Süße Teilchen: Roman (German Edition)
Teebeutel-Mantra.
»Meine Name ist Dr. Donna Dannika«, lese ich. »Ich glaube an Liebe ohne Nachsicht. Seit zweiundzwanzig Jahren helfe ich Kunden, die auf den Autobahnen des Lebens verunglückt sind. Immer wieder habe ich erlebt, dass insbesondere Frauen zugunsten einer Beziehung den größten Bockmist hinnehmen.«
Ich mag diese Frau, auch wenn ihr Name klingt, als würde ein Betrunkener von einem irischen Tanz erzählen.
»Lassen Sie sich eins von mir sagen: Kein Mann auf dieser Welt ist es wert, dass man seinetwegen die Selbstachtung verliert. Ach, nicht einmal den Schlaf einer einzigen Nacht sollte man seinetwegen verlieren.
Ich liebe und achte Männer. Aber nur, weil ich mich selbst mehr achte und liebe.
Seit einundzwanzig Jahren bringt mein Mann Kevin mir morgens das Frühstück ans Bett. Tut er das, weil ich die schönste Frau der Welt bin? Für ihn schon. Denn wahre Schönheit beruht auf Selbstvertrauen. Jeden Morgen, während Kevin in der Küche meine Pfannkuchen wendet, sage ich mir, Donna, du bist phantastisch. Donna, ich liebe dich. Donna, ich schätze dich. Du bist einzigartig.
Sprechen Sie es mir laut nach. Sagen Sie ›Ich bin phantastisch‹.«
Hm. Ich spähe über den Rand meines Bildschirms. Ich weiß, dass Eddie in der Mittagspause ist. Lisa hat Kopfhörer auf. Ich könnte es versuchen. »Ich bin –« Weiter komme ich nicht, Noushka hat eine neue Twitter-Nachricht gepostet.
Es sind die schlimmsten drei Wörter, die ich mir denken kann, denn da steht: »Noushka ist verlobt«.
Das, wovor ich mich am meisten gefürchtet habe, ist passiert. James hat sich festgelegt, aber nicht auf mich. Sie hat gewonnen. Sie ist besser als ich. Ich hasse sie. Bitte, lieber Gott, mach, dass ich sie nicht mehr hasse. Obwohl sie alles hat, was ich nicht habe.
Ich stürze mich auf ihre Blogs. Und stelle fest: Der Verlobte auf den Fotos ist weder hochgewachsen noch dunkelhaarig, hat keine große Nase und kein wundervolles Lächeln. Er ist klein und dunkelhaarig, könnte ein Osteuropäer sein. Er und Noushka wirken überglücklich.
Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit fühle ich mich wieder halbwegs gut.
Nicht weil James wieder frei ist, sondern weil ich es bin.
Das muss gefeiert werden.
Ich tippe Lisa an und frage, ob sie eine Zigarette für mich hat.
»Ich denke, du rauchst nicht mehr.«
»Nur diese eine noch.«
»Ich komme mit.«
Draußen ist es warm, aber wir haben ja auch schon Mitte Mai, auch wenn ich kaum weiß, wo die Zeit geblieben ist.
»Wo warst du eigentlich im letzten Monat?« Lisa gibt mir Feuer.
»Da hatte ich einen kleinen Nervenzusammenbruch und musste auf die Wirkung meiner Tabletten warten.« Ich lächele verlegen.
»Cool«, sagt sie. »Was hast du genommen?«
»Citalopram.«
»Zwanzig Milligramm?«
»Genau.«
Lisa klatscht mich ab.
»Seit wann nimmst du die denn schon?«
»Seit zweieinhalb Jahren.« Sie zieht an ihrer Zigarette und inhaliert tief. »Brauchst du die wegen des Typs, mit dem du zusammen warst?«
Ich nicke und gebe ihr die Kurzversion der alten Geschichte: Frau trifft Mann, Mann trifft eine andere, Frau verliert den Verstand.
»Was hast du gemacht, als du die Russin in seinem Haus entdeckt hast?«
»In meinem Bad auf dem Fußboden gelegen, mich vollgefressen und geheult.«
»Ich meine, wie hast du dich gerächt?«
Gerächt? Daran habe ich nie gedacht. Wofür hätte ich mich auch rächen sollen? Sicher, James hat mich belogen, aber ich mich selbst ja auch. Ich habe mir vorgemacht, alles liefe bestens, obwohl ein Teil von mir wusste, dass es anders war. Außerdem hat er mich nie richtig geliebt. Und manchmal hat er mich gequält, aber auch das habe ich zugelassen. Ich hätte gehen können, doch stattdessen habe ich gewartet, bis ich völlig am Ende war.
»Du hättest seine CD-Sammlung auf eBay verscherbeln können.«
Klar, aber wer hätte die abgenutzten Dido-CDs schon haben wollen?
»Ich habe Gregs Lieblingsklamotten damals alle zu Oxfam gebracht.«
»So schlau war ich nicht. Ich habe meine Lieblingsklamotten zu Oxfam gebracht.«
Ja, James hat mich gequält, aber wahrscheinlich nie mit Absicht. Im Grunde habe ich mich gequält, mehr, als er es jemals getan hat.
»Und dann habe ich mit Gregs bestem Freund geschlafen«, fährt Lisa fort. »Und seinen Mitarbeitern geschrieben, dass er sich Fotos von Margaret Thatcher anschaut, wenn er sich einen runterholt.«
»Und, hat das geholfen?«
»Vielleicht zehn Minuten lang. Das Einzige, was hilft, ist die
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