war es nicht.«
Crowder pochte mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte. »Sie hatte dasselbe Motiv wie Yasmine, nur war ihres stärker. Sie hatte eine Gelegenheit, denn sie hat für diese Nacht kein stichhaltiges Alibi. Wir haben ihre Stimme aufgenommen, als sie ihren Freund im Fairmont gebeten hat, für sie zu lügen. Die Teppichfasern am Tatort passen zu denen in ihrem Wagen. Sie hatte Zugang zu Yasmines Waffe und konnte sie wieder zurücktun, nachdem sie sie benutzt hatte. Mein Gott, was wollen Sie denn noch?«
»Sie war es nicht«, wiederholte Cassidy gepreßt.
»Sind Sie so überzeugt von ihrer Unschuld?«
»Ja.«
»So sehr, daß Sie Ihre Karriere dafür aufs Spiel setzen?«
Crowders Sekretärin steckte den Kopf durch den Türspalt. »Es tut mir leid, Mr. Crowder, aber sie hat darauf bestanden –«
Die Sekretärin wurde von Ariel Wilde zur Seite gestoßen. Mit wehendem, blaßblondem Haar kam sie hereingesegelt. Sie trug ein weißes Kostüm, das an das Kleid aus ihrer Fernsehshow erinnerte.
»Ah, Mrs. Wilde, wie nett von Ihnen, bei uns vorbeizuschauen«, begrüßte Cassidy sie sarkastisch. »Kennen Sie District Attorney Anthony Crowder schon? Mr. Crowder, Mrs. Ariel Wilde.«
Sie richtete ihren eisblauen Blick auf Cassidy. »Gott wird über Sie rechten. Sie haben eine Posse aus dem Mord an meinem Mann gemacht.«
Cassidys Brauen hoben sich. »Posse? Sie nennen das hier eine Posse? Was ist mit der Posse, die Sie aus Ihrer Ehe gemacht haben, indem Sie sich mit Ihrem Stiefsohn eingelassen haben?«
»Ich habe keinen Stiefsohn mehr. Unter Ihrem Einfluß hat er sich zu einem Judas gewandelt. Gott wird auch ihn bestrafen.«
»Wie bestraft Gott einen Lügner, Mrs. Wilde? Denn Sie haben schließlich auch gelogen, nicht wahr? In der Nacht, in der Ihr Mann ermordet wurde, haben Sie Joshs Zimmer gegen Mitternacht verlassen, um einen Ausflug zu Ihrer Suite zu machen.«
»Cassidy, worauf wollen Sie hinaus?« fragte Crowder.
»Ich habe vor ein paar Tagen herausgefunden, daß Josh einen Chrysler LeBaron Cabrio gemietet hatte, als er in New Orleans war. Zufällig ähnelt er dem Wagen Claire Laurents und hat denselben Teppich.«
»Ich bin hergekommen, um Ihnen zu sagen –«
Cassidy ließ Ariel nicht ausreden. »Sie sind in Joshs Mietwagen gefahren. Vielleicht haben Sie die Teppichfasern in das Schlafzimmer Ihres Mannes geschleppt, als Sie ihn umgebracht haben.«
»Ich hätte sie jederzeit in sein Zimmer schleppen können«, zeterte sie. »Statt den Mörder meines Mannes zu finden, quälen Sie immer nur mich und mein ungeborenes Kind.«
Wie auf ein geheimes Stichwort stürmten in diesem Moment zwei Reporter und ein Kameramann an der fassungslosen Sekretärin vorbei durch die offene Tür. Ariel umfaßte ihren Bauch mit beiden Händen. »Wenn ich mein Kind verliere, trifft Sie die Schuld daran, Mr. Cassidy. Ich brauche nur in die Zeitung zu sehen und weiß, daß der Tod meines Mannes mit diesem widerwärtigen Katalog und der Hure zu tun hat, die sich darin zur Schau gestellt hat!«
»Yasmine war keine Hure.«
Die ruhige Feststellung kam von Claire, die vollkommen unerwartet in der Tür auftauchte.
Cassidy war mit seiner Geduld am Ende. »Ich habe gesagt, du sollst in meinem Büro bleiben.«
»Metze!« kreischte Ariel und zeigte mit dem Finger auf Claire.
»Alles raus aus diesem Büro!« brüllte Crowder. »Wer hat die
Reporter reingelassen?« Die Videokamera schwenkte herum und fing das rot angelaufene, zornige Gesicht des District Attorneys ein.
Ariel stürzte sich auf Claire. Ihre Augen zogen sich zu bösartigen Schlitzen zusammen. »Endlich stehen wir uns von Angesicht zu Angesicht gegenüber.«
»Ich habe das so lange wie möglich vermieden.«
»›Der Sünde Lohn ist der Tod‹«, zischte Ariel.
»Ganz genau«, antwortete Claire. »Deshalb mußte Ihr Mann sterben.« Sie drehte sich um und sah Cassidy in die Augen.
»Deshalb mußte ich ihn umbringen.«
Kapitel 28
Von da an ging alles so schnell, daß sich Claire später nicht mehr an den
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