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Suesse Versuchung

Suesse Versuchung

Titel: Suesse Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vera
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dich.“
    Sophie stieg an Augusta vorbei aus der Kutsche. Als sie ihrer Cousine ins Gesicht
    sah, bemerkte sie darin den Ausdruck von Genugtuung. Natürlich! Sie hatte es

    absichtlich gemacht! Deshalb hatte sie ihr den Vortritt gelassen! Sophie blieb stehen,
    unfähig, dieses Maß an Gemeinheit zu begreifen, aber die ungeduldige Stimme ihrer
    Tante trieb sie weiter. „Sophie! Beeile dich!“
    Sophie spürte ein Würgen in ihrer Kehle. Sie rannte zum Haus, durch die Halle und
    dann die Treppe zu ihrem Zimmer hoch. Dort warf sie die Tür zu, schloss ab, und
    schon kamen die ersten Tränen.
    Es klopfte an der Tür. Sophie antwortete nicht. Sie hockte sich mit ihrem zerrissenen
    Kleid auf das Bett und weinte.
    „Miss Sophie?“ Es war die Stimme der Zofe. „Lassen Sie mich rein.“
    Sophie schniefte nur auf.
    „Miss Sophie. Es hat keinen Sinn. Lady Elisabeth wird zornig werden.“
    Sollte sie nur. Mochten die beiden Hexen dort unten nur warten, bis sie schwarz
    wurden – sie hatte nicht die Absicht, sich deren Bosheiten länger auszusetzen. Und
    wenn alle fort waren, packte sie ihre Sachen, holte Rosalind aus dem Stall und ritt
    nach Hause. Sie hatte nicht viel Bargeld, aber es genügte, um auf dem Heimweg in
    billigen Gasthöfen übernachten zu können und auch noch einen Stallplatz für Rosalind
    zu erhalten.
    „Miss Sophie? Wollen Sie wirklich klein beigeben?“ Die Zofe flüsterte durch den
    Türspalt. „Ich habe gesehen, was passiert ist. Lassen Sie ihr doch nicht die
    Genugtuung.“
    Sophie hob den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen.
    „Lassen Sie mich hinein, Kindchen. Vielleicht kann man doch etwas machen.“
    Sophie stand zögernd auf und öffnete die Tür.
    Jane huschte herein und betrachtete Sophies Kleid. Sie hob den Rocksaum auf und
    schüttelte traurig den Kopf. „Das ist zu weit oben. Hier müsste man den Riss kunstvoll
    flicken, sonst fällt es sofort auf. Zu dumm.“ Sie zog ein Tüchlein hervor und reichte es
    Sophie. „Hier, Kleines, putzen Sie sich einmal ordentlich die Nase. Und waschen Sie
    sich ihr Gesichtchen. Ich hole in der Zwischenzeit Ihr blaues Kleid heraus.“
    „Das ist aber nicht so schön …“
    „Nein, aber im Moment haben wir nichts anderes. Und ich verspreche Ihnen, auf dem
    nächsten Ball werden Sie wieder mit diesem Tüllkleid glänzen. Nur“, fügte sie
    grimmig hinzu, „sollten Sie dann darauf achten, wer hinter Ihnen in die Kutsche
    steigt.“
    Ein wenig später stand Sophie in ihrem alten blauen Kleid vor dem Spiegel. Sie hatte
    es bis zu diesem Moment immer recht hübsch gefunden, aber nun erkannte sie den
    Unterschied. Es war ein wenig abgetragen und entsprach schon lange nicht mehr der
    neuesten Mode, wenn man Augustas Modekupfer Glauben schenken konnte. Zudem
    war es – wie Augusta einmal bemerkt hatte – eher für eine Bäuerin geeignet als für
    eine Dame von Stand. Es war weit ausgeschnitten und man trug ein Tuch darüber, das
    mit einer Brosche gehalten wurde. Sophie staunte jedoch nicht schlecht, als Jane
    verschwand und kurz danach mit einem hübschen, mit Spitzen besetzten Seidentuch
    ihrer Tante wieder auftauchte.
    „Es ist nur recht und billig, wenn Sie sich das ausleihen.“
    Nach fünfzehn Minuten war Sophie tatsächlich in der Lage, zumindest äußerlich
    gefasst wieder in die Kutsche zu steigen. Sie warf Augusta einen verächtlichen Blick

    zu, drängte sich in die andere Ecke und starrte zum Fenster hinaus. Sie wusste jetzt
    schon, wie der Abend weiterging. Augusta würde sie wieder abfällig behandeln, die
    anderen würden sie übersehen, und sie selbst am Rand sitzen und zuschauen, wie sich
    alle amüsierten.
    Aber das war das letzte Mal. Morgen reiste sie ab und ließ das alles hinter sich.
    * * *
    Edward Harrington hatte es geschafft, sich aus den Fängen zweier hoffnungsvoller
    Mütter und deren kichernden Töchter zu befreien, und schlenderte nun, nach allen
    Seiten nickend, zu einem der Fenster, um im Schutz einiger Zimmerpflanzen ein
    wenig Ruhe zu finden. Es war ohnehin schon ein Fluch, inmitten dieser Gesellschaft
    als interessantes Heiratsobjekt zu gelten, aber der Abend war noch schlimmer, als er
    gedacht hatte: Die gesamte Eastbourner Mutterschaft schien wild entschlossen zu sein,
    ihre Töchter unter die Haube zu bringen. Wäre da nicht Mrs. Summers gewesen, die er
    sehr schätzte, und die schon mit seiner Großmutter befreundet gewesen war, so hätte
    er schon längst einen Grund gesucht, das Fest wieder zu verlassen.
    Zu seinem Unmut

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