Sueß, naiv und intrigant
hätte gut was abgeben können!
SageFrancis:
und morgen ist schon wieder paaarty-time!
AlisonQuentin:
echt. wie zum teufel hat tinsley das hingekriegt?
SageFrancis:
meinst du, sie hat marymount eine gegengabe angeboten?
AlisonQuentin:
igitt! bring mich nicht zum kotzen!
Eulen.Net
SMS-Eingang
JennyHumphrey:
wie war der treff? tut mir leid, dass ich nicht da war – bin im zeichensaal hängen geblieben.
BrettMesserschmidt:
heaths wodka war jedenfalls ein bonus ...
JennyHumphrey:
die cineclub-party klingt cool, was?
BrettMesserschmidt:
klar. außer dass die böse stiefschwester den ton angibt, die heute abend als vermisst zu gelten scheint.
JennyHumphrey:
vielleicht hat sie sich ein wehrloses würstchen gekrallt. das arme schwein.
BrettMesserschmidt:
okay. ich schau mal, ob kara hilfe beim aufräumen braucht.
JennyHumphrey:
viel VERGNÜGEN!
29
Eine beflissene Eule ist bereit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen
Bei allem, was Tinsley Carmichael in Waverly angestellt hatte – sehr oft im Zusammenhang mit Alkohol, manchmal im Zusammenhang mit Drogen, fast immer im Zusammenhang mit Jungs -, eines hatte sie noch nie gemacht: Sie hatte sich noch nie in das Zimmer eines Jungen geschlichen, zumindest nicht allein. Und schon gar nicht in das Zimmer eines Neuntklässlers , nicht mal zu der Zeit, als sie selbst noch in der Neunten war. Aber extreme Umstände erforderten extreme Maßnahmen. Gegen neun Uhr, gerade als sich Bretts lahmes Kuschel-Treffen aufzulösen begann, schlüpfte Tinsley in eine dunkle Citizen-Jeans und zog über ein hauchdünnes weißes T-Shirt ihr dickes schwarzes Patagonia-Fleeceshirt, das sie bis zum Hals schloss. Voilà. In ihrem Tarn kostüm würde sie gewissermaßen mit der Dunkelheit verschmelzen. Als sie aus dem Fenster sprang und ihre selten benutzten veganischen Wanderstiefel (ein Weihnachtsgeschenk ihres vegetarischen Vaters) leise in den weichen Boden sanken, verspürte sie ein erregtes Kribbeln. Gut, sie hätte nicht unbedingt aus dem Fenster steigen müssen, es war schließlich noch nicht Sperrstunde, aber es war einfach viel aufregender, wenn sie sich einbildete, etwas Verbotenes zu tun.
Wolcott, das Wohnhaus, zu dem sie unterwegs war, lag hinter Richardson, und Tinsley fand es besonders belustigend, dass sie nicht nur vorhatte, in das Zimmer eines Jungen zu schleichen, nein, sie gab zudem einem Neuntklässler den Vorzug vor den vielen in Saft und Kraft stehenden Jungs der Abschlussklassen, die mit Sicherheit nur zu willens waren, ihr das Fenster zu öffnen. Es gab ihr einen zusätzlichen Kick, dass sie sich heimlich zu demjenigen aufmachte, der sie aus unerfindlichen Gründen zweimal versetzt hatte. Sie hatte das Gefühl, dass er begriff, wie sie tickte. Er hatte kapiert, dass sie schnell gelangweilt war, und daher forderte er sie heraus.
Sie stand vor seinem Fenster und versuchte hineinzuspähen, konnte aber nicht über die Fensterbank sehen. Drinnen brannte Licht und die Jalousie war halb heruntergezogen. Tinsley brach einen dünnen Ast von einem nahen Baum ab, stellte sich auf die Zehenspitzen und klopfte leise an die Fensterscheibe. Ein Gesicht tauchte auf und das Fenster wurde geöffnet – aber es war nicht Julian.
Über ihr stand ein Rotzlöffel mit fettiger Punkfrisur, der wohl versuchte, erwachsener auszusehen, indem er sich einen Bart stehen ließ. Dummerweise stand ihm das gar nicht zu Gesicht und die Behaarung war allenfalls räudig zu nennen. Als er Tinsley sah, fiel ihm die Kinnlade herunter. »Was zum...?« Dann leuchteten seine Augen begeistert auf. »Hey? Willst du – heyyyy!«
Julian hatte ihn unsanft beiseitegeschoben und blickte jetzt aus dem Fenster. Er sah gelinde gesagt fassungslos aus. »Hey. Was gibt’s? Was machst du denn hier?«
Das war nicht gerade die Reaktion, die sie erwartet hatte. Tinsley straffte etwas beleidigt die Schultern. Vielleicht sollte Julian seinen Zimmergenossen wieder herholen. Der sah zwar unsäglich aus, war aber zumindest höchst erfreut gewesen, sie zu sehen. Tinsley trat einen Schritt zurück. »Ich dachte, ich schau mal vorbei«, sagte sie eisig. »Aber wenn du beschäftigt bist, lass dich nicht stören. Ich sehe dich dann ein anderes Mal.«
Ein Lächeln breitete sich auf Julians Gesicht aus. »So hab ich das nicht gemeint.« Er warf einen Blick über die Schulter, dann beugte er sich vor. »Hör mal, geh
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