Süße Herzensbrecherin
seine Hand nur ganz leicht auf ihrer Taille ruhte, spürte sie seine Kraft und Sinnlichkeit, was ihr all die skandalösen Geschichten um seine Person wieder in Erinnerung rief. Er sah gut aus und führte ein sündiges Leben. Wie kann ich ihm glaubhaft machen, dass er mir gleichgültig ist, wenn allein seine Gegenwart mich völlig durcheinanderbringt?, dachte sie und hob den Blick. Der Ausdruck in seinen Augen war entschlossen, und er sah sie seltsam herausfordernd an.
„Sie tanzen gut, Captain Lampard.“
„Sind Sie plötzlich eine Expertin?“
„Immerhin kenne ich den Unterschied zwischen gut und schlecht. Sagen Sie mir, bekommen Sie immer, was Sie wollen?“
„Für gewöhnlich ja“, erwiderte er. „Vielleicht nur, weil ich ein arroganter und rücksichtsloser Schurke bin – wie all jene behaupten, die mich gut zu kennen glauben. Das liegt an der Art und Weise, wie ich erzogen wurde, müssen Sie wissen. Ich war von Leuten umgeben, die jedes meiner Bedürfnisse befriedigt haben und mich immer bei Laune hielten.“
Cassandra schenkte ihm einen ironischen Blick. „Was Sie mir in Wirklichkeit zu sagen versuchen, ist, dass Sie verzogen wurden. Da Sie jedoch ein Mann sind, habe ich nichts anderes erwartet.“
Der Tanz war zu Ende, und William führte Cassandra vom Parkett, um sie zu Lady Monkton zu bringen, die bei einer Gruppe Pralinen naschender Matronen Platz genommen hatte. Neben diesen fülligen Damen wirkte Cassandras Tante schlank und überaus vornehm. Als Lady Monkton aufsah und ihre Großnichte und den Captain auf sich zukommen sah, erhellte sich ihre Miene.
„Cassandra, meine Liebe, wie schön, dich schließlich doch tanzen zu sehen – und mit Lord Carlow! Ich hatte die Hoffnung, was meine Schutzbefohlene betrifft, bereits aufgegeben, Mylord“, verkündete sie freundlich und tat noch einmal kund, wie enttäuscht sie war, dass sie Cassandras Debüt nicht hatte arrangieren dürfen. „Sie müssen ihr verzeihen“, schloss sie. „Cassandra legt keinen Wert auf gesellschaftliche Umgangsformen – ihr sind soziale Anliegen wichtiger.“
„Was bewundernswert ist, Lady Monkton.“
„Ich bin froh, dass Sie so denken, Lord Carlow. Ich hoffe, Sie amüsieren sich gut?“
„Oh ja, Lady Monkton. Vielen Dank für die Einladung.“ Mit seinem warmen Lächeln und der formvollendeten Verbeugung bot er den Anblick eines perfekten Gentleman. „Darf ich mir die Bemerkung erlauben, dass Sie noch reizender aussehen als bei unserer letzten Begegnung?“
Lady Monkton musste lachen, und Cassandra hätte schwören mögen, dass ihre Tante unter dem Rouge heftig errötete.
„Sie sind ein Schmeichler, Sir. Ich muss sagen, dass ich – wie jede hier anwesende Dame – beglückt bin über Ihre längst überfällige Rückkehr in den Londoner ton. Die Stadt ist ein weitaus aufregenderer Ort, wenn Sie die Saison hier verbringen. Gott sei Dank, dass wir Bonaparte geschlagen haben.“
Wie auf Zuruf setzte die Musik ein. William, der nicht so leicht von einem Vorhaben abzubringen war, verneigte sich vor Cassandra. „Miss Greenwood, darf ich Sie bitten, einen zweiten Walzer mit mir zu tanzen?“
Cassandra wich seinem Blick aus, fest entschlossen, ihm diesmal einen Korb zu geben. „Nun, ich …“
„Natürlich wirst du tanzen, Cassandra“, fiel ihre Tante ihr ins Wort, war sie doch unendlich erleichtert darüber, dass ihre Nichte heute Abend ein gewisses Interesse an den Amüsements zeigte, denen sich andere Frauen mit dem größten Vergnügen hingaben. „Zwei Tänze mit ein und demselben Partner sind durchaus vertretbar – also fort mit euch und viel Vergnügen.“
Cassandra warf ihrer Tante, deren Mienenspiel verriet, wie zufrieden sie war, einen vorwurfsvollen Blick zu, doch es half nichts. Sie musste sich geschlagen geben und ließ es ohne weiteren Protest zu, dass Lord Carlow sich ihre Hand in die Armbeuge legte.
„Ich habe Sie lediglich um einen weiteren Tanz gebeten, Miss Greenwood, um nichts Intimeres als das.“
„Und das ist gut so, Captain, denn wie großzügig Ihre Überweisung zugunsten unserer Kinder auch ausfallen mag – zu mehr als diesem Tanz wird es unter keinen Umständen kommen. Ich glaube sogar, dass ich Sie nicht einmal gut leiden kann.“
„Darauf kommt es nicht an“, erwiderte er vergnügt und legte den Arm um ihre Taille, um die erste schwungvolle Umdrehung zu vollführen. „Man muss ja nicht gleich von Liebe sprechen, wenn man das Bett teilt.“
„Captain Lampard!“, keuchte
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