Süß wie die Sünde: Roman (German Edition)
nur.«
Nach einigem weiteren Zappeln und Winden hatte sie endlich ein Einsehen und sank erschöpft an ihn. Jude hielt einen Moment inne, damit sich sein Herz wieder beruhigen konnte. Er hatte seine Wache erst vor fünf Minuten begonnen, und der Schrecken, eine dunkle Gestalt herbeischleichen zu sehen, hatte seinen Puls zum Rasen gebracht. Er konnte es nach wie vor nicht glauben, dass es eine Frau war. Hatte Patience ihn belogen?
Die Kapuze ihres Umhangs war ihr weit in die Stirn gerutscht, sodass Jude im fahlen Licht des Halbmondes nicht einmal ihre Haarfarbe erkennen konnte. Es war möglich, dass es Patience war, denn sie war sehr klein und zart.
Himmel, was für ein Durcheinander!
Langsam nahm Jude seine Hand vom Mund der Frau, und ihr panisches Ringen nach Luft hallte durch den Hain. Sie schluchzte, als Jude in seine Tasche griff, um das Band herauszuholen, mit dem er ihr die Hände fesseln wollte. Dann zog er ihre Arme auf ihren Rücken und begann, ihre Handgelenke zusammenzubinden.
»Sir, bitte!«, wimmerte sie.
Sie war nicht Patience. Gott sei Dank!
»Bitte, Sir, es war nicht meine Idee. Ich schwöre es!«
Jude stutzte, denn selbst aus den geschluchzten Worten war deutlich herauszuhören, dass die Frau eine Dorfbewohnerin oder Bedienstete sein musste. Und gleichzeitig ging ihm auf, dass das Rätsel noch nicht gelöst war. Um den wahren Schuldigen zu finden, mussten sie diese Frau zum Reden bringen. Und selbst wenn sie geständig war, was hätten sie gegen den Erpresser in der Hand? Nichts. Er hatte seine fünftausend Pfund nicht erhalten, also würde er die Geschichte über Marissa verbreiten.
»Für wen arbeiten Sie?«, knurrte er verärgert.
Sie weinte noch heftiger und schüttelte den Kopf.
»Verteufelt noch eins, für wen arbeiten Sie?«
»Bitte, Sir, bitte.«
»Tja, wenn Sie schon nicht die Wahrheit sagen wollen, halten Sie wenigstens den Mund.«
Er packte sie bei einem Arm und zog sie ins Helle. Aidan war den Ball leid und hatte Jude bei dessen Ablösung gesagt, dass er im Garten warten würde, statt wieder hineinzugehen. Jude sah die glühende Spitze seiner Zigarre bereits aus einiger Entfernung.
»Ich habe sie.«
»Sie?«, fragte Aidan und stand auf.
Aus den Fenstern des Herrenhauses fiel mattes Licht in den Garten. Jude zog der Frau die Kapuze ab, um sie besser zu sehen. Er erkannte sie nicht, und auch Aidan zuckte mit den Schultern.
»Hier können wir sie nicht befragen. Hol eine der Kutschen, und wir treffen uns gleich vor dem Tor.«
»Gute Idee. Ich sage Edward Bescheid.«
Die junge Frau erstarrte. »Nein! Bitte nicht.«
»Möchten Sie nicht mit uns kommen? Da gibt es eine simple Lösung, meine Liebe. Sagen Sie uns, wer Sie geschickt hat.«
Sie schüttelte wieder den Kopf und straffte sich. »Ich weiß nicht, wer mich geschickt hat«, sagte sie, als wäre es ihr eben eingefallen. Jude verdrehte die Augen und zerrte sie zurück zu den Bäumen.
»Dann unterhalten wir uns während der Kutschfahrt über sein Aussehen. Vielleicht kennt ihn einer von uns.«
»Bringen Sie mich nicht weg«, flehte sie, als sie weitergingen. Jude ignorierte sie, in der Hoffnung, dass sie bald zusammenbrechen und gestehen würde, was aber nicht geschah.
Gewöhnlich fühlte Jude mit Damen in Not, doch die nächste Viertelstunde blieb er eisern und gab ihrem Betteln nicht nach. Ob sie nun verantwortlich war oder nicht, sie spielte eine wesentliche Rolle in dieser Intrige gegen Marissa, und er ließ nicht zu, dass sein großes Herz den Plan gefährdete.
Als die Kutsche endlich herbeigerumpelt kam, duckte sich die junge Frau und versuchte wegzulaufen. Jude fing sie schon nach einem Schritt ein und hob sie kurzerhand in den Wagen. Dann stieg er ein und stellte fest, dass auch Edward mit ihnen fuhr. Jude warf ihm das Geld zu.
»Harry kommt demnächst mit den Damen nach«, erklärte Edward. »Ich hielt es nicht für klug, wenn wir alle überstürzt aufbrechen.« Er blickte zu der jungen Frau, die in der Ecke der Sitzbank kauerte. »Wer ist sie?«
»Das sagt sie nicht.«
Edward zog ihre Kapuze nach hinten und runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht, dass ich sie kenne, aber sie ist recht unauffällig, würde ich sagen. Wer sind Sie?«
Sie zog ihre Kapuze wieder nach oben und schüttelte den Kopf. »Bitte, lassen Sie mich gehen. Ich bin bloß ein Hausmädchen und habe nichts mit dem allen zu tun.«
Jude sah sie streng an. »Und dennoch haben Sie bisher nicht gefragt, worum es geht, was mir höchst
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