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Suendiger Hauch

Titel: Suendiger Hauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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während sie versuchte, die Angst vor dem, was er vielleicht tun könnte, zu überwinden. Er bemerkte das Zittern ihrer Hände. Sie war kalkweiß, und einen Augenblick lang fühlte er Schuldgefühle in sich aufsteigen.
    Doch er riss sich zusammen und schob sie beiseite. Er hatte ihre Lügen und Halbwahrheiten langsam satt. Wenn er ihr helfen wollte, musste er die ganze Wahrheit kennen, egal, wie schrecklich sie war.
    »Sie erzählen mir also, dass Sie - eine junge Dame im zarten Alter von wie vielen Jahren? Zwanzig? Dass Sie sich mit dem Sezieren einer Leiche beschäftigt haben?«
    Ihr Gesicht wurde noch bleicher. Sie erhob sich mit einem Ruck, und er streckte die Hand aus, um sie zu stützen. Kathryn trat einen Schritt zurück, während sie versuchte, ihre Fassung wiederzugewinnen. »Ich wollte nur ...«
    »Lassen Sie mich raten - Sie wollten Ihre Ausbildung weiter vorantreiben, richtig?«
    Sie zuckte die Schultern. Obwohl in ihren Augen Trauer stand, konnte er noch immer die Angst darin erkennen.
    »Manche Frauen beschäftigen sich mit Malerei oder Stickerei. Und ich interessiere mich eben zufällig für die Heilkunst. Was ist so schlimm daran?«
    »Wenn es nichts als ein Versuch war, warum kam Ihnen dann Doktor Cunningham nicht zu Hilfe?«
    »Das hat er versucht. Doch mein Onkel bedrohte ihn. Douglas Roth hat ihm das Leben derart zur Hölle gemacht, dass er schließlich die Stadt verließ. Ich habe seitdem weder von ihm gehört noch ihn gesehen.«
    »Vorausgesetzt, Sie sagen die Wahrheit, was sonst haben Sie noch vergessen, mir zu erzählen?«
    Ihr Kopf fuhr hoch, und er sah, dass in ihren Wimpern Tränen hingen. »Nichts! Ich schwöre es. Ich hätte es Ihnen ja erzählt ... den Rest der Geschichte, aber ich habe mich vor Ihrer Reaktion gefürchtet. Ich kenne Ihre Meinung über meine Studien. Ich fürchtete, Sie würden mir Ihre Hilfe verweigern, die ich doch so dringend brauchte.«
    Ihre großen, grünen, tränenerfüllten Augen hefteten sich angstvoll und verzweifelt auf sein Gesicht.
    Irgendetwas an diesem Blick berührte sein Inneres. Kathryn Grayson war ohne jeden Zweifel das ungewöhnlichste weibliche Geschöpf, dem er jemals begegnet war. Dennoch glaubte er ihr. Und ebenso ohne Zweifel stand für ihn fest, dass sie nicht verrückt war. Ein wenig anders als andere vielleicht, klüger, als gut für sie war, doch ganz bestimmt nicht reif für eine Irrenanstalt.
    »Und was ist mit Lady Muriel? Was sagt sie zu all dem?«
    »Sie mochte mich nie besonders. Ich bin vier Jahre älter als sie, und aus irgendeinem Grund war sie immer eifersüchtig auf mich, obwohl ich nicht die leiseste Ahnung habe, warum.«
    Vielleicht weil du so hübsch und so intelligent bist und mit solcher Hingabe deine Überzeugungen vertrittst, egal, wohin sie dich führen.
    Es war merkwürdig. Obwohl er strikt ablehnte, dass eine Dame edler Herkunft sich mit einem derart unpassenden Thema beschäftigte, musste er doch zugeben, dass er sie auf eine bestimmte Art mehr denn je bewunderte.
    »Gibt es sonst noch etwas, das Sie hinzufügen möchten?«, fragte er. Sie wand sich unter seinem durchdringenden Blick.
    »Nein, Mylord«, sagte sie sanft und schüttelte den Kopf. »Doch ich möchte Sie gerne daran erinnern, dass Sie versprochen haben, mich gehen zu lassen, sofern Sie mir nicht mehr helfen wollen. Ich verlasse mich auf Ihr Wort.«
    In seinem Inneren tauchte das Bild von Kathryn auf, wie er sie am ersten Tag vorgefunden hatte, verschmutzt und heruntergekommen, hungrig und völlig erschöpft. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie so etwas noch einmal durchmachen müsste. Lucien räusperte sich, da seine Kehle sich plötzlich eng anfühlte und er Schwierigkeiten hatte zu sprechen.
    »Sie werden wie geplant hier bleiben. Dunstan hat zwar mit den Krankenunterlagen gute Waffen in der Hand, doch über kurz oder lang wird uns schon einfallen, wie wir gegen ihn vorgehen können.«
    »Sie ... Sie wollen mir noch immer helfen?«
    »Natürlich, Lady Kathryn, das will ich.«
    Sie richtete sich wieder auf. »Glauben Sie, dass ich verrückt bin? Ich möchte die Wahrheit wissen.«
    »Es spielt keine Rolle, was ich glaube. Was zählt, ist -«
    »Für mich spielt es durchaus eine Rolle, Mylord.«
    Lucien schüttelte den Kopf. »Nein, Kathryn. Ich glaube nicht, dass Sie verrückt sind.«
    Erleichterung machte sich auf ihrem Gesicht breit. Sie nickte, während sie die Tränen auf ihren Wangen trocknete. Lucien ertappte sich, wie er wie gebannt auf

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