Süße Teilchen: Roman (German Edition)
Zeit.«
»Wie viel Zeit?«
»Sobald ich das weiß, sage ich dir Bescheid.«
Die beste Rache ist angeblich, dass man allen zeigt, wie gut es einem geht.
Leicht ist das nicht, erst recht nicht, wenn man mit Devron und Tom in einem Meeting sitzt und über die Verpackung einer Puddingreihe namens »Fette Ente« spricht.
»Also, Leute«, beginnt Devron. »Wir brauchen ein paar frische, originelle Ideen.«
»Ich habe die neuen Produkte von Gü gesehen«, sagt Tom. »Tolle Verpackung, fetzig.«
»Sehr schön, vielleicht können wir die nachmachen.«
»Ich dachte, wir sollen originell sein«, wende ich ein.
»Sie fliegen doch mit Appletree nach Paris, oder? Lassen Sie sich dort inspirieren.«
»Aber das ist erst in zwei Wochen.«
»Mit Will Slater, richtig?«
»Ähm, ja.«
»Klauen Sie auch von ihm ein paar Ideen. Für einen Lieferanten ist er gar nicht mal so dumm.«
»Aber wollten Sie nicht etwas Frisches?« Statt anderen die Ideen zu klauen.
»Julie arbeitet schon an der Etikettierung. Ich denke an drei niedliche Entchen, eine Rothaarige, eine Blonde und eine Brünette. Okay, eigentlich war das Mandys Idee.«
»Devron, bitte, Sie wollen die Reihe doch nicht im Ernst ›Fette Ente‹ nennen.«
»Wollen Sie mir jetzt feministisch kommen?« Devron schaut Tom an und verdreht die Augen.
Tom ergreift das Wort. »Die Forschungsabteilung hält ›Fette Ente‹ für den absoluten Hit.«
»Wäre es nicht der absolute Hit, einen Pudding ›Voll-Idiot‹ zu nennen?«
»Sophie«, mahnt Devron.
»Tut mir leid, Devron, aber ›Fette Ente‹ klingt beleidigend. Und abfällig und dämlich und widerlich.«
»Die Forschungsabteilung ist da anderer Meinung.«
»Mir scheint, die Forschungsabteilung besteht aus Ihnen, Ihrer Freundin und Tom, oder etwa nicht?«
»Setz lieber deinen A i G«, erwidert Tom.
Ich bin erst seit einer Woche von meinem Ausflug in den Wahnsinn zurück und habe jetzt schon das Gefühl, dringend wieder Urlaub zu brauchen.
Ich gehe an meinen Schreibtisch zurück, öffne den Internetbrowser und zücke meine Kreditkarte.
Am Abend ruft James an.
Wie seltsam, dass er sich an dem Tag meldet, an dem Noushka ihre Verlobung bekannt gegeben hat. Hat Freud nicht gesagt, dass es keine Zufälle gibt? Aber womöglich hat James gesehen, dass ich Noushkas Twitter-Nachrichten lese und weiß, was ich weiß.
Nein, kann ich vergessen. So kompliziert denken Männer nicht, jedenfalls nicht Männer wie James.
Als ich seine Nummer auf meinem Display erkenne, fängt mein Herz an zu rasen. Ich wünschte, mein Körper würde sich allmählich mal nach Lauras Ratschlägen richten und so cool bleiben, wie es sich gehört.
Nach dem vierten Klingeln nehme ich ab.
»Wir sollten uns treffen«, sagt James. Ich glaube, einen Anflug von Kummer zu hören.
»Wozu?«
»Mir scheint, die Sache ist noch nicht erledigt.« Wie romantisch er das formuliert.
»Ach ja?«
»Wahrscheinlich denkst du, dass zwischen ihr und mir was war.« Kann er nicht einmal mehr ihren Namen aussprechen? Sie muss ihn sehr verletzt haben.
»Sie ist völlig irrelevant.« Das trifft sogar zu. Noushka war nie ein Grund, sondern immer nur ein Symptom.
»Umso besser. Hör zu, in der nächsten Woche würde ich gern für dich kochen.«
»Das geht leider nicht. Am Sonntag muss ich verreisen.«
»Wohin?«
»Nach Italien.« Das klingt besser, als zu sagen, ich muss eine Hungerkur für Frauen mit angekratztem Selbstbewusstsein machen.
»Wann kommst du zurück?«
»Am übernächsten Wochenende.«
»Dann treffen wir uns an dem Montag.«
»Da habe ich zu tun.«
»Dann am Dienstag.«
»Nein.«
»Mittwoch?«
»Da bin ich mit einem Lieferanten in Paris.«
»Donnerstag?«
Jetzt weiß ich, weshalb James geschäftlich so erfolgreich ist. Er gibt nie auf.
Würde ich mich wieder mit ihm einlassen, würde er glauben, dass er gewonnen hat. Nur dass ich mittlerweile weiß, wie er tickt, und deshalb auch, wie ich gewinnen kann.
»Der Donnerstag geht. Aber ich komme nicht zu dir. Ich schreibe dir per SMS, wo wir uns treffen.«
Vor mir liegt ein Berg, und zwar wortwörtlich. Oder »una montagna«, wie die Einheimischen hier sagen. Die alte Dame, die die Fitnessfarm leitet, behauptet, es handele sich lediglich um einen großen Hügel, »una alta collina«. Wenn man mich fragt, ist es alles andere als das, aber so oder so, müssen wir ihn erst am fünften Tag erklimmen. Heute ist der erste Tag.
Mir kommt es vor, als wäre ich hier schon ewig.
In diesem
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