Sündige Seide: Roman (German Edition)
Köder. »Inwiefern bezeichnend?«
Ariel tat, als müßte sie überlegen. »Ich möchte mich nicht weiter dazu äußern. Mein Rechtsanwalt hat mir geraten, mich nicht über dieses Thema auszulassen. Dennoch möchte ich daran erinnern, daß eine der prominentesten Feindinnen meines Mannes in der Stadt lebt, in der er ermordet wurde.«
Claire sah rot. Sie schnaufte so laut, daß es im ganzen Zimmer zu hören war. Plötzlich fand sie sich vor dem Fernseher wieder, obwohl sie sich nicht daran erinnern konnte, aufgestanden zu sein.
»Wollen Sie damit andeuten, daß Miss Laurent etwas mit dem Mord an Ihrem Mann zu tun hat?« fragte der Reporter. »Sie wurde von der Staatsanwaltschaft verhört«, erwiderte Ariel ausweichend.
»Aufgrund welcher Hinweise?«
»Das weiß ich nicht. Ich bin überzeugt, daß ihre Vergangenheit dazu Anlaß gab.«
Der Reporter schaute sie begriffsstutzig an.
»Claire Laurent«, führte sie aus, »ist die uneheliche Tochter einer geistig verwirrten Frau.« Sie senkte den Blick und setzte eine besorgte Miene auf. »Als Kind fehlte ihr die lenkende Hand; ist es da ein Wunder, daß ihr Leben und selbst ihre Arbeit von Leidenschaft geprägt ist? Darüber sollte man nachdenken. Offensichtlich hat sie Talent. Warum verschwendet sie ihre Kreativität, indem sie ordinäre Wäsche entwirft und auf so vulgäre Weise dafür wirbt? Und warum sollte sie sich sonst eine Frau als Geschäftspartnerin wählen, die seit Jahren mit ihrem unmoralischen Lebenswandel prahlt?«
»Sie meinen damit Yasmine, das Mannequin?«
»Ja. Diese drei Frauen – Miss Laurent, ihre Mutter und Yasmine – haben einen derart verdorbenen moralischen Charakter, daß sich die Staatsanwaltschaft bestimmt die gleiche Frage stellte wie ich: Haben sie wirklich nichts weiter verbrochen, als ein Schmierblatt zu veröffentlichen?«
Claire schaltete den Apparat aus. Wenn sie noch ein Wort hörte, würde sie explodieren. Vor Wut dröhnte ihr das Blut im Kopf. Es pulsierte in ihren Ohren und trübte ihr den Blick.
Ariel Wilde verspritzte reines Gift. Wie konnte sie es wagen, so etwas in einer landesweit übertragenen Sendung zu sagen? Bis jetzt hatte Claire ihre beißende Kritik am Katalog von French Silk ignoriert, aber diesmal wurde sie persönlich angegriffen. Ariel hatte Mary Catherine und Yasmine verleumdet und ihr quasi einen Mord untergeschoben. Wie lange durfte sie dem noch tatenlos zusehen? Es war höchste Zeit, etwas zu unternehmen.
Auf und ab gehend dachte sie nach und kam zu dem unliebsamen Schluß, nun nicht mehr an einer öffentlichen Erklärung vorbeizukommen. Als sie sich so weit beruhigt hatte, daß sie wieder sprechen konnte, ging sie zum Telefon und wählte.
»Newsroom.«
»Hier ist Claire Laurent.«
Zuerst einmal hatte sie eine lokale Fernsehstation angerufen. Ihr Name hatte oft genug in der Zeitung gestanden, um sofort erkannt zu werden. »Ja, Ma’am. Was kann ich für Sie tun?« »Wie erreiche ich am besten CNN?«
»Wir arbeiten manchmal mit ihnen zusammen. Ich kann mich mit ihnen in Verbindung setzen.«
»Wenn sie an meiner Erwiderung auf das Interview mit Ariel Wilde interessiert sind, sollen sie mir einen Reporter schikken.«
»Ja, Ma’am. Ich bin überzeugt, es wird Sie gleich jemand anrufen.«
»Ich warte.«
Claire legte auf. So verhielt sie sich nur ungern. Aber auf ihre Privatsphäre legte sie großen Wert, auch zum Schutze ihrer Mutter und ihrer Angestellten. Sie genoß es im Gegensatz zu Yasmine nicht, im Rampenlicht zu stehen.
Claire mißfiel es, vor die Öffentlichkeit treten zu müssen, und sie fürchtete sich davor. Bis zu ihrem Interview mußte sie sich Antworten zurechtlegen, mit denen sie Ariel Wildes Behauptungen zurückweisen konnte, ohne ihre Geheimnisse lüften zu müssen.
In der Nacht darauf lag sie im Bett und sah sich die Aufzeichnung ihres Interviews mit dem Reporter von CNN an, als das Telefon neben dem Bett klingelte. Widerstrebend hob sie den Hörer, sagte aber nichts. »Claire, sind Sie dran?«
»Cassidy?«
»Warum melden Sie sich nicht?«
»Weil ich jedesmal, wenn ich heute abend ans Telefon gehe, beschimpft werde.«
»Wildes Leute?«
»Garantiert. Die meisten brüllen eine Beleidigung in den Hörer und legen gleich wieder auf.«
»Ich vermute, Ariel kocht vor Wut. Erst ging diese Demonstration nach hinten los. Sie ist zwar damit ins Fernsehen gekommen, aber dank Mary Catherine haben ihre Leute ausgesehen wie Wegelagerer. Und heute haben Sie ihr die Meinung gesagt. Ich
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