Sündige Seide: Roman (German Edition)
Und zwar weltweit, Josh.« Jetzt war sie wirklich aufgebracht. »Bist du oder ist irgendeiner von den Kerlen im Vorstand wirklich so beschränkt, daß er glaubt, ich würde diese Riesenpublicity verschenken? Ich werde Jacksons Tod bis zum letzten Tropfen melken. Er ist wie ein Geschenk. Ich habe ihn schließlich nicht gewollt.«
Er schaute wieder aus dem Fenster und murmelte: »Wirklich nicht?«
»Was?«
Er antwortete nicht.
»Josh!«
Störrisch schaute er weg. Sie zwickte ihn in den Arm. »Verdammt!« schrie er auf und drehte sich wieder zu ihr um.
»Was hast du gerade gesagt?«
»Ich habe mich nur gerade laut gefragt, ob du seinen Tod nicht gewollt hast.«
Ihre blauen Augen starrten ihn eisig an. »Mein Gott, du wirst immer selbstgerechter.«
»Wenigstens einer von uns sollte ein Gewissen haben.«
»Und du bist so verdammt von dir überzeugt. Du glaubst also,
ich wäre Jackson losgeworden, damit ich dich haben kann?« fragte sie zornig.
»Nicht mich. Aber vielleicht deine eigene Fernsehshow.« Er beugte sich vor und flüsterte: »Was ist passiert, als du damals aus meiner Suite verschwunden bist, Ariel?«
In ihren Augen flackerte etwas auf. »Wir hatten ausgemacht, nie darüber zu sprechen.«
»Falsch. Du hast darauf bestanden, daß ich nie darüber spreche.«
»Weil niemand weiß, was die Polizei daraus machen würde.«
»Ganz genau«, stimmte er leise zu.
»Es war nicht der Rede wert«, meinte sie wegwerfend und wischte einen imaginären Fussel von ihrem schwarzen Kleid.
»Das dachte ich zuerst auch. Jetzt bin ich nicht mehr so sicher. Du hast gesagt, du bist in dein Zimmer gegangen, um ein paar Noten zu holen.«
»Und?«
»Wir haben gar nicht geprobt und deshalb gar keine Noten gebraucht.«
»Ich wollte sie für später.«
»Du bist mit leeren Händen zurückgekommen.«
»Ich hab’ sie nicht gefunden.«
»Du warst fünfzehn Minuten weg.«
»Ich habe überall gesucht, und ich wollte keinen Lärm machen, weil Jackson eingeschlafen war.«
»Oder tot. Du hattest Zeit genug, ihn umzubringen. Ich glaube, Cassidy würde diese Viertelstunde sehr interessieren.«
»Wenn du ihm davon erzählst, machst du dich selbst verdächtig.«
Josh wollte sich nicht aus dem Konzept bringen lassen und fuhr fort, als hätte sie nichts gesagt. »Du hattest jedenfalls ein Motiv. Daddy war nicht nur ein Tyrann, er war dir auch im Weg. Er stand an der Spitze, nicht du. Du wolltest nicht länger auf dem Rücksitz bleiben; du wolltest ans Steuer. Du wolltest die ganze Organisation. Außerdem hattest du es satt, daß er ständig über deine mittelmäßige Stimme, dein Gewicht, über alles mögliche
meckerte. Deshalb hast du ihn umgebracht und mich als Alibi genommen.«
»Hör zu, du Scheißkerl. Manchmal hab’ ich ihn so gehaßt, daß ich ihn am liebsten ohne zu zögern umgebracht hätte. Aber er war auch das Beste, was mir jemals passiert ist. Wenn Jackson nicht gewesen wäre, dann würd’ ich mich immer noch abstrampeln, mich von Lastwagenfahrern in den Hintern kneifen und mir für ein mickriges Trinkgeld in den Ausschnitt gucken lassen. Ich wär’ irgendeine Tussi und nicht eine von den berühmtesten Frauen Amerikas, die Karten und Blumen vom Präsidenten kriegt.
Nein, ich hab’ ihn nicht umgebracht. Aber ich werd’ ihm garantiert nicht nachweinen oder eine Gelegenheit verschenken, die sich mir bietet. Ich werde wie eine Löwin um alles kämpfen, was ich jetzt hab’.«
Die Limousine bog auf die geschwungene Auffahrt, die zum Haus führte. Jackson hatte gewußt, daß die meisten Menschen etwas gegen allzu protzigen Reichtum hatten. Sein Haus entsprach dem eines erfolgreichen Angestellten, doch es war kein Palast. Josh war es zuwider. Es war zwar groß und bequem, aber es hatte nichts von der ruhigen Eleganz jenes Heims, das seine Mutter ihnen bereitet hatte.
»Ich weiß, daß du was anderes mit deinem Leben anfangen wolltest, Josh«, sagte Ariel. »Jackson war dagegen. Natürlich hat er seinen Kopf durchgesetzt, und deswegen bist du noch immer wütend auf ihn.«
»Du hast doch keine Ahnung, wovon du redest«, sagte er. »Das war lange, bevor du gekommen bist.«
»Aber ich habe davon gehört, von dir und Jackson. Ihr habt bis aufs Messer darüber gestritten, ob du Konzertpianist werden oder bei der Missionsgesellschaft einsteigen sollst. Die Missionsarbeit hat dich reich und berühmt gemacht, Josh. Sie bringt dir tausendmal mehr ein, als wenn du weiter dieses klassische Zeugs gespielt hättest. Vergiß
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