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Suesse Versuchung

Suesse Versuchung

Titel: Suesse Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vera
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als er sich Augusta zuwandte.
    Mit einem Mal hatte er das Gefühl, Sophie vor ihr beschützen zu müssen. „Sie
    scherzen, Miss Bailey. Wir haben uns soeben sehr reizend unterhalten.“
    „Ach ja?“ Augustas Gesichtsausdruck war eine Mischung zwischen Unglauben und
    Pikiertheit.
    Sophie nützte Lord Edwards Ablenkung, um das Weite zu suchen. Jetzt, wo Augusta
    hier war, konnte er ihr wenigstens nicht so leicht folgen. „Sie entschuldigen mich jetzt
    bitte? Ich sehe dort eine Bekannte.“ Sophie machte vor Lord Edward einen
    halbherzigen Knicks und eilte davon. Anstatt jedoch den Saal zu verlassen und sich in
    ein anderes Zimmer zurückzuziehen, blieb sie in einiger Entfernung stehen und konnte
    es sich nicht verkneifen, Lord Edward aus der sicheren Deckung einer Zimmerpflanze
    zu beobachten.
    Da hatte sich dieser Wüstling doch tatsächlich als Augustas Heiratskandidat Nummer
    Eins entpuppt! Sophie konnte kaum den Blick von ihm wenden, als er mit Augusta
    sprach, deren viel zu hohes und erregtes Lachen bis zu Sophie hinüber zu hören war.
    Wie verändert er plötzlich wirkte. Es war, als stünde ein völlig anderer dort drüben.
    Sein spöttisches und anzügliches Grinsen hatte sie zwar verärgert, aber es war
    wesentlich anziehender gewesen als dieser arrogante, kühle Blick, den er jetzt
    aufgesetzt hatte. Sah so ein bis zur Selbstaufgabe verliebter Mann aus? Oder war das
    sein Gesellschaftsgesicht? Verstellte er sich nur? Was hatte sie dann gesehen? Den
    richtigen Edward Harrington, der sich an harmlose Frauen heranmachte?
    Sie ließ ihren Blick abschätzend über ihn gleiten. Im Grunde sah er gar nicht mal so
    schlecht aus. Er war nicht gerade klein, die Beine waren gerade, und wenn die
    Schultern nicht von einem guten Schneider – gemäß Augusta hatte er nur den besten! –
    ausgepolstert waren, dann hätte man mit einem Kilt vielleicht sogar einen
    annehmbaren Mann aus ihm gemacht. Ziemlich annehmbar sogar.
    Sie zuckte zusammen, als er den Kopf wandte und zu ihr herübersah. Nicht suchend,
    sondern sehr gezielt, als wüsste er, dass sie hier stand und hinüber blickte. Sophie
    drehte auf der Stelle um und flüchtete aus dem Raum. Sie schlenderte weiter, lächelte
    gequält, nickte einer älteren Dame zu, hob scheu den Blick zu einem Dandy, der knapp
    an ihr vorbei ging, seinen Blick prüfend über sie gleiten ließ und dann ein anderes
    Mädchen zum Tanz aufforderte. Wie demütigend das alles war, und wie sehr wünschte
    sie, niemals hierher gekommen zu sein! Aber es hieß Haltung bewahren. Eine
    McIntosh ließ nicht den Kopf hängen, sondern hob ihn hoch und tat zumindest so, als
    würde sie sich hervorragend amüsieren.
    Sie hatte sich – bevor Lord Edward aufgetaucht war – feige in diese Fensternische
    zurückgezogen, um allein und nicht den abfälligen Blicken der anderen ausgesetzt zu
    sein, und vor allem, um Cousine Augusta zu entgehen, die keine Gelegenheit ausließ,

    sie im Kreise ihrer Bekannten zu beschämen. Halb hinter dem Vorhang verborgen
    hatte sie sich sicherer gefühlt. Solange sie niemand sah, konnte sie auch niemand
    kränken oder an ihr herumnörgeln.
    Es war zu dumm, aber sie konnte diese Scheu der englischen Gesellschaft und
    insbesondere ihrer Tante und ihrer Cousine gegenüber nicht überwinden. Sie fühlte
    sich ihnen unterlegen. Sophie war mit ihren Brüdern aufgewachsen, war es gewohnt,
    sich gegen freche Burschen zu verteidigen, aber gegen die spitzzüngigen Angriffe
    ihrer Cousine war sie machtlos. Und die passenden Antworten fielen ihr
    unglücklicherweise immer erst dann ein, wenn sie am Abend im Bett lag, über den Tag
    nachdachte und sich ärgerte oder kränkte, oder wenn sie bei Rosalind im Stall war, die
    Stute striegelte und ihr leise davon erzählte, wie widerlich sie es hier fand, und wie
    sehr sie sich nach ihrem Zuhause sehnte. Aber niemals hatte sie geglaubt, dass
    Augusta sogar so weit gehen könnte, ihr hübsches Kleid zu ruinieren. Und
    ausgerechnet an dem Tag, an dem sie ihren Wüstling wieder traf. Sie begann ihre
    Cousine zu hassen.
    Als Lord Edward nach einer halben Stunde, die Sophie gequält fröhlich
    dreinschauend allein in einer Ecke verbracht hatte, schließlich doch wieder neben ihr
    stand, war sie so erleichtert, dass sie ihm sogar zunickte. Er war vielleicht Augustas
    bevorzugter Heiratskandidat, aber auch der einzige Mann in diesem Saal, der sie
    überhaupt wahrzunehmen schien, und mit dem sie überdies normal reden konnte, ohne
    Angst haben zu müssen,

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