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Süße Rache: Roman (German Edition)

Süße Rache: Roman (German Edition)

Titel: Süße Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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wurde, und er kannte ihre Zimmernummer. Damit ließ sich alles herausfinden, was er wissen wollte. Er brauchte sie nicht mit eigenen Augen zu sehen, er brauchte nicht mit ihr zu sprechen; er konnte gefahrlos den befremdlichen Drang ignorieren, genau das zu tun.
    Er sah den Gang entlang und stellte fest, dass der große Rollwagen mit den Frühstückstabletts nur noch drei Türen entfernt stand. Nachdem die Tür zu dem Zimmer neben Dreas ebenfalls geschlossen war, schlenderte er dorthin und lehnte sich daneben an die Wand, so als hätte ihn eine Schwester oder ein Pfleger gebeten, kurz draußen zu warten, während er oder sie etwas im Zimmer erledigte. Er sah scheinbar bedrückt auf den Boden.
    Die Dame aus der Cafeteria lieferte die Tabletts zügig in den jeweiligen Zimmern ab. Sie schob den Wagen an ihm vorbei und brachte ihn genau vor der Tür zu Dreas
Zimmer zum Stehen. Er blickte kurz auf, bereit, ihr ein kurzes, höfliches Lächeln zu schenken, falls sie ihn ansehen sollte, aber sie beachtete ihn so wenig wie ein abgestelltes Möbelstück. Wer im Krankenhaus arbeitete, sah oft Menschen an der Wand lehnen.
    Sie zog ein Tablett heraus, das aussah, als wäre es nur mit orangefarbenem Wackelpudding, Saft, Kaffee und Milch bestückt, aber dass Drea überhaupt feste Nahrung bekam, verriet ihm, dass sie in der Lage war, selbst zu essen, und nicht mehr künstlich ernährt werden musste. Die Cafeterialady klopfte kurz an und trat dann ein, ohne eine Antwort abzuwarten.
    »Ist das richtiges Essen?«, hörte er Drea mürrisch fragen.
    Die Cafeterialady lachte. »Sie haben sich zu Götterspeise hochgearbeitet. Falls Ihr Magen danach nicht aufmuckt, können Sie morgen vielleicht Kartoffelpüree bekommen. Wir bringen nur das, was der Arzt genehmigt.«
    Nach kurzem Schweigen sagte Drea: »Orange! Ich liebe Orangengötterspeise.«
    »Möchten Sie vielleicht zwei Portionen?«
    »Geht das?«
    »Sicher. Wenn Sie mehr wollen, brauchen Sie nur Bescheid zu sagen.«
    »Wenn das so ist, möchte ich unbedingt noch eine Portion. Ich bin am Verhungern.«
    Während Drea mit der Cafeterialady plauderte und sich auf ihr Essen konzentrierte, stieß sich Simon von der Wand ab und ging an ihrer Tür vorbei, ohne dabei den Kopf zu drehen und sie anzusehen.
    Einen Moment stürmte er wie blind voran, weshalb er auch die junge Frau nicht bemerkte, die gerade aus einem Zimmer trat, bis er mit ihr zusammenprallte. »Verzeihung«,
sagte er automatisch, ohne sie anzusehen, und pflügte weiter voran.
    Ehe er sich’s versah, stand er eingezwängt in der überfüllten Aufzugkabine, ohne dass er sich entsinnen konnte, eingestiegen zu sein. Er, der immer genau wusste, was er tat und was jeder um ihn herum tat, der sogar jede Toilette erst strategisch analysierte, bevor er sie betrat, war so gedankenverloren, dass er gar nicht mitbekommen hatte, was er tat oder wohin er lief.
    Er stieg im Erdgeschoss wieder aus, allerdings befand sich der Aufzug, mit dem er heruntergekommen war, in einem anderen Trakt als der, mit dem er nach oben gefahren war. Statt direkt bei der Notaufnahme zu landen, fand er sich in der Eingangshalle wieder, die mit einem hohen, zweistöckigen Atrium mitsamt echtem Ficushain aufwartete.
    Benommen und mit verkleistertem Hirn ging er auf den Ausgang zu, als ihm einfiel, dass sein Mietwagen auf dem Parkplatz bei der Notaufnahme stand. Er blieb stehen und sah sich um, konnte aber keine Schilder in Richtung Notaufnahme sehen.
    Sein normalerweise unfehlbarer Orientierungssinn riet ihm, den linken Gang zu nehmen, was er auch tat. Er hätte am liebsten laut gelacht, dabei lachte er so gut wie nie. Die Erleichterung sprudelte in seinem Blut wie Champagner, bis er sich fast beschwipst fühlte. Das Herz hämmerte in seiner Brust und schien seine Rippen sprengen zu wollen, so als würde der Brustkorb Herz und Lungen einzwängen.
    Plötzlich fiel ihm ein diskretes Schild ins Auge und ließ ihn innehalten. Aus einem unerklärlichen Impuls heraus öffnete er die Tür und trat ein.
    Sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte, spürte
er die Stille, fast als wäre der Raum schalldicht. Als hätte er eine andere Sphäre betreten, blieben der ständige Lärm und die ununterbrochene Hektik des Krankenhausbetriebs an der Türschwelle zurück. Einen Moment blieb er stehen, weil er gleichzeitig fliehen und bleiben wollte. Er war kein Feigling. Bis jetzt hatte er sich noch immer der Wirklichkeit gestellt, ganz gleich, wie hässlich sie war, und sie

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