Süße Fesseln der Liebe
angemessen war, und ging nach unten.
Greville stand am Schreibtisch, wühlte in einem Stapel Papiere, wirbelte aber sofort herum, als er das Geräusch der sich öffnenden Tür hörte. »Oh, da bist du ja. Ich hatte mich schon gefragt, wo du bleibst.« Prüfend glitt sein dunkler Blick über sie. »Du siehst müde aus.«
Aurelia zuckte lächelnd die Schultern. »Ich bin auch ein wenig müde, denn ich fand Don Antonios Gesellschaft nicht die Spur erholsam.«
»Das kann ich mir denken.« Er stützte sich auf dem Schreibtisch hinter sich ab. Als sein Blick weiterhin aufmerksam über sie glitt, beschlich sie das Gefühl, dass er versuchte, ihre Gedanken zu lesen. »Nun«, fuhr er nach einer Weile fort, »willst du mir nicht Bericht erstatten?«
»Es gibt nicht viel zu berichten.« Sie setzte sich in die Ecke des Sofas und lehnte sich an die Kissen. »Wir sind durch den Park geritten, ich glaube, wir haben dreimal den Rundweg hinter uns gebracht. Den Leibwächter habe ich nicht eine Sekunde zu sehen bekommen.«
»Das wirst du auch in Zukunft nicht. Der Mann versteht sich auf sein Geschäft. Erzähl weiter.«
»Wir haben geflirtet.« Aurelia zuckte die Schultern. »Aber ihm ist kein einziges interessantes Wort über die Lippen gekommen. Um ehrlich zu sein, er hat kaum über Spanien oder über seine Landsleute gesprochen. Sobald ich das Gespräch darauf gebracht habe, hat er es wie ein Spiegel auf mich zurückgelenkt.«
Greville nickte. »Damit war zu rechnen. Vasquez ist ein Meister seines Faches.«
Aurelia verzog das Gesicht. »Das glaube ich sofort. An der Oberfläche ist er weich wie Seide und so schlüpfrig wie geöltes Leder. Aber hin und wieder dringt ein scharfer Tonfall durch. Es klingt wie geschliffener Stahl, unglaublich drohend. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mir das nur einbilde.«
»Nein, das tust du nicht. Ich bin ganz deiner Meinung.« Er stieß sich vom Tisch ab und ging zum Fenster, von dem aus er die schmalen Straßen auf der Rückseite des Hauses in der South Audley Street überblicken konnte, schob die Vorhänge beiseite und schaute nach draußen.
Im Moment war die Gasse leer und verlassen. Aber trotzdem kam es ihm vor, als könnte ein Eindringling sich durch dieses Fenster einfach und nahezu unbemerkt Zutritt zum Haus verschaffen. Er würde es sichern. Ich hätte früher daran denken müssen, schalt er sich selbst und ärgerte sich, dass seine Wachsamkeit offenbar nachließ.
»Er möchte, dass ich mit ihm einen Ausritt nach Richmond Park mache«, bemerkte Aurelia.
Greville ließ den Vorhang los und drehte sich wieder zu ihr. »Nein, das wirst du nicht«, verkündete er mit fester Stimme.
Aurelia war überrascht. »Warum nicht? Ich dachte, dass es meine Aufgabe ist, die Bekanntschaft zu ihm zu pflegen. Ich komme nicht weiter, wenn ich seine Einladungen ausschlage.«
»Es gibt Einladungen, die du niemals annehmen darfst. Richmond ist zu weit entfernt und liegt zu einsam. Ich kann nicht garantieren, dass dein Leibwächter in der Lage sein wird, dir unbemerkt zu folgen. Du wirst Vasquez nur in der Stadt begegnen, und nur an öffentlichen Orten.«
»Ich habe eine Rolle zu spielen. Und ich werde sie so spielen, wie ich es für richtig halte«, widersprach sie genauso bestimmt wie er, obwohl ihre Irritation über seinen Tonfall sich in ihrem Blick spiegelte.
»Du scheinst zu vergessen, dass du für mich arbeitest.« Plötzlich klang seine Stimme ausgesprochen sanft. »Ich gebe die Melodie vor. Du hast nur zu tanzen.«
»Ich dachte, wir wären Partner«, entgegnete sie knapp.
»Ganz recht. Allerdings handelt es sich um eine Partnerschaft, in der einer gleicher ist als der andere.«
Aurelia musterte ihn schweigend, bevor sie ihm eine Frage stellte. »Was ist es genau, wovor du Angst hast, Greville? Hat Don Antonio irgendetwas an sich, was du mir nicht verraten willst?«
»Du weißt alles, was du wissen musst.« Wenn er ihr alles verriet, was er über Don Antonio wusste, konnte es sein, dass sie den Spanier durch ihr Verhalten alarmierte. Im Grunde genommen hatte Greville nur eine Chance, gegen Don Antonio zu gewinnen: Der Mann musste sich in der Überzeugung wiegen, dass die Natter keine Ahnung hatte, wer er wirklich war, und dass er glaubte, dass sie eigentlich ein ganz anderes Spiel spielten.
Aber er musste ebenso sichergehen können, dass Aurelia sich nicht durch ihr Wissen in Gefahr brachte.
»Ich möchte nicht, dass du zu vertrauensselig wirst«, erklärte er sorgsam. »Wir
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