Sueße Verfuehrung an der Cote d'Azur
stieg in ihm auf, weil er hereingefallen war, aber auch das bohrende Schuldgefühl meldete sich wieder. Er musste sein Herz dagegen verhärten. Ja, er hatte sie verlassen, sobald sie eingeschlafen war. Doch er war geflohen, um sie zu schützen. Den Abschied hatte er ihr ersparen wollen, der, je länger er ihn hinausgezögert hätte, ihr umso schwerer gefallen wäre. Diese Lösung hatte er für die freundlichste gehalten, und danach hatte er sie zu entschädigen versucht.
Wonach sie sich sehnte, das hatte er ja aus ihren Gesprächen erfahren. Deshalb die Galerie, damit sie sich mit ihrer heiß geliebten Kunst beschäftigen konnte. Und das Cottage mit Garten, weil sie Blumen liebte. Als er nichts von ihr hörte, obwohl er seine Telefonnummer hinterlassen hatte, war er überzeugt gewesen, sie wollte die Affäre vergessen. Es gab also in der Vergangenheit nichts, was er sich vorzuwerfen hatte.
Und in der jetzigen Lage war die Ehe die beste aller möglichen Abmachungen zwischen ihm und Michelle. Sie wäre für immer versorgt. Jedenfalls solange sie die Spielregeln einhielt. Dem Baby käme es zugute, verheiratete Eltern zu haben. Und er hätte alles wieder unter Kontrolle.
Er betrachtete Michelles volle rosige Lippen, und alle Vorbehalte gegen sie lösten sich auf. Den ganzen Tag schon hatte ihre Schönheit ihn dazu verführt, an solch einen Augenblick zu denken. Nun war er da, und er genoss ihren Körper, als wäre es das erste Mal.
„Du willst mich. Du hast mich immer gewollt. Ich möchte dich haben“, murmelte er.
Das war kühn von ihm. Doch trotz seines Verlangens, sie gleich hier vor dem Kamin zu lieben, wollte er sie nicht wieder verführen wie in Frankreich, sondern ihr die Gelegenheit geben, auch mit Worten einzuwilligen.
Michelle verharrte regungslos in seinen Armen.
„Wir wissen schließlich beide, wie gut wir zusammenpassen“, sagte er und hoffte, sie überzeugen zu können.
Doch sie machte sich mit einem Ruck von ihm los und sah ihn forschend an. „Das kann ich nicht. Das dürfen wir nicht. In Frankreich habe ich mich vergessen, doch heute Abend bleibe ich standhaft. Ich bin nicht so, wie du denkst, Alessandro. Vor der Hochzeit kann und will ich nicht mit dir schlafen. Wenn du es mit der Heirat ernst meinst, wirst du das akzeptieren.“
Damit hatte er nicht gerechnet. Er rückte ab von ihr und fuhr sich durchs Haar. „Es hat lange gedauert, um die Fehler meines Vaters auszubügeln. Nur um dich zu heiraten, habe ich dich hergebracht. Und natürlich meine ich es ernst und werde tun, was ich versprochen habe. Hältst du mich etwa für einen Maulhelden?“
Sie hob herausfordernd das Kinn. „Nein, für einen Mann der Tat. Du hast mir die Unschuld geraubt und bist danach wortlos verschwunden.“
„Weil ich es für das Beste hielt. Was kann ich dafür, dass du nach dem ersten Versuch, mich zu erreichen, aufgegeben hast?“
„Ich schämte mich, weil ich vorgehabt hatte, als Jungfrau zu heiraten. Und außerdem war es mir peinlich …“ Sie schaute zu Boden und errötete. „Ich bin schwach geworden und habe das auch noch genossen. Wenn wir uns am nächsten Tag begegnet wären, hätte ich dir vielleicht nicht mehr in die Augen schauen können …“
Ach so. Irgendwie erleichterte ihn ihr Geständnis. Ihm wurde wieder warm ums Herz, und seine Lippen öffneten sich zu einem Lächeln. „Aber heute hast du es ganz gut gekonnt.“
Sie blickte auf und lächelte. Kurz und scheu, bevor sie wieder die Augen senkte und ernst wurde.
„Wir sind in einer merkwürdigen Lage, nicht wahr? Vielleicht … ja wahrscheinlich haben wir beide Fehler gemacht“, sagte er. „Ach, sei doch nicht so hart mit dir selbst, carina .“
Und schon war er wieder bei ihr, hob ihr Kinn und gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze. Dann strich er ihr über das glänzende Haar. „Wir hatten beide eine harte Zeit. Doch die ist nun vorbei. Es ist nichts Schlimmes daran, wieder das Leben zu genießen, Michelle. Du darfst dich entspannen, denn alles wird gut.“
Zögernd erwiderte sie sein Lächeln. Da nahm er ihren Kopf zwischen seine Hände, bog ihn nach hinten und küsste die zarte Haut an ihrer Kehle. Das tat Michelle unendlich gut, aber es beruhigte sie nicht. Immer hatte sie gedacht, mit ihr stimme etwas nicht, weil sie nicht in der Lage gewesen war, das Leben zu genießen. Immer schon hatten sie Schuldgefühle geplagt, und niemals waren sie schmerzhafter gewesen als heute. Sie war schwanger und so voller Sehnsucht, dass sie
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