Suendiger Hauch
Versteck kommen.«
Da magst du wohl Recht haben«, stimmte Lucien zu. »Warum also nicht gleich damit anfangen? Es ist schon fast Mittag. Ich lasse den Koch etwas für uns zubereiten.«
»Gute Idee«, sagte Jason und zwang sich zu einem Lächeln, während er seinen Freund beobachtete, wie er an der Klingel zog. Es fiel ihm auf, wie sehr die Sorge noch immer auf Luciens Gesicht lag. In den vergangenen Monaten hatte Lucien gefürchtet, dass Kathryns Onkel - der mittlerweile wieder vollständig genesen war - vielleicht auf irgendeine Weise mit ihrem Verschwinden zu tun hatte. Aus diesem Grund hatte er die Sanatorien und Hospitäler ganz Englands durchforstet, wenn auch wieder ergebnislos.
In Wahrheit war es Kathryn selbst, die sie überlistet hatte, dessen war Jason sich sicher. Sie hatte Castle Running mit dem Entschluss verlassen, dass sie sie nicht finden sollten. Und wie in den meisten Fällen war es ihr gelungen, das zu erreichen, was sie wollte.
Er fragte sich, ob sie auch nur die leiseste Ahnung hatte, welche Auswirkungen ihr Verschwinden auf seinen Freund hatte.
»Reeves wird uns wissen lassen, wann das Essen fertig ist«, sagte Lucien, während er auf einem Stuhl seinen Freunden gegenüber Platz nahm. »Was verschafft mir also die Freude eurer geschätzten Gegenwart in meinem Haus?«
»Nun, wir wollten deine Isolation durchbrechen«, antwortete Jason. »Wir planen eine kurze Reise nach London und haben gehofft, dass du und Michael uns begleiten würdet.«
Ein Lächeln breitete sich auf Luciens Gesicht aus, doch er schüttelte den Kopf - wie Jason erwartet hatte. »Ich weiß die Einladung zu schätzen, doch ich fürchte, ich muss für dieses Mal leider absagen. Ich bin im Moment schrecklich beschäftigt. Ich arbeite mit einigen meiner Pächter an der Planung für das kommende Jahr und kann deshalb leider das Haus nicht verlassen.« Nein, er konnte das Haus nicht verlassen, grollte
Jason innerlich. Er wollte nichts als in seinem verdammten Haus bleiben und Trübsal blasen. Zu spät hatte sein Freund erkannt, dass er seine Frau von ganzem Herzen liebte. Er hatte sie wegen seines verdammten Stolzes und seiner Arroganz verloren, und im Moment war es der Schmerz, der ihn bei lebendigem Leib auffraß.
»Ich sehe, du bist beschäftigt«, sagte Jason. »Du warst immer beschäftigt, und du wirst es auch immer sein. Doch das ist nicht der einzige Grund. In Wahrheit willst du das Haus wegen Kathryn nicht verlassen. Du quälst dich zu Tode wegen deiner Frau. Du fühlst dich schuldig, dass du sie aus dem Haus getrieben hast. Du liebst sie und willst sie zurückhaben. Nun, es sieht nicht so aus, als würde das gelingen, mein Freund. Es tut mir Leid, aber ich denke, es ist an der Zeit, dass du der Wahrheit ins Auge siehst.«
Lucien versteifte sich, doch er widersprach seinem Freund nicht. Er stand auf und ging zum Fenster.
»Als Kathryn fortging«, fuhr Jason ein wenig sanfter fort, »wollte sie, dass du dein früheres Leben wieder aufnimmst. Und ob es dir nun gefällt oder nicht, aber das ist genau das, was du tun musst.«
Lucien starrte noch immer aus dem Fenster. So mager wie im Augenblick hatte Jason ihn noch nie zuvor gesehen, und in seinen matten Augen war nichts mehr von dem silbrig glühenden Feuer zu erkennen, das einst in ihnen geglommen hatte. »Ich weiß, dass du Recht hast. Aber ich bin einfach noch nicht soweit. Ich nehme an, ich habe irgendwann einmal keine andere Wahl mehr, doch im Augenblick ...« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, Jason, aber ich kann sie einfach nicht vergessen. Jeden Tag mache ich mir die größten Sorgen um sie. Ich frage mich, ob sie genügend zu essen hat, ob sie auch nicht frieren muss, ob es jemanden in ihrem Leben gibt, an den sie sich wenden kann, wenn sie Hilfe braucht.«
Er sah zu seinen Freunden hinüber, und in seinen Augen stand so großes Unglück, dass Jasons Herz ganz schwer wurde.
»Ich weiß, dass sie nicht zurückkommt«, fuhr Lucien fort. »Ich habe begonnen, mich damit abzufinden. Doch in Wahrheit fehlt sie mir mehr, als ich mir jemals hätte vorstellen können. Ich bin einfach nicht soweit, mich auf ein Leben ohne sie einzustellen ... zumindest jetzt noch nicht.«
Jason schwieg. Als er zu seiner Frau hinübersah, bemerkte er, wie sie sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel wischte. »Wenn sie es nur wüsste«, sagte sie sanft. »Sie liebt dich, Lucien. Sie würde dich niemals verletzen wollen. Wenn es nur einen Weg gäbe, sie wissen zu
Weitere Kostenlose Bücher