Suesse Hoelle
sehen, dass du die Augen aufmachst.«
Sie schluckte, dann holte sie zweimal tief Luft, um ihre Tränen zurückzudrängen. Als sie glaubte, sie hätte sich in der Hand, zwang sie sich dazu, die Augen zu öffnen und zu ihm aufzublicken. »Es geht schon.«
Seine Blicke waren forschend, dann aber nickte er kurz. »Ich hole dir etwas zum Anziehen. Sag mir, was du haben möchtest.«
Trotz besten Willens fiel ihr nichts ein. »Ist mir egal«, sagte sie. »Irgend etwas.«
>Irgend etwas< war für ihn ein Höschen und ein Morgenmantel. Während er vor der Badezimmertür wartete, zog sie die nassen Sachen aus, legte sich mit zitternden Händen das Frottiertuch um und zog das an, was er ihr durch den Türspalt gereicht hatte. Sie rubbelte sich gerade ihr nasses Haar trocken; als sie für Danes Begriffe lange genug gebraucht hatte, kam er herein.
»Komm, lass mich das machen,« sagte er, nahm das Handtuch und schloss den Deckel der Toilette, damit sie sich drauf-setzen konnte. Vorsichtig rieb er ihr das Wasser aus dem Haar, dann nahm er einen Kamm und kämmte es glatt. Wie ein Kind saß sie vor ihm und ließ sich verhätscheln; die Aufmerksamkeit, die er ihr schenkte, tröstete sie mehr als alles andere zuvor. Entfernt dämmerte es ihr, was er gesagt hatte, diesmal wäre sie nicht allein. Dane war bei ihr. Er war in der letzten Nacht bei ihr gewesen und war noch immer da; er sorgte für sie und half ihr mit seiner Kraft, da sie keine mehr besaß.
»Wie spät ist es ?« brachte sie schließlich heraus. So banale Dinge und kleine Äußerlichkeiten waren der Anker, der sie am Leben hielt, der es ihr erlaubte, sich wieder zu fangen.
»Beinahe ein Uhr. Du musst etwas essen. Komm in die Küche, ich mache frischen Kaffee, und dann bekommst du ein Frühstück.«
Sie erinnerte sich an seinen Kaffee und warf ihm einen entsetzten Blick zu. »Um den kümmere ich mich lieber selbst.«
Er akzeptierte ihre Ablehnung seines Kaffees mit Wohlwollen, er war daran gewöhnt. Hauptsache, sie kam wieder langsam zu sich, mochte sie über seinen Kaffee sagen, was sie wollte. Jetzt war sie wieder präsent, doch noch immer kreidebleich im Gesicht, bis auf die Schatten unter den Augen. Er legte seinen Arm um ihre Taille, um sie zu stützen, und langsam schleppte er sie zur Küche.
Sie lehnte sich gegen die Anrichte, während sie den Kaffee in die Maschine gab, dann setzte sie sich und sah Dane zu, wie er mit Toast, Speck und Rühreiern hantierte. Sie aß ein paar Bissen von dem Ei und dem Speck, dazu eine Scheibe Brot. Den Rest vertilgte Dane.
Und als sie dann ohne ein Wort in sich zusammensank, hob er sie hoch, setzte sie auf seinen Schoß und hielt sie in seinen Armen, während sie weinte.
11
Ungefähr um vier Uhr an diesem Nachmittag kam Trammell mit einem geborgten Pick-up, auf den er die Tür geladen hatte. Dane wartete einen Augenblick und genoss den Anblick, den feinen Pinkel Trammell in einem Kleinlaster zu sehen, dann ging er zur Tür und half ihm beim Ausladen. »Wem gehört der Wagen?« fragte er.
»Freddies Mann.« Sie nahmen beide eine Seite der Tür und hoben sie hoch. Sie brauchten einander nicht zu fragen, ob der Mord bereits gemeldet war; gegebenenfalls hätten sie es beide bereits erfahren. Lou von nebenan trat auf ihre Veranda und betrachtete sie mit misstrauischem Interesse. Dane nahm sich die Zeit, ihr zuzuwinken. Sie winkte zurück, doch runzelte sie missbilligend die Stirn. Ohne Zweifel hatte sie an diesem Morgen aus dem Fenster gesehen und Danes Wagen in Marlies Einfahrt entdeckt, womit Marlies fleckenloser Ruf deutlich beschmutzt war.
»Du hast eine neue Freundin?« fragte er Trammell, als sie die Tür auf die Veranda trugen.
»Äh... nein.« Trammell verhielt sich ungewöhnlich zurückhaltend, und Dane war sofort misstrauisch Trammell gehörte zwar nicht zu den Männern, die sich im Gemeinschaftsraum mit Einzelheiten ihrer heißen Nächte brüsteten; doch im allgemeinen rückte er wenigstens mit den Namen seiner Freundinnen heraus.
»Ich dachte, du hättest deine Verabredung gestern Abend abgesagt. «
Trammell räusperte sich. »Sie ist trotzdem gekommen.«
»Gibt es da etwas, das ich vielleicht wissen sollte?«
»Nein. Vielleicht. Aber jetzt noch nicht.«
Dane war nicht aus Naivität ein so guter Detektiv geworden. Er fragte sich, warum Trammell es für nötig erachtete, die Identität einer Frau zu schützen, und als Antwort gab es nur zwei Möglichkeiten. Die erste: Die Dame war verheiratet. Trammell
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