Süß wie die Sünde: Roman (German Edition)
natürlich. Wie war Ihre Jagd heute Morgen?«
»Ein bisschen mühsam, fürchte ich.« Und nun folgte eine ausführliche Schilderung seines enttäuschenden Ritts. Marissa nickte höflich und wackelte mit den Füßen. Anders als ihre Mutter schätzte sie es durchaus, wenn sich die Herren länger beim Portwein aufhielten. Verbrachten sie eine volle Stunde damit, ihre leidigen Männerthemen zu bereden, hatten sich diese größtenteils erschöpft, bis sie sich zu den Damen gesellten.
»Aber«, beendete Dunwoody seinen Bericht und atmete tief ein, »ich wollte mich vor allem erkundigen, ob es Ihnen gut geht.«
Prompt bekam Marissa einen steifen Nacken. »Ja, selbstverständlich. Warum nicht?«
»Sie scheinen heute … nicht Sie selbst zu sein.«
»Mr Dunwoody«, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln, »Sie wollen mir hoffentlich nicht sagen, ich sähe unwohl aus.«
»Nein! Nein, natürlich nicht, Miss York. Sie sind bezaubernd wie immer. Ihre Augen leuchten im schönsten Grün, und Ihr Haar … ein unbeschreiblich zartes Rot.«
Seine Wangen färbten sich rosa, während er sprach, und Marissa konnte nicht umhin, den hübschen Schwung seiner Lippen zu bewundern – ein wenig schmal, aber perfekt proportioniert für sein eher hageres Gesicht. Sie hatte versucht, ihn zu einem Kuss zu verführen, doch er war verlegen und nervös geworden.
Marissa lachte. »Ich hoffe, Sie werden mich heute Abend trotzdem um einen Tanz bitten.«
»O ja! Das werde ich ohne Frage. Eigentlich möchte ich Sie sogar um den ersten Tanz bitten.« Er hob eine Hand, sodass Marissas Blick auf seine langen Finger gelenkt wurde. Ihre Taille kribbelte bei dem Gedanken, sie dort zu fühlen.
»Das wäre reizend, Sir.«
Er lächelte kurz, wurde jedoch gleich wieder ernst. »Ähm, ich erkundigte mich nach Ihrem Befinden, weil ich hörte, dass Sie gestern Abend mit Mr White in Streit gerieten.«
Das Kribbeln wich einem eisigen Schaudern. Dies könnte er sein, der Moment, in dem sie begriff, dass ihr keine andere Wahl blieb, als Jude Bertrand zu heiraten.
Dunwoody räusperte sich. »Mir entging nicht, dass er recht abrupt abreiste. Was immer geschehen sein mag, ich hoffe inständig, Ihre Gefühle wurden nicht verletzt. Er scheint mir ein ganz netter Kerl, wenn auch vielleicht ein bisschen zu sehr von sich eingenommen.«
»Oh.« Dunwoody sah ernst aus, nicht neugierig oder hinterhältig. Vielleicht glaubte er wirklich, dass es nur ein Streit gewesen war. Also nickte Marissa. »Wir stritten uns, ja. Und ich war so aufgebracht, dass ich ihn bat zu gehen. Im Nachhinein bedaure ich, so unbeherrscht gewesen zu sein.«
»Ich bin sicher, dass Sie gute Gründe hatten, Miss York. Jedenfalls habe ich bisher nie erlebt, dass Sie überstürzt oder voreilig handeln.«
Marissa rang sich ein Lächeln ab. Einen Mann wie Mr Dunwoody würde sie lieber heiraten. Er war ruhig, sanft und gut aussehend … und anscheinend war er sich ihrer Fehler nicht gewahr. Aber wäre er bereit, das Kind eines anderen anzunehmen? Er schien sie zumindest zu mögen, obwohl er mit keinem Wort eine gemeinsame Zukunft erwähnte.
Nun räusperte er sich, und für einen kurzen, aberwitzigen Moment dachte Marissa, er würde ihr einen Antrag machen. »Wissen Sie, ob Miss Samuel diese Woche erwartet wird? Ich weiß, dass Sie beide enge Freundinnen sind, und ich hörte, dass ihre Mutter sich von der Krankheit erholt hat, die es ihnen unmöglich machte, die Saison in London zu verbringen.«
»Oh, ich glaube …« Sie verstummte, als sie begriff, was er meinte. Er bewunderte Elizabeth Samuel. Womöglich redete er sich ein, sie zu lieben. Was er auch ruhig sollte, denn Beth war Marissas beste Freundin und ein wundervoller Mensch. Womit auch die Frage beantwortet wäre, weshalb er sie nie geküsst hatte. »Ja, sie versprach, es möglich zu machen. Gewiss wird sie bald hier sein. Haben Sie ihr geschrieben?«
Er errötete erneut. »Das hielt ich für unangemessen. Wir sind uns erst ein Mal begegnet.«
»Nun, sie wird zweifellos froh sein, dass Sie an sie dachten.«
Die Musik verstummte für einen Moment, ehe eine neue Melodie angestimmt wurde. Mr Dunwoodys elegante Finger berührten Marissas Arm, und er lächelte. »Der erste Tanz?«, fragte er, und Marissa stand auf.
Er führte sie durch eine muntere Gigue, und bald gesellten sich andere Paare zu ihnen. Am Ende des Tanzes lachte Marissa, obgleich sie außer Atem war. Mr Dunwoodys Hand lag auf ihrem Rücken, doch sie ermahnte sich, es nicht zu
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