Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse
Goodfellows Artikel zurückziehen. Ein etwas höflicherer Kampf war schon ein Schritt in die richtige Richtung.
Es gab nur eins, das ihn davon abhielt, Nates Vorschlag sofort zuzustimmen. Sein eigener Artikel würde sehr wahrscheinlich am übernächsten Tag in Edinburgh erscheinen, und David zweifelte sehr, dass er damit die Wogen glätten würde. Je mehr er an die Wortwahl in seinem Artikel dachte – denn bedauerlicherweise hatte er auf die Beleidigungen im gleichen Ton geantwortet –, desto sicherer war er, dass die Antwort ähnlich ausfallen würde.
„Setz dich mit Mr. Goodfellow durch welche Mittel auch immer in Verbindung, und lass deinen gespensterhaften Mitarbeiter wissen, Lord Treybourne sei einverstanden.“
Insgeheim war ihm nicht besonders wohl zumute, da er wusste, dass er die Wahrheit ein wenig zu seinen Gunsten ausschmückte. Doch es würde noch Zeit genug sein, zu erklären, dass sein Artikel sich bereits in Druck befunden hatte, als sie diese Abmachung trafen.
„Und kehrst du jetzt nach London zurück?“, fragte Nathaniel gespannt.
David ging das Risiko ein, entlarvt zu werden, wenn er länger blieb und sich in der Öffentlichkeit sehen ließ. Doch es war sicherlich nichts Schändliches daran, diskret seine Feinde aufzuspüren, um ihre Schwächen und Stärken einzuschätzen.
„Ellerton wartet auf mich auf unserem Jagdsitz. Ich hatte gedacht, ein kurzer Urlaub wäre angebracht, bis das Parlament sich wieder zusammenfindet.“
„Dann bist du also immer noch mit denselben Leuten unterwegs?“ Nathaniel lächelte. Offenbar erinnerte er sich an ihre etwas abenteuerlicheren Eskapaden an der Universität. „Ellerton und Hillgrove?“
„Ja, obwohl wir uns jetzt, da wir älter und weiser geworden sind, natürlich sehr viel umsichtiger verhalten.“ David lachte. Es waren lediglich sieben Jahre vergangen seit ihrer letzten Begegnung, kein ganzes Leben, und dennoch hatte er sich so verändert, dass Nate entsetzt wäre. „Vielleicht sind wir einfach nur älter geworden.“
„Und keiner von euch hat sich bis jetzt einfangen lassen?“, fragte Nathaniel.
„Der Druck, den man auf uns ausübt, wird immer hartnäckiger, aber noch haben wir die Waffen nicht gestreckt. Und wie es aussieht, bist du auch nicht gebunden. Was sagt dein Vater dazu, dass du noch dem Junggesellendasein frönst?“
„Es gibt eine Frau in meinem Leben, doch sie scheint meinen Antrag nicht annehmen zu wollen.“
Seine eben noch so entspannte Miene wurde wieder finster, wahrscheinlich auch, weil er bedauerte, so viel verraten zu haben. David hielt wohlweislich den Mund und stellte keine weiteren Fragen. Bei besagter Frau konnte es sich nur um Miss Fairchild handeln. Allerdings überraschte ihn, dass sie Nates Antrag abgewiesen hatte. Er war ein durchaus begehrenswerter Junggeselle und eine gute Partie.
In diesem Moment klopfte Harley und verkündete, dass angerichtet sei. Die Ablenkung war David nur lieb, da er nicht wusste, was er tun und ob er seine Verabredung mit Miss Fairchild erwähnen sollte. Aber schließlich handelte es sich nur um einen harmlosen Ausflug, bei dem sie außerdem von einer Anstandsdame begleitet werden würden, also konnte es keinen Zweifel an der Schicklichkeit geben.
David kam zu dem Schluss, dass es in einer solchen Angelegenheit stets besser war, um Vergebung zu bitten als um Erlaubnis. Und da er schon immer ein vorsichtiger Mann gewesen war, wollte er erst einmal abwarten, ob nach seinem Morgen mit der entzückenden Miss Fairchild überhaupt eine Erwähnung nötig sein würde.
7. KAPITEL
„Julia, lass mich bitte nicht bedauern, dass ich dich heute Morgen von deinem Unterricht befreit habe.“
Anna versuchte, streng zu klingen, doch ein Blick auf das aufgeregte Gesicht ihrer Schwester genügte, und sie gab es auf. Da sie um diese Zeit normalerweise mit ihrem Hauslehrer arbeiten würde, reagierte Julia auf das Angebot, stattdessen Anna und Mr. Archer zum Schloss zu begleiten, mit unverhohlener Begeisterung.
„Eine Dame trägt bei einem Ausflug immer ihre Handschuhe, Julia.“
Lächelnd strich Anna ihrer zwölfjährigen Schwester eine Haarsträhne unter das Häubchen und hoffte, dass sie stets diese Freude am Leben behalten möge. Sie selbst hatte es nicht gekonnt, da sie sich schon seit ihrem achtzehnten Lebensjahr allein um ihre kränkliche Mutter und ihre kleine Schwester kümmern musste. Danach nahmen ihre Erfahrung als Gouvernante und Lehrerin und die Arbeit mit den Frauen, die ihre
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