Suesse Hoelle
nach hinten. »Diesmal konnte ich es.«
»Und war sonst noch was? Kannst du irgend etwas über die von ihm anvisierte Person sagen?«
»Nein.«
»Schon der kleinste Hinweis wäre uns dienlich ... «
»Ich habe dir gesagt, nein!« schrie sie ihn plötzlich an und rannte ins Schlafzimmer. »Glaubst du nicht, ich hätte es versucht?«
Er bewegte sich schnell und geschmeidig wie ein Tiger. Noch ehe sie die Schlafzimmertür erreicht hatte, war er von der Couch aufgesprungen und hatte sie in seine Arme genommen. Von hinten griff er nach ihr, zog sie fest an sich. Jetzt erst fühlte er das Zittern in ihrem Körper, das sie seit dem Mittagessen nicht mehr verlassen hatte. »Es tut mir leid«, murmelte er und rieb sein stoppeliges Kinn an ihrer Schläfe. »Ich weiß, wie schwer das für dich ist. Wirst du damit fertig?«
Sie zögerte einen Augenblick, dann gab sie zu: »Ich fühle mich irgendwie gespenstisch.«
Zärtlich wiegte er sie in seinen Armen, gab ihr das Gefühl von Schutz und Stärke. Seit fast einem Monat lebte sie jetzt mit dieser Anspannung, und für sie war alles erheblich schlimmer als für ihn. Sie brauchte dringend eine Ablenkung. Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht. »Möchtest du vielleicht ins Kino gehen?« fragte er.
»Das war auch beim letzten Mal dein Vorschlag«, meinte sie nervös. »Irgendwo hinzugehen.«
»Hat es denn geklappt?«
Ganz ungewollt entspannte sie sich ein wenig. Sie war schrecklich müde, es tat so gut, sich an ihn zu lehnen. »Das weißt du doch.«
»Dann lass uns ins Kino gehen. Gibt es einen Film, den du gern sehen möchtest ?«
»Ich weiß nicht.« Sie zögerte. »Seit dem ersten Vorfall bin ich nicht mehr im Kino gewesen.«
»Dann wird es aber Zeit. Ich habe seit Jahren schon keinen Film mehr gesehen. Was interessiert dich denn?«
»Läuft überhaupt etwas Interessantes?« Sie wandte sich zu ihm und lächelte ein wenig schief. »Ich glaube, lieber möchte ich bloß herumfahren.«
Er war erleichtert, als er fühlte, wie ihr Körper sich nach und nach lockerte. Er wäre am liebsten mit ihr ins Bett gegangen, doch sie war immer noch zu verkrampft, um das genießen zu können. »Mit Vergnügen!« Er verbeugte sich.
Die Dämmerung war schon angebrochen, als sie das Haus verließen; obwohl die Sonne bereits unterging, war es noch immer heiß, irgendwo in der Ferne grollte ein Donner. Dane kurbelte das Fenster herunter, fuhr auf den Highway und lenkte den Wagen auf die Küste zu, genau in das aufziehende Gewitter hinein. Die Wolkenbank ragte vor ihnen auf wie ein Ungeheuer, Blitze zuckten an dem rötlichen Himmel auf.
Die Luft, die durch das offene Fenster in den Wagen strömte, wurde etwas kühler, beinahe schon kalt; sie brachte den süßen, erfrischenden Geruch nach Regen mit sich. Marlie saß schweigend neben ihm und blickte auf das Gewitter. Die ersten Tropfen prasselten an die Windschutzscheibe, Dane hatte gerade noch Zeit, das Fenster zu schließen und die Scheibenwischer anzustellen, dann brach der Sturm über ihnen los.
Er musste beinahe im Schritttempo fahren, während um sie herum der Donner krachte und die Blitze zuckten. Andere, vorsichtigere Fahrer steuerten an den Straßenrand und suchten Schutz unter Brücken oder Überhängen. Einige wenige Wagehälse setzten die Fahrt fort, in das Herz des Gewitters hinein; um sie herum wurde es dunkel, das Licht der Scheinwerfer erhellte nur ein kurzes Stück der Straße vor ihnen.
Marlie saß bewegungslos da. Das Gewitter war so heftig, dass sie sich ganz leer fühlte, es nahm ihr jegliches Gefühl für ihr Ich und erfüllte sie statt dessen mit seiner Elektrizität. Sie wusste, dass sie sich vor dem Gewitter hätte fürchten sollen, doch das tat sie nicht. Die Großartigkeit erfüllte sie mit Staunen, und die freigesetzte Energie erfrischte sie.
Der Wagen war wie eine dunkle Höhle. Dane sprach nicht, und auch Marlie schwieg. Sie fühlte, dass Worte hier unnötig waren. Während sie sich in Sicherheit und im Trockenen befand, wüteten um sie herum die Elemente, der Regen trommelte aufs Dach, und der Wind schaukelte das Auto hin und her. Dane hielt das Lenkrad fest in seinen Händen, die Muskeln an seinen kräftigen Armen traten hervor, während er den Gewalten die Stirn bot. Marlie hatte keine Sekunde lang das Gefühl, in Gefahr zu sein. Sie war gut bei ihm aufgehoben!
Schließlich hatten sie das Gewitter hinter sich gelassen, der Donner verlief sich in der Ferne, noch immer zuckten Blitze über den Himmel. Es
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