Süße Fesseln der Liebe
gehen.«
Sie eilte zur Tür, hielt aber inne, als Greville ihr die Hand auf den Arm legte. »Vielleicht bilde ich es mir nur ein, Aurelia, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass etwas mit dir nicht stimmt.« Er musterte sie mit durchdringendem Blick.
»Aber nein, es ist nichts«, wehrte sie ab, spürte, wie sie seinem Blick auswich. »Es geht mir ausgezeichnet.« Sie schauderte ein wenig. »Ich kann natürlich nicht abstreiten, dass ich diese Angelegenheit mit Don Antonio als belastend empfinde. Wenn er in meiner Nähe ist, kann ich mich nicht eine Sekunde lang entspannen. Mein ganzer Körper tut mir dann weh.« Sie versuchte, darüber zu lachen, wusste aber, dass es misslang.
»Vielleicht brauchst du zur Stärkung einen Tonic. Und dein Appetit war noch nie besonders groß, scheint aber seit einigen Tagen überhaupt nicht mehr zu existieren. Außerdem missfallen mir diese dunklen Schatten unter den Augen.«
»Dann sorge dafür, dass du den Auftrag so schnell wie möglich erledigst, Greville«, entgegnete sie schärfer, als sie beabsichtigt hatte. »Ich muss jetzt zu Franny.« Sie löste ihren Arm aus seinem Griff und eilte zur Tür.
Greville fluchte unhörbar. Er hatte nicht gründlich genug überlegt, welchen Tribut sie für die Arbeit zu entrichten hatte. Es ist in vielerlei Hinsicht schwieriger, innerhalb einer vertrauten Umgebung eine neue Rolle zu spielen, als den Stier geradeheraus bei den Hörnern zu packen, dachte er, ganz gleich, wie gefährlich sein Part auch sein mochte. Aurelias Aufgabe war zwar nicht in sich selbst gefährlich; aber die Tatsache, dass sie die Maskerade jede Sekunde lang aufrechterhalten musste, solange sie sich in Gesellschaft befand, durfte nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Aber es würde nicht mehr lange dauern. Schon bald würde Vasquez den entscheidenden Zug wagen. Und wenn er es endlich getan hatte, würde sein Opfer entdecken, dass es bereits erwartet wurde. Greville würde den Spanier mit seinen eigenen Waffen schlagen. Natürlich hätte er der Angelegenheit auch mit einem einzigen vorbeugenden Schlag ein Ende setzen können. Mit einem simplen Attentat.
Aber er war stolz auf seine Raffinesse. Und er war überzeugt, dass El Demonio mehr als nur einen Pfeil im Köcher hatte, was die Gründe für seinen Besuch in London betraf. Es musste noch mehr Menschen geben, die in den Aufbau eines Geheimdienstes verstrickt waren. In der nächsten Zeit wollte Greville sein eigenes Netz auswerfen und sehen, welcher Fisch sich noch fangen ließ. Aber wenn die Angelegenheit irgendwann erledigt war, würde er mit Aurelia für ein paar Wochen verreisen. Irgendwohin aufs Land, wo sie sich ausruhen konnte, die Röte wieder in ihre Wangen und der Glanz in ihre Augen zurückkehren würden.
Bis zum nächsten Auftrag, der ihrer gemeinsamen Zeit ein Ende setzen würde.
23
»Wie geht es Franny heute?« Am Samstagabend stand Greville in Hemdsärmeln in der Tür zwischen seinem und Aurelias Schlafzimmer und befestigte die schneeweißen Falten des Krawattentuchs mit einer Diamantnadel.
Aurelia saß auf dem Frisierschemel. Ein Negligé schützte das weiße Seidenkleid, während Hester ihr die Haare richtete. Das Überkleid aus schwarzem Flor war sorgfältig über die Lehne der Schlafcouch gelegt.
Aurelia drehte sich vorsichtig ihm zu. »Es geht ihr schon viel besser«, meinte sie lachend, »aber sie versucht immer noch, das Bestmögliche aus der Angelegenheit herauszuholen. Obwohl sie in den letzten drei Tagen völlig gesund gewesen ist, ist sie offenbar überzeugt, dass Daisy sich durch ein geschickt platziertes Husten oder ein taktisches Niesen dazu verführen ließe, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen.« Sie neigte den Kopf. »Du siehst wirklich wundervoll aus.«
»Zweifellos kann man mir vieles nachsagen, meine Liebe, aber ganz sicher nicht, dass ich wundervoll aussehe. Sitzt die Nadel gerade?«
Aurelia erhob sich und ging zu ihm. »Falsche Bescheidenheit macht dich nicht unbedingt attraktiver«, erklärte sie ernst und rückte die Nadel mit ihren flinken Fingern zurecht.
Als sie sich entfernen wollte, schnappte er ihr Handgelenk und verteilte kleine Küsse auf der weichen Handfläche. »Bist du sicher, dass es dir gut geht, Aurelia?«
»Natürlich. Es könnte mir nicht besser gehen. Warum fragst du?«
»Keine Ahnung«, gab er zurück und hielt ihre Hand immer noch fest, »aber ich merke genau, wenn jemand nicht die Wahrheit sagt.« Greville zog sie zu sich, legte ihr
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