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Sündige Seide: Roman (German Edition)

Sündige Seide: Roman (German Edition)

Titel: Sündige Seide: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Fertigkeiten, die sie für ihren Beruf brauchte.«
    »Und das war?«
    »Gesellschafterin. Sie lernte die Techniken von ihrer Mutter. Mit fünfzehn hatte sie ihren ersten Freier.«
    »Sie war eine Nutte?«
    Das Wort beleidigte Claire, und sie machte keinen Hehl daraus.
    »Eine Nutte steht an Straßenecken und macht Passanten an. Es gibt da einen Unterschied. Andres Mutter hatte Verhältnisse mit Gentlemen, die oft über Jahre andauerten. Im Gegenzug ließ sie sich aushalten.«
    »Waren diese ›Gentlemen‹ weiß?«
    »Größtenteils.«
    »Und einer von ihnen war Andres Vater.«
    »Ganz recht. Er war ein prominenter Geschäftsmann, der das Kind nicht anerkennen konnte, aber sich dafür verantwortlich fühlte.«
    »Wissen Sie, wer es war?«
    »Andre weiß es, aber er hat mir nie seine Identität offenbart.«
    »Und selbst wenn Sie es wüßten, würden Sie es mir nicht sagen.«
    »Nein. Das würde ich nicht.«
    Cassidy bedachte das einen Moment. »Weil sein Vater so betucht war, konnte Andre auf die besten Schulen gehen.«
    »Ja, aber er war ein Außenseiter. Die anderen Kinder hänselten ihn wegen seiner maman und machten sich über ihn lustig. Ich war auch ein Einzelgänger, schließlich kam ich ebenfalls aus keiner normalen Familie. Es war nur natürlich, daß Andre und ich Freunde wurden.
    Seine Mutter liebte ihn genauso abgöttisch wie er sie. So wie sie von ihrer Mutter unterrichtet worden war, brachte sie Andre alles über das Essen und den Wein, über Etikette und Kleidung bei und lehrte ihn, bei Juwelen, Stoffen oder antiken Möbeln Qualität von Schrott zu unterscheiden.
    Bevor Andres Vater ihr ein Haus überließ, nahm sie Andre immer mit zu den Treffen mit ihren Gentlemen. Er wartete in den Lobbys der Luxushotels auf sie, wo bis Anfang der sechziger Jahre keine Farbigen geduldet wurden.
    Vielleicht begann er die Hotels aufgrund dieses Privilegs zu lieben. Für ihn waren sie edler und heiliger als Kathedralen, denn schließlich durfte nicht jeder in sie hinein. Dort war er an einem Ort, der anderen Kindern nicht zugänglich war. Er träumte immer davon, ein Hotel zu führen.« Wie von weit her fügte sie hinzu: »Ich bin so froh, daß sein Traum wahr geworden ist.«
    »Was ist mit seiner Mutter?« fragte Cassidy. »Hat sie immer noch Kunden?«
    »Nein. Mr. Cassidy. Sie hat sich die Arme mit einer Rasierklinge aufgeschnitten. Andre fand sie, als er eines Nachmittags von der Schule nach Hause kam.«
    »Jesus.«
    »Wer keinen Leichengestank verträgt, sollte die Vergangenheit ruhen lassen.«
    Er sah sie wütend an. »Glauben Sie, mir macht das Spaß?«
    »Wenn nicht, warum wollen Sie dann unbedingt bei jedem die dunkelsten Seiten ans Licht zerren?«
    »Das gehört zu den weniger erfreulichen Dingen bei meiner Arbeit, Claire. Trotzdem bleibt es meine Arbeit.«
    »Beantworten Sie mir eine Frage«, meinte sie plötzlich.
    »Welche?«
    »Sollten sie mich Claire nennen?«
    Sie starrten einander lange an. Spannung hing in der Luft. Endlich wandte er sein Gesicht ab. »Nein, eigentlich nicht.«
    »Warum tun Sie es dann?«
    Langsam drehte er sich wieder ihr zu. Seine Augen schienen sie
abzutasten; sie spürte sie überall auf ihrem Körper. »Sie sind vielleicht eine Lügnerin, Claire, Aber Sie sind nicht dumm.« Seine Stimme war rauh. »Sie wissen, warum ich das tue.«
    Sie hielt seinem Blick stand, bis der Druck in ihrer Brust nicht mehr auszuhalten war. Nur eines wäre noch schlimmer gewesen: ihn nicht mehr anzusehen. Dazu konnte sie sich einfach nicht durchringen. Sie fühlte sich unwiderstehlich zu ihm hingezogen.
    Sie verharrten so still, daß sie unwillkürlich zusammenzuckte, als er sich schließlich bewegte. Aber er hob nur die Hand, um sich den Nacken zu massieren, so als wäre er verspannt.
    »Zurück zu Andre. Er rief Sie damals an und sagte Ihnen, daß Ihre Mutter im Fairmont war.«
    Sie nickte. Sie konnte kaum sprechen. Ihr Herz pochte immer noch wie wild.
    »Sie fuhren sie abholen.«
    »Ja.«
    »Allein?«
    »Ja. Mit meinem Wagen.«
    »Wann war das?«
    »Ich weiß nicht mehr.«
    »Claire.«
    »Ich weiß es nicht mehr«, erwiderte sie mit ungeduldigem Kopfschütteln. »Es war nach dem Kreuzzug, denn wie Sie wissen, war ich dort.«
    Er zügelte seine Wut, obwohl ihm das sichtlich schwerfiel.
    »Ungefähr.«
    »Vielleicht Mitternacht. Keinesfalls später.«
    »Wie kam Mary Catherine dorthin, ohne daß Sie davon wußten?«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß sie sehr gerissen sein kann. Sie ging nach unten,

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