Suesse Hoelle
Perücke, er hatte einen irrsinnigen Preis dafür bezahlt, doch war sie jeden Penny wert. Bis jetzt hatte niemand bemerkt, dass er eine Perücke trug. Nicht nur, dass blond seine natürliche Haarfarbe war, es war auch die Frisur der blonden Locken, an die die Leute sich erinnerten. Er fiel damit auf.
Dabei stimmte mit seinem eigenen Haar alles, überlegte er, als er jetzt seine Schläfen betrachtete, um festzustellen, ob sein Haar sich irgendwo lichtete. Aber es wäre dumm, der Polizei vielleicht mit einem verlorenen Haar ein Indiz zu geben, mit dem sie ihn identifizieren konnte. Sorgfältig rasierte er sich den Kopf, er ließ sich Zeit, obwohl erst leichte Haarstoppeln gewachsen waren, denn das letzte Mal war ja noch nicht lange her.
Er liebte es, sich zu rasieren, die Nässe, das Gefühl des Rasiergels, die Art, wie die Klinge über die Haut glitt. Es war beinahe wie Sex.
Als nächstes kam der Bart. Es wäre nicht nett, sie mit einem unrasierten Kinn zu kratzen. Danach rasierte er sich die Brust. Er hatte ziemlich viel Haare auf der Brust, und eigentlich war er sehr stolz darauf, doch sie mussten weg.
Danach rasierte er sich Arme und Beine. Ganz glatt fühlte er sich an. Kein Wunder, dass die Frauen sich die Beine rasierten. Welch ein Genuss!
Schließlich mussten auch die Haare um sein Geschlechtsteil daran glauben. Nichts blieb übrig, das man finden, untersuchen und sich darüber freuen konnte. Er ging äußerst sorgfältig vor an dieser Stelle, denn selbst die kleinste Verletzung konnte ganz unmerklich einen Tropfen Blut hinterlassen. Das durfte keinesfalls geschehen. Und natürlich trug er immer ein Kondom, damit keine Spermaspuren zurückblieben. Er hatte sogar einen Notplan, falls das Kondom einmal zerriss, doch bis jetzt musste er zu dieser Lösung noch nie Zuflucht nehmen.
Einige Männer, so hatte er gelesen, konnte man nicht durch ihr Sperma identifizieren, einer von fünfen gehörte dazu. Es wäre nett zu wissen, ob auch er zu diesen zwanzig Prozent gehörte; doch leider konnte er ja nicht in ein Labor gehen und darum bitten, seinen Samen zu untersuchen. Es machte ihm auch nichts aus, ein Kondom zu tragen, er wollte sowieso nicht, dass sein Samen in die Körper der Nörglerinnen gelangte.
Als nächstes kam die Kleidung dran. Leder. Es würde keine Fasern geben, die er zurückließ, nichts würde den Kriminalern einen Anhaltspunkt geben. Seine Lederkleidung verwahrte er sorgfältig in einer Schachtel, getrennt von all seinen anderen Sachen. Er besaß einen Schonbezug aus Vinyl, den er über den Autositz zog, und der Boden des Wagens war mit Matten aus Vinyl ausgelegt. Er achtete immer sehr darauf, dass er mit den Füßen nichts anderes berührte als die Matten, damit an seinen Stiefeln keine verräterischen Fasern hängenblieben. Einzelheiten. Aufmerksamkeit gegenüber jeglichen Details war alles. Es gab nicht den geringsten Fingerzeig auf seine Person, denn er ließ keine Beweise zurück, bis auf das Objekt seiner Bestrafung.
Detektiv Hollister hatte nicht angerufen, obwohl Marlie es erwartet hatte. Er war nicht einmal unangemeldet bei ihr erschienen, wie er es ja schon ein paarmal getan hatte. Sie war nervös gewesen, hatte sich davor gefürchtet, dass er telefonieren oder vorbeikommen würde - dann zürnte sie ihm, weil er es nicht getan hatte. Wie auch immer, es war ihm gelungen, ihren gemütlichen Abend zu Hause zu ruinieren.
Sie hatte mit dem Gedanken gespielt, ins Kino zu gehen, zum Teil auch, um Hollister zu ärgern, falls er anrufen sollte; doch dann hatte sie diesen Gedanken wieder verworfen. Sie konnte nicht verstehen, was am letzten Freitag Abend geschehen war. War es erst eine Woche her? Es kam ihr vor wie ein ganzer Monat. Vielleicht würde sie ein andermal ins Kino gehen, heute Abend nicht.
Früher als sonst ging sie zu Bett, noch vor zehn Uhr, nicht einmal die Spätnachrichten sah sie sich im Fernsehen an. Sie war müde, eine Woche der Anspannungen hatte ihren Preis gefordert. Es war eine Erleichterung, die Augen schließen zu können und zu wissen, dass sie morgen früh nicht zur Arbeit musste, sondern in aller Ruhe ausschlafen konnte. In den Kissen fühlte sie, wie ihre Muskeln sich entspannten, wie sie langsam einschlummerte...
- Geräuschlos bewegte er sich durch das Haus. Der Fernsehapparat dröhnte, er tarnte seine Anwesenheit. Einen Augenblick blieb er an der Schwelle stehen und betrachtete die Frau, die mit dem Rücken zu ihm saß und sich einen alten Film ansah,
Weitere Kostenlose Bücher