Suendiger Hauch
bedrohlich wirken. »Das können Sie auch nicht, da ich der Mann bin, der dies gesagt hat. Sie sind eine wahrlich erstaunliche Frau, Miss Gray«
Sie fühlte, wie die Röte in ihre Wangen stieg, während sie versuchte, sich zu erinnern, wann derartige Schmeicheleien das letzte Mal eine solche Wirkung auf sie gehabt hatten. Doch es fiel ihr kein entsprechender Anlass ein, deshalb war sie froh, als Tante Winnie schließlich in die Bresche sprang. »Wenn mein Neffe Miss Grays Aufmerksamkeit den restlichen Abend für sich zu beanspruchen gedenkt, können wir ebenso gut mit dem Abendessen beginnen.«
»Gute Idee«, gab Jason zurück. »Ich habe riesigen Hunger.«
Sie nahmen ein köstliches Abendessen ein, das aus gebratenem Schwan, Austern, Kalbsbries, gebackenen Kartoffeln und einem deliziösen Orangen-Apfelpudding bestand. Kathryn war neben Litchfield platziert worden, was ungewöhnlich war, da sie normalerweise ihrem gesellschaftlichen Rang entsprechend hätten sitzen sollen. Die Herzogin von Carlyle musste für die Änderung der Sitzordnung verantwortlich sein, denn der Marquis hatte in ihre Richtung geblickt, als er es festgestellt hatte. Sein Blick war eine Mischung aus Vergnügen und leiser Warnung gewesen.
Einen Augenblick lang fühlte Kathryn, wie ihre Wangen heiß wurden, da sie sich eingestehen musste, dass sie ausgesprochen gerne neben ihm saß. »Vielleicht war es auch eine gute Idee, dass Euer Gnaden uns nebeneinander gesetzt hat«, bemerkte der Marquis. »Ich wollte sowieso mit Ihnen reden. Mein Rechtsberater hat mich heute Vormittag darüber informiert, dass er einige diskrete Nachforschungen über Ihre Vormundschaft angestellt hat. Er ist mit einem der Richter der Krone eng befreundet und glaubt, dass dieser Mann für den Vorschlag, Sie Lord Dunstans Kontrolle zu entziehen, zugänglich sein könnte.«
Hoffnung keimte in ihr auf. »Sie sagen, er könnte in der Lage sein, dafür zu sorgen, dass ich einen anderen Vormund bekomme?«
»Ja.«
»Das wäre mir natürlich das Liebste. Doch unglücklicherweise kenne ich niemanden, den ich mir für diese Aufgabe vorstellen könnte.«
Jason lehnte sich grinsend über den Tisch. »Wie wäre es denn mit dem Duke und der Duchess of Carlyle?«
Kathryn hätte vor Freude eigentlich außer sich sein müssen, doch stattdessen fühlte sie Tränen in ihren Augen aufsteigen. »Das wäre wundervoll. Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.«
»Im Augenblick brauchen Sie das auch noch nicht zu tun«, erwiderte Jason. »Die Meinung eines einzelnen Richters reicht leider noch nicht für eine solche Angelegenheit aus. Vor allem nicht, wenn sich Dunstan gegen uns stellt.«
»Was er aller Wahrscheinlichkeit nach tun wird«, fügte Lucien düster hinzu.
»Da er den Willen Ihres Vaters im Rücken hat, wird es eine schwierige Aufgabe werden«, sagte die Duchess. »Doch ich bin sicher, dass Lord Litchfield es schaffen wird.«
»Und bis dahin«, schaltete sich Winnie ein, »sind Sie hier bei Lucien und mir in Sicherheit. Wir freuen uns so sehr über Ihre Gesellschaft - nicht wahr, Lucien?«
Er sah ihr einen Augenblick lang tief in die Augen. »Das tun wir in der Tat«, sagte er mit leicht rauer Stimme. »In der Tat.«
Die Duchess warf ihrem Gatten über den Tisch einen viel sagenden Blick zu. Er hatte die Stirn gerunzelt, doch seine Frau lächelte ihn strahlend an.
Nach dem Dinner zogen sich die Damen in den Salon zurück, während die Herren im Speisezimmer zum Abschluss eine Pfeife rauchen oder eine Prise Schnupftabak und ein Glas Brandy zu sich nehmen wollten.
Kathryn verbrachte mehr als eine Stunde damit, sich mit Lady Beckford und der Herzogin zu unterhalten, die darauf bestand, dass Kathryn sie entgegen der Formen einfach Velvet nannte, und es sorgsam vermied, ihrer neuen Freundin schmerzliche Fragen über ihren Aufenthalt im St. Barts zu stellen. Stattdessen unterhielten sie sich über die Ehe und über Kinder, wobei Kathryn zugeben musste, dass sie jeglichen Gedanken daran unterdrückt hatte, seit sie eingewiesen worden war.
»Nun, inzwischen sind Sie ja, Gott sei Dank, nicht mehr an diesem Ort«, sagte Velvet nachdrücklich. »Und Lucien wird diese Angelegenheit ein für alle Mal aus der Welt schaffen. Ich weiß, dass er sehr gut in solchen Dingen ist.«
Vor Kathryns geistigem Auge erschien das Bild des Marquis, wie er an jenem Morgen so elegant über die Felder galoppiert war. Er schien mit seinem schwarzen Hengst regelrecht zu einer untrennbaren Einheit
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